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Emilia Fester (B90/Die Grünen) „Ich möchte ein Vorbild sein“

Emila Fester ist mit 23 Jahren die jüngste Abgeordnete im Deutschen Bundestag. Wo sie beim Start in Berlin Elan und Energie herbekam warum sie einen ganzen Tag in einer Telefonzelle hockte, erzählt sie im Interview.

Emilia Fester vor der U-Bahn-Station Bundestag

Emilia "Mila" Fester ist mit 23 Jahren die jüngste Abgeordnete im Bundestag. © picture alliance/dpa | Kay Nietfeld

Wie war dein Start im Bundestag?

Ich bin am Montag nach der Wahl um 7.30 Uhr aufgewacht, weil mein Handy dauernd geklingelt hat. Denn da stand das endgültige Ergebnis der Bundestagswahl fest und es war klar, dass ich ein Mandat bekommen hatte. Plötzlich wollten mir alle auf einmal gratulieren. Dann bin ich direkt zum sogenannten On-Boarding mit der neuen Fraktion nach Berlin gefahren.

Dort hat es sich ein bisschen angefühlt, wie die erste Woche an der Uni. Denn bei den Grünen sind ja viele junge Abgeordnete neu ins Parlament eingezogen. Und so gab es auf der einen Seite ganz viel Elan und Energie und auf der anderen Seite diese alten, ehrwürdigen Gebäude und die ganze Bürokratie. Daher herrscht in den letzten Wochen eine Aufbruchsstimmung gepaart mit dem Gedanken „Hilfe, wo bin ich hier eigentlich und wo muss ich jetzt hin?“.

Was war das Verrückteste, das du bisher erlebt hast?

Ich bin in dieser Legislatur mit 23 Jahren die jüngste Abgeordnete. Daher ist ein großer Medientrubel über mich hereingebrochen, mit dem ich so nicht gerechnet hatte. Also habe ich den dritten Tag im Bundestag komplett in einer Telefonzelle verbracht. Denn gerade am Anfang hatten wir noch keine eigenen Büros, aber ich wusste nicht, dass ich mich auch in ganz viele andere Räume hätte zurückziehen können, die Abgeordneten zur Verfügung stehen. Also saß ich stundenlang in dieser ein Quadratmeter großen Zelle und habe Radiointerview nach Radiointerview gegeben.

Wie sieht dein Leben als Mitglied des Bundestages aktuell aus?

Momentan herrscht noch kein richtiger Alltag, da es ja noch keine Regierung und kaum Ausschüsse gibt. Daher beginnen meine Tage meist zwischen halb sieben und sieben Uhr morgens. Dann gehe ich in Telefonate, treffe mich mit meinem Team, zudem habe ich am Infektionsschutzgesetz gearbeitet.

Ist in Berlin schon alles organisiert? Neue Wohnung, neues Büro, Mitarbeiter …

Schon vor der Wahl habe ich versucht, mich um ein paar Sachen zu kümmern. Dadurch habe ich schon eine Wohnung in Berlin und wohne mit Saskia Weißhaupt und Marlene Schönberger in einer Grünen-Abgeordneten-WG. Das fühlt sich toll an und gibt viel Kraft, da die beiden natürlich ähnliche Probleme und auch einen ähnlichen Tagesablauf haben. Mein Team ist auch schon fast vollständig und das gibt auch viel Energie.

Wie hast du deine erste Sitzungswoche erlebt?

Natürlich ist es eine riesige Ehre, ein Teil des Parlaments zu sein. Da war ich schon sehr ehrfürchtig. Gleichzeitig sitze ich aber auch auf heißen Kohlen. Denn ich will ja mit meinem Mandat etwas verändern und für junge Menschen etwas erreichen. Besonders abschreckend fand ich das Verhalten der AfD, die den parlamentarischen Prozess wirklich behindert und aufhält. Es gibt so viele tolle Inhalte, die umgesetzt werden müssen – und ich befürchte, dass diese Partei uns effektiv Zeit rauben und unsere Fortschritte behindern wird.

In welchen Ausschüssen möchtest du arbeiten und warum?

Wenn möglich, würde ich sehr gern im Ausschuss für Frauen, Familie, Senioren und Jugend arbeiten. Wahrscheinlich wird er seinen Namen in den nächsten Wochen noch ändern – aber ich sehe meinen Schwerpunkt bei allen Jugend-Themen. Inhaltlich ist das besonders eine Reform des Wahlalters. Ich möchte es für die Bundestagswahl auf 16 Jahre senken, denn Jugendliche sollen an der Politik teilhaben können. Insgesamt liegt mir das Thema jugendliche Teilhabe sehr am Herzen.

Zeitreise ins Jahr 2025: Was möchtest du dann im Rückblick auf die vier Jahre als Volksvertreterin sagen können, was möchtest du erreicht haben?

Neben meinen inhaltlichen Zielen möchte ich vor allem ein Vorbild für andere junge Menschen sein. Aktuell ist Politik etwas sehr Altes und Männliches – ich möchte zeigen, dass man als queere junge Frau auch Politik machen kann. Ich möchte erreichen, dass jungen Menschen sich mehr für Politik interessieren und auch politisch aktiv werden.

Mehr über Emilia Fester

Die 23-jährige Hamburgerin ist in dieser Wahlperiode die jüngste Abgeordnete. Bis dahin war sie die frauenpolitische Sprecherin der Grünen in Hamburg und Mitglied des Landesvorstandes. Dort hat sie auch ihren Wahlkreis. Vor ihrer Wahl studierte sie und arbeitete als freischaffende Regieassistentin im Kinder- und Jugendtheater. Mehr Informationen zu Emilia findet ihr auch auf bundestag.de.

(lh)

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