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Naturschutz Gefahr Wolf, Wolf in Gefahr

Am Wolf scheiden sich weiterhin die Geister, auch im Bundestag. Rund 60 Wolfsrudel leben in Deutschland. Schießen oder nicht?

Er mag Rehe und Wildschweine, aber auch Ziegen und Kühe. © dpa

Nashorn und Wolf

Vom Nördlichen Breitmaulnashorn gibt es noch zwei Exemplare, und die sind beide weiblich. Um viele Tierarten steht es nicht viel besser und schuld an ihrem Verschwinden ist meist der Mensch. Aber es gibt – selten genug – mitunter auch gegenteilige Trends, etwa beim Wolf. In Mitteluropa seit Jahrhunderten ausgerottet, ist er hier in den letzten Jahren wieder heimisch geworden. Ein Grund zur Freude? Nicht für alle. FDP und die AfD hatten am 21. Februar zwei Anträge vorgelegt, in denen sie fordern, dem Raubtier auf den Pelz zu rücken. Erfolg hatten sie damit allerdings nicht.

So kehrte er zurück

Seit dem 18. Jahrhundert galten Wölfe in Deutschland als ausgerottet. Ende des 20. Jahrhunderts kamen immer öfter einzelne Tiere vor allem aus Osteuropa zu uns. Mittlerweile gibt es in allen östlichen Bundesländern Wolfsrudel und auch im Rest der Bundesrepublik werden es immer mehr. 2016/2017 lebten in Deutschland 60 Rudel, 14 Wolfspaare und 3 sesshafte Einzeltiere (Kenntnisstand Februar 2018). Der Deutsche Jagdverband schätzt den Wolfsbestand im Februar 2018 auf rund 800 Tiere in Deutschland, die Fortpflanzungsrate liege bei über 30 Prozent pro Jahr.

Was wollen AfD und FDP?

Die AfD schreibt in ihrem Antrag, es gelte, Wolfsmischlinge auszurotten. Gemeint sind gemeinsame Nachkommen von Hund und Wolf, die laut Antrag "vielfach" in Umlauf sind. Außerdem will die Fraktion unter anderem auch sogenannte "Problemwölfe" abschießen und deren Artgenossen bejagen, wenn – noch festzulegende – Obergrenzen der Wolfspopulation überschritten werden.

Karsten Hilse sprach in der Debatte von bei lebendigem Leibe aufgefressenen Weidetieren, von hunderten menschlichen Todesopfern im 19. Jahrhundert in Russland und von Selbstjustiz: Man müsse sich nicht wundern, wenn die Hemmschwelle der Betroffenen sinke, "das Problem alleine zu lösen".

"Gefahr Wolf"

Die FDP begrüßt in ihrem Antrag die Wiederansiedlung der Wölfe, meint aber, es seien mittlerweile zu viele. Der Antrag mit dem Titel "Gefahr Wolf" beinhaltet im Wesentlichen die Forderung, den Wolf als jagdbare Tierart in das Bundesjagdgesetz aufzunehmen.

Auf EU-Ebene strebt die Fraktion an, eine Verordnung über die Jagdzeiten zu erlassen. Karlheinz Busen (FDP) möchte die Wölfe denen überlassen, "die täglich aktiven Arten- und Tierschutz betreiben und davon etwas verstehen" – den Jägern.

SPD: Zusammenleben organisieren

Carsten Träger (SPD) will hingegen das Zusammenleben zwischen Wolf und Mensch organisieren. Er hält nichts davon, den Wolf ins Jagdgesetz aufzunehmen, denn auch dann bliebe er erst mal noch "ein streng geschütztes Tier" nach europäischem Naturschutzrecht.

Eine Wolfspopulation, die nicht mehr vom Aussterben bedroht ist – "sei noch lange nicht erreicht". Träger will aber die Schäfer unterstützen und sprach von "100 Prozent Kostenübernahme" für Maßnahmen zum Herdenschutz und Schadensersatz durch die Bundesländer.

Union will "wolfsfreie Zonen"

Astrid Damerow (CDU/CSU) meinte, man müsse sich "mit den Sorgen und Ängsten unserer Bürger in Bezug auf den Wolf" auseinandersetzen. Sie fordert vereinfachte Regelungen, um "Problemwölfe" abschießen zu können und "wolfsfreie Zonen".

Außerdem würde sie gern auf EU-Ebene den Schutzstatus des Wolfes überprüfen. Damerow wies außerdem auf den Koalitionsvertrag hin, in dem die stärkere Unterstützung der Schäfer festgeschrieben ist und in dem einheitliche Regelungen zum Abschießen von "Problemwölfen" angekündigt wurden. Indirekt sagte sie, dass die SPD hier bislang bremse.

Linke: Herdenschutz geht, wenn man will

Dr. Kirsten Tackmann (Die Linke) gab zu, der Wolf sei "ein hochemotionales Thema", wünschte sich aber, dass die "gleiche ungebremste Emotionalität auch bei Kinderarmut, bei perversem Reichtum und bei Rassismus in diesem Land aufkeimen würde".

Beim Wolfsproblem setzt sie auf mehr Herdenschutz und erzählte von einem Schäfer in Sachsen, "der seine Schafe zwischen fünf Rudeln hält", und glaubt, dass das funktionieren kann – nach einem langen Lernproszess. Tackmann: "Es geht also, wenn man das will".

Grüne: Keine Scheindebatten

Harald Ebner (Bündnis 90/Die Grünen) meinte, man bräuchte "keine Scheindebatten, Horrorszenarien ohne konkreten Nutzen für die Weidetierhalterinnen". Er will stattdessen mehr "finanzielle Mittel für Schadensprävention" und Schadenersatz für betroffene Weidetierhalter.

Auch Ebner leugnet nicht, dass "Wölfe, die mehrfach aufgefallen sind und Schutzmaßnahmen für Herden überwunden haben, auch geschossen werden können" – das sei aber jetzt schon möglich, dazu brauche es keine neuen Gesetze.

Am Ende der Debatte hat die Mehrheit der Abgeordneten beide Anträge abgelehnt. Die komplette Diskussion seht ihr hier im Video.

(DBT/ah)

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