Maximilian Gerhards (18)
ist Schüler
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Wahlkreis-Serie: Mosel/Rhein-Hunsrück
"Eure Zukunft"
Der 64-jährige Politiker und Landwirtschaftsmeister Peter Bleser (Union) ist in seinem Wahlkreis viel auf Achse: "Die Größe des Wahlkreises bringt lange Fahrtzeiten mit sich. Über eine Stunde brauche ich mit dem Auto vom einen Ende zum anderen", erklärt er. An diesem Abend besucht er in Bernkastel-Kues den Kreistag der örtlichen Jungen Union, der Jugendorganisation der CDU.
Steile Hänge, enge Täler
Ich treffe ihn zuvor zum Interview am Moselufer der vom Wein und Tourismus geprägten Stadt. Es ist nicht viel los. Die meisten Besucher kommen im Herbst, wenn Traubenlese ist. Die Mosel-Region ist Deutschlands älteste Weinregion. Die steilen Hänge der Flusstäler sind dicht mit Reben bepflanzt, die Steillagen prägen das Gebiet wie kaum eine andere Weinlandschaft der Welt.
Ein großer Wahlkreis
Seit 1990 vertritt Bleser den Wahlkreis als Bundestagsabgeordneter. Dieser umfasst mehrere Verbandsgemeinden und Landkreise am Mittelrhein, in Eifel und Hunsrück sowie an der Mittel- und Untermosel. Neben dem Weinbau sind der Dienstleistungssektor und der Tourismus von tragender Bedeutung. Viele klein- und mittelständische Unternehmen sind hier ansässig.
Foto, und los geht’s
Nachdem wir ein Foto gemacht haben, gehen Bleser und ich kurz über die Hauptstraße in das Gebäude der Touristeninformation. Dort wird auch in einer knappen halben Stunde die Junge Union tagen. Wir setzen uns an einen kleinen runden Tisch im Empfangsraum. Schon während ich mein Aufnahmegerät auspacke, beginnt er zu reden.
Umstrittene Brücke
Wir kommen rasch auf die Wirtschaft in der Region zu sprechen. Diese habe Nachteile, so Bleser, da die Gegend nur unzureichend infrastrukturell angebunden ist. Um dies zu ändern, setzte er sich für den Hochmoselübergang in der Nähe von Bernkastel-Kues ein. Die 1,7 Kilometer lange und 160 Meter hohe Autobrücke ist Teil des Großprojekts "B50 neu", einer im Bau befindlichen Fernstraßenverbindung. Sie soll Belgien an das Rhein-Main-Gebiet anbinden und das Projekt war sehr umstritten. "Diese Brücke verbindet verschiedene Regionen in Europa miteinander und ist eine echte Chance für uns und die Wirtschaft hier", so Bleser. Einen wesentlich störenden Eingriff in die Landschaft des Moseltals, wie ihn die Kritiker befürchten, sehe er in dem Bauwerk nicht.
Mit 16 Jahren Chef
Bleser macht einen entspannten Eindruck, er redet mit klarer und verständlicher Stimme. Er stammt aus Brachtendorf, wie er erklärt, einem kleinen Dorf in der Eifel. Im Alter von 16 Jahren übernahm er dort die Leitung des elterlichen Landwirtschaftsbetriebs. Mit 18 Jahren trat er in die CDU und die Junge Union ein. Er engagierte sich schnell auf lokalpolitischer Ebene, wurde Mitglied im Gemeinderat und im Kreistag Cochem-Zell.
Bleser fühlt sich in der Region wohl und schätzt die Vielfalt seiner Heimat: "Die Menschen hier haben unterschiedliche Charaktere. Viele kenne ich persönlich und es ist eine Freude, für sie Politik zu machen." Seit Dezember 2013 ist er als parlamentarischer Staatssekretär im Landwirtschaftsministerium auch Teil der Bundesregierung.
Kritik an Parteispenden
Neben seiner Tätigkeit im Bund war Bleser auch zehn Jahre lang Landesschatzmeister der CDU Rheinland-Pfalz. Im Herbst 2016 geriet er in dieser Funktion jedoch in Kritik. Der ehemalige Geheimagent Werner Mauss hatte laut Medienberichten zwischen 2008 und 2015 Spenden in Höhe von mehreren zehntausend Euro, anonym über eine Anwaltskanzlei, an die rheinland-pfälzische CDU und den Kreisverband Cochem-Zell gespendet. Bleser positioniert sich deutlich: "Es wird behauptet, wir hätten Spenden falsch deklariert, was aber nicht der Fall ist. Wir können belegen, dass wir die Spenden nach damaligem Wissen korrekt deklariert und weitergemeldet haben." Während des Gesprächs ist Bleser anzumerken, wie unangenehm ihm das Thema ist. Im November 2016 verzichtete er auf die erneute Kandidatur für das Amt des Landesschatzmeisters. "Ich wollte nicht, dass die Diskussion um Parteispenden im Wahlkampf irgendeine Rolle spielt. Das würde nur von wichtigen Themen ablenken", so Bleser.
Nicht korrekt
Einige Wochen nach unserem Gespräch teilte die Bundestagsverwaltung mit einem vorläufigen Bescheid mit, dass Strafzahlungen fällig seien. Ein Teil der Spenden seien falsch deklariert worden und damit illegal. Ich lese in der Lokalpresse, dass die Strafzahlungen in Höhe von etwa 112.000 Euro teils vom Landesverband der CDU und teils vom Kreisverband Cochem-Zell zu leisten sind.
Sieben mal gewonnen
Ob Bleser diese Parteispenden bei der Bundestagswahl am 24. September Stimmen kosten werden, ist abzuwarten. Man hat nicht den Eindruck, dass ihn dies nervös macht und er Sorge hat, gegen seine Herausforderer Ivonne Horbert (SPD), Ralf Kauer (Grüne), Carina Konrad (FDP), Alexandra Erikson (Linke), Martin Fischer (AfD), Willi Feilen (Freie Wähler) und Johannes Schneider (ÖDP) zu verlieren.
Seit der ersten Bundestagswahl nach Gründung der Bundesrepublik Deutschland im Jahr 1949 gewannen das Direktmandat im Wahlkreis, beziehungsweise im Vorgängerwahlkreis Cochem, ausschließlich Kandidaten der CDU. In der Lokalpolitik ist die Partei bis heute eine bestimmende Kraft. Bei der Bundestagswahl 2013 erhielt die CDU hier 49,4 Prozent der Zweitstimmen, gefolgt von der SPD mit 24,6 Prozent. Bleser gewann das Direktmandat mit 53,6 Prozent der abgegebenen Erststimmen – und damit zum siebten Mal.
Junge Leute fördern
Ihm sei es wichtig, seine Heimat nicht aus dem Blick zu verlieren, so Bleser. "Wir wollen den Wahlkreis zu einem Leuchtturm des ländlichen Raumes machen. Dazu gehören unter anderem eine komplette Breitbanderschließung und das E-Government, also Verwaltungsangebote für Bürgerinnen und Bürger im Internet." Bleser plant mit der CDU einen Kongress zur Zukunft des ländlichen Raums in seinem Wahlkreis. Dabei ruft er die Bürgerinnen und Bürger dazu auf, im Rahmen einer Bürgerumfrage ihre Ideen und Anregungen einzubringen. Er ergänzt: "Auch die Mobilität junger Menschen ist mir in diesem Zusammenhang wichtig."
Führerschein ab 16
Während es draußen langsam dunkel wird, erzählt Peter Bleser von seiner Idee, einen Autoführerschein mit Einschränkungen ab 16 Jahren einzuführen. Bereits in der vorletzten Legislaturperiode brachte er einen entsprechenden Vorschlag ein: "Junge Berufstätige können ihren Ausbildungsplatz oft nicht mit dem öffentlichen Nahverkehr erreichen. Es wäre daher aus meiner Sicht sinnvoll, jungen Leuten diese Fahrt mit dem Auto zu ermöglichen. Das würde den Staat nichts kosten, aber vielen jungen Menschen enorm helfen."
Mit 15 Traktor fahren
Sicherheitsbedenken hält Bleser entgegen, dass Jugendliche in dem Alter auch schon Moped fahren dürften. Das sei wesentlich gefährlicher als Autofahren. Der Landwirtschaftsmeister erinnert sich: "Ich habe mit 15 Jahren den Traktorführerschein gemacht und durfte damit auf unseren Betriebsflächen fahren. Das war überhaupt kein Problem. Jetzt freut mich, dass der zuständige Bundesfachausschuss den Vorschlag wieder aufgegriffen hat."
Viel zu schnell geht die Zeit für das Gespräch vorbei. Wir packen zusammen und begeben uns gemeinsam ein Stockwerk höher, wo die Versammlung der Jungen Union beginnt. Parteispenden oder neue Führerscheine sind dort an diesem Abend kein Thema. Es gilt, einen neuen Vorstand zu wählen. Bleser kennt viele der rund 20 anwesenden JU-Mitglieder persönlich und verfolgt die Veranstaltung gespannt. Immer wieder macht er sich zwischendurch Notizen auf seinem Tablet.
Europa zusammenhalten
Bleser mahnt die Anwesenden in seiner kurzen Ansprache zur Wahrung der europäischen Idee: "Wir kennen heute keine Grenzen mehr in Europa, dabei ist das keine Selbstverständlichkeit. Was über Jahrzehnte hinweg aufgebaut wurde, kann schnell zerstört werden. Wir müssen Europa zusammenhalten. Dafür müsst gerade ihr kämpfen. Es ist eure Zukunft und nicht meine." Der Politik-Profi bittet den Parteinachwuchs um Unterstützung im kommenden Wahlkampf: "Wir müssen jetzt einen Zacken zulegen, sonst bestimmen bald andere über uns. Auch wenn das schon oft gesagt wurde – diese Wahl ist entscheidend für die Zukunft unseres Landes." Wie hoch das Vertrauen der Bürgerinnen und Bürger in Bleser ist, wird sich am 24. September zeigen. Bis dahin wird er noch mit dem Auto in seinem Wahlkreis an der Mosel unterwegs sein.
Die Vorstellung des Wahlkreises ist Teil einer Serie. Bis zur Bundestagswahl 2017 stellt mitmischen.de acht Wahlkreise aus ganz Deutschland vor, die Autoren besuchen den jeweiligen Abgeordneten. Dabei werden alle Fraktionen des Bundestages berücksichtigt.