Anna Kassautzki (SPD)

„Abends bin ich total müde“

24.11.2021 – Will bald an der Kneipentheke Bier zapfen, um mit Menschen ins Gespräch zu kommen: Anna Kassautzki. Warum die 27-Jährige nicht mehr bei Freunden auf der Couch schläft und auf Digitales steht, erzählt sie im Interview.
Porträt
Anna Kassautzki ist 27 Jahre alt. © privat

Wie war dein Start im Bundestag?

„Plötzlich“ beschreibt es ganz gut. Ich habe erst Sonntagnacht nach der Wahl das Ergebnis bekommen – und Montag um 11 Uhr saß ich im Zug nach Berlin. Denn dort fand direkt die erste Sitzung der Fraktion statt. Dann musste ich erst einmal herausfinden, wo ich was abholen muss, was wo stattfindet und welche Formulare ich ausfüllen muss.

Was war das Verrückteste, das du bisher erlebt hast?

Die Frage ist wohl eher, was nicht richtig verrückt war. Ich musste erst einmal realisieren, dass ich nun Abgeordnete im Deutschen Bundestag bin. Diese riesigen Gebäude mit sieben Stockwerken sind schon sehr beeindruckend. Und da ich meinen Wahlkreis „Vorpommern-Rügen – Vorpommern Greifswald I“ in Mecklenburg-Vorpommern direkt gewonnen habe, gibt es an mich natürlich auch einige Erwartungen von den Menschen vor Ort, die ich im Parlament vertreten darf. Daher gehe ich mit einer großen Portion Demut an diese Aufgabe.

Wie sieht dein Leben als Mitglied des Bundestages aktuell aus?

Dabei gibt es einen großen Unterschied zwischen den Sitzungswochen in Berlin und der Zeit im Wahlkreis. In Sitzungswochen sind die Tage sehr voll und gehen meist von sieben Uhr morgens bis acht oder neun Uhr abends. Meist gehe ich zu Terminen, wie zum Beispiel dem Parlamentarischen Frühstück, sitze im Plenum oder schaue mir die Debatten im Parlamentsfernsehen an und versuche, nebenbei noch Post abzuarbeiten und E-Mails zu beantworten.

Außerhalb der Sitzungswochen ist es etwas selbstbestimmter. Das besuche ich Vereine oder Initiativen oder nehme mir Zeit für die Menschen in meinem Wahlkreis. So testen wir zum Beispiel bald eine Bürgersprechstunde in einer Kneipe in Greifswald. Ich habe lange in der Gastronomie gearbeitet – also werde ich dort abends Bier zapfen und wenn jemand mit mir über ein Thema sprechen möchte, übernimmt ein Barkeeper und ich setze mich zu den Menschen an den Tisch.

Ist in Berlin schon alles organisiert? Neue Wohnung, neues Büro, Mitarbeiter …

Ich habe in Berlin bisher ein Übergangsbüro, dort arbeite ich gerade. In den ersten Tagen habe ich immer bei Freundinnen auf der Couch übernachtet – aber nach so einem langen Tag mit Terminen bin ich meist total müde. Eigentlich möchte ich dann noch quatschen, bin aber zu erschöpft. Daher nehme ich mir jetzt erstmal ein Hotelzimmer und habe ab März dann auch eine Wohnung in Berlin.

Wie hast du deine erste Sitzungswoche erlebt?

Die erste Sitzungswoche hat sich für mich angefühlt wie ein Jugendkongress der Jusos, also der Jugendorganisation der SPD. Daher habe ich mich gut zurechtgefunden. Nur muss man natürlich keine Abstimmungskarten aus einem Fach mit dem eigenen Namen holen, um abzustimmen – da ist alles im Bundestag schon viel größer und wird professionell organisiert.

In welchen Ausschüssen möchtest du arbeiten und warum?

Ich würde unglaublich gern im Ausschuss für digitale Themen arbeiten. Aktuell ist das der Ausschuss für die Digitale Agenda, in der neuen Wahlperiode wird er vielleicht anders heißen. Digitalisierung spielt in so vielen Bereichen eine Rolle. Ich bin in einer Generation, die das analoge Zeitalter kennt, aber mit den modernen Medien aufgewachsen ist – das ist aus meiner Sicht ein großer Vorteil.

Zeitreise ins Jahr 2025: Was möchtest du dann im Rückblick auf die vier Jahre als Volksvertreterin sagen können, was möchtest du erreicht haben?

Das ist gar nicht so einfach zu sagen. Denn alle Ergebnisse in der Politik sind immer Teamleistungen. Aber ich hoffe, dass ich etwas im Bereich Datensicherheit verändern kann. Aber auch die Abschaffung des Werbeverbots für Schwangerschaftsabbrüche ist mir ein großes Anliegen.

Mehr über Anna Kassautzki

Anna Kassautzki ist 27 Jahr alt und als Direkt-Kandidatin für ihren Wahlkreis Vorpommern-Rügen – Vorpommern-Greifswald I in den Bundestag eingezogen. Sie ist in Hessen aufgewachsen und hat Staats- und Politikwissenschaften studiert.

(lh)

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