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Fonds-Experte „10 oder 20 Euro im Monat reichen aus“

Laura Heyer

Der Bundestag beschäftigte sich kürzlich mit Fonds und Start-ups. Wie kommt man rein in ein scheinbar so kompliziertes Thema? Und um was ging es genau? Das hat Laura den Finanzexperten Andreas Oehler gefragt.

Mann arbeitet am Laptop

Lust, kleine Beiträge zu investieren, ohne massenweise Infos zu lesen? Vor allem weltweit breit anlegende Aktien-Fonds sind gut geeignet, rät Finanzexperte Andreas Oehler. © shutterstock

Immer mehr junge Menschen investieren an der Börse. Warum ist das Thema Fonds so interessant?

Ein Investmentfonds für nicht-professionelle Anleger erlaubt diesen, sich an einem ganzen Korb verschiedener Anlagen zu beteiligen, ohne diese alle selbst einzeln kaufen zu müssen. Man kauft (und verkauft) also eine Mischung, ein Portfolio. Ein solches Portfolio kann durch einen sogenannten Fondsmanager aktiv zusammengestellt sein, natürlich gegen einen entsprechenden Preis, oder einen Marktindex abbilden, also einen Marktdurchschnitt.

Am bekanntesten sind wohl Aktienfonds. Hier stellen entweder Fondsmanager nach eigenen Kriterien ein Portfolio verschiedener Unternehmensanteile zusammen (aktive Fonds), oder ein Fonds investiert nur genau nach einem bestimmten Durchschnitt des Marktes (passiver Fonds oder ETF = Exchange Traded Fund). Ein solcher Marktdurchschnitt kann zum Beispiel die wichtigsten Unternehmen der westlichen Wirtschaftswelt umfassen oder auch der ganzen Welt.

Vor allem weltweit breit anlegende Aktien-ETFs erlauben also privaten Anlegerinnen und Anlegern bereits mit kleinen Beträgen kostengünstig Geld anzulegen und auch flexibel wieder zu ändern, ohne massenweise Informationen zu lesen und verstehen zu müssen. Man kann zum Beispiel entscheiden, wie lange man Geld anlegt oder wie hoch das Risiko der Anlagen sein soll.

Was sollte man besonders beachten, wenn man in die Finanzwelt einsteigt?

Man kann bereits in jungen Jahren anfangen, sich mit Geld und Anlagen zu beschäftigen. Zehn oder 20 Euro im Monat reichen schon aus. Aus meiner Sicht gehört in das eigene Portfolio, also den Korb aus Anlagen, anfangs keine private kapitalbildende Lebensversicherung, solange man noch nicht ganz sicher weiß, wo es im Leben hingeht. Wichtig sind vielmehr eine Berufsunfähigkeits- und eine Haftpflichtversicherung.

Auch bei Fonds muss man genau hinschauen, denn sie können sehr unterschiedlich sein hinsichtlich Kosten und Risiko. Gerade für kleinere Einkommen und Vermögen und wenn man nur begrenzt Risiken eingehen möchte, eignen sich die passiven Aktien-Fonds, die möglichst weltweit breit aufgestellte Indizes, also einen weltweiten Marktdurchschnitt, im Portfolio haben. Hier kann man Kosten sparen und die Rendite, also den Ertrag aus der Anlage, schonen.

Wie genau funktionieren diese passiven Fonds?

Der Korb solcher passiven Fonds, die einen weltweiten Marktdurchschnitt abbilden, streuen damit ihre Anlagen breit. Damit ist gemeint, die Aktien in diesen Fonds stammen von Firmen aus der ganzen Welt, die an der Börse vertreten sind. Man kauft also quasi einen Weltaktienmarkt und die Risiken aus allen einzelnen Anteilen verteilen sich. Bei gleichem Ertrag ist also das Risiko kleiner im Vergleich zu einzelnen Anteilen beziehungsweise Aktien. Da muss man sich nicht so große Sorgen machen, wenn es mal einer Firma nicht so gut geht.

Zudem kosten diese sogenannten ETFs wenig Verwaltungsgebühren. Allerdings bedeutet dies dann auch, man kann nicht mehr als den Durchschnitt der Weltaktienmärkte gewinnen, aber auch nicht mehr als den Durchschnitt verlieren.

Die Bundesregierung möchte Deutschland als Fondsstandort attraktiver machen, der Bundestag hat dazu ein Gesetz beschlossen. Mit welchen Ländern konkurrieren wir denn und was ist damit genau gemeint?

Ein Fondsstandort ist erst mal der Staat, in dem der Fonds beziehungsweise das Unternehmen, das diesen Fonds ausgibt, geografisch und wirtschaftlich seinen Sitz hat – und grundsätzlich auch Steuern zahlt. In Europa sind klassische Fondsstandorte vor allem Luxemburg, Irland und früher auch London, und das sind sie schon seit vielen Jahren. Ich finde es daher sehr engagiert, dass die deutsche Politik ausgerechnet diesen Ländern Konkurrenz machen möchte.

Wenn man an die Europäische Union (EU) als Wirtschaftsraum glaubt, bräuchte man diese Konkurrenz gar nicht. Aber in den anderen Ländern sind die Steuern geringer. Daher müsste man in Deutschland und der EU eine einige Steuerpolitik betreiben, statt „Steueroasen“ innerhalb der EU zu begünstigen.

In dem neuen Gesetz geht es auch um Venture-Capital, also Wagniskapital, was ist das?

Jedes Unternehmen braucht irgendwann Geld, um zu starten oder weiter zu wachsen. Um dieses Geld zu bekommen, kann ich Teile meines Unternehmens an neue Gesellschafter verkaufen. Diese bekommen dafür meist Mitspracherecht und ich als Unternehmerin Geld. Oder ich hole mir einen Kredit, also leihe mir fremdes Geld. In Deutschland wird, im Vergleich zu anderen Ländern, schon seit Jahren eher wenig von diesem sogenannten Risikokapital für neue Unternehmen bereitgestellt.

Um das zu ändern, müssten sich auch Menschen, die in Unternehmen investieren, also Investoren, neu orientieren. Dies hat in diesem Jahrtausend langsam begonnen, aber immer noch unterdurchschnittlich wenig im Vergleich zum Beispiel zu den USA und eher durch ausländische Inverstoren und weniger durch inländische.

Und was sind Wagniskapitalfonds, um die es auch im Gesetzentwurf geht?

Hier steigen Investoren in verschiedene junge Unternehmen ein und legen Fonds auf. Wir als Anleger kaufen Anteile an diesen Fonds, die man sich wie einen Korb vorstellen muss, aber nicht an den Unternehmen direkt. Das ist erstens einfach und zweitens senkt man so das Risiko, da unterschiedliche Unternehmen in dem Korb kombiniert sind. Sollte eines davon erfolglos bleiben, kann sich das mit den Erfolgen der anderen ausgleichen. Solche Fonds sind also nichts anderes als spezielle aktiv gemanagte Fonds, entweder mit Anteilen an Unternehmen im Portfolio oder mit einem Korb von Krediten an verschiedenen Unternehmen.

Frisch gegründete Unternehmen mit einer innovativen Geschäftsidee und hohem Wachstumspotenzial nennt man auch Start-ups. Wie wichtig sind diese für eine Volkswirtschaft?

Für jede Volkswirtschaft sind innovative Ideen und Neugründungen wesentlich und sinnvoll. Das heißt nicht, dass jede Idee unbedingt funktioniert und erfolgreich wird. Venture-Capital-Fonds machen eigentlich nichts anderes, als sich verschiedenste Start-ups anzuschauen und sich dort zu beteiligen. Sie wissen dabei genau, dass ein Teil dieser Firmen nicht überleben wird. Das nennt man kalkuliertes Risiko.

Denn die Start-ups, die dann überleben, lassen so hohe Gewinne erwarten, dass sich die Investition in den gesamten Korb trotzdem gelohnt hat. Deshalb ist ein solcher Fonds, der auf mehrere Unternehmen setzt, durchaus sinnvoll. Allerdings liegen die Risiken bei solchen aktiven Fonds deutlich höher als bei breit streuenden Aktien-ETFs, versprechen aber auch einen höheren Ertrag.

Wie funktionieren in diesem Zusammenhang Mitarbeiterkapitalbeteiligungen?

Die Grundüberlegung ist folgende: Wenn ich als Mitarbeiterin an meinem Unternehmen finanziell beteiligt bin, steigt die Motivation, für meinen Arbeitgeber tätig zu sein. Soweit die Theorie. In der Praxis gibt es aber Probleme, denn man hat ein doppeltes Risiko. Als Mitarbeiter ist man mit seinem Lohn oder Gehalt auch Gläubiger des eigenen Arbeitgebers. Das heißt, das Unternehmen, für das ich arbeite, schuldet mir für meine Arbeit Geld. Wenn das Unternehmen aber zum Beispiel pleitegeht, verliere ich nicht nur meinen Lohn als Arbeitnehmer, weil ich arbeitslos werde, sondern auch mein investiertes Geld.

Mich an einem Unternehmen zu beteiligen, in dem ich arbeite, ergibt nur Sinn, wenn ich diese Anteile sehr preiswert bekomme, also deutlich unter einem Marktpreis. Die Differenz zu meinen Gunsten wäre dann eine Art Prämie für das zusätzliche Risiko zum Gehalt. Außerdem muss ich einen Anteil einfach und schnell verkaufen können, meist gilt das Gegenteil, es gibt längere Sperrfristen. Beide Voraussetzungen für eine sinnvolle Mitarbeiterkapitalbeteiligung treffen in Deutschland aktuell kaum zu. Daher würde ich davon abraten und lieber unabhängig vom Arbeitgeber investieren. Mein Risiko ist im Zweifel deutlich kleiner und meine Flexibilität deutlich größer.

Portraitfoto

© privat

Mehr über Prof. Dr. Andreas Oehler

Universitätsprofessor Dr. Andreas Oehler ist seit 1994 Inhaber des Lehrstuhls für Finanzwirtschaft an der Universität Bamberg. Er studierte an den Universitäten in Mainz und Mannheim. Er ist unter anderem Vorsitzender des Verwaltungsrats der Stiftung Warentest, Mitglied der Verbraucherkommission Baden-Württemberg, Mitglied beim Runden Tisch „Verbraucherschutz bei Finanzdienstleistungen“ sowie Mitglied des „Netzwerks Finanzkompetenz“ Hessen.

(lh)

Zur Person

mitmischen-Autorin

Laura Heyer

hat in Heidelberg Geschichte studiert, in Berlin eine Ausbildung zur Journalistin gemacht und ist dann für ihre erste Stelle als Redakteurin nach Hamburg gegangen. Dort knüpft sie nun Netzwerke für Frauen. Aber egal wo sie wohnt – sie kennt immer die besten Plätze zum Frühstücken.

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