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Plastikmüll Bald mehr Müll als Fische

Ladina Bissinger

Deutsche sind laut Umweltbundesamt Europas Spitzenreiter im Verursachen von Müll. Ein Teil davon landet über Umwege im Meer und wird für die Bewohner zur tödlichen Falle. Was können wir dagegen tun? Im Bundestag wurden dazu zwei Anträge diskutiert. Ladina weiß mehr.

Müll am ST

Eine Müllabfuhr-Ladung pro Minute verseucht die Weltmeere und Strände. © dpa

Ein Müllwagen pro Minute

Stell dir vor, jede Minute würde irgendwo auf der Welt ein voll mit Plastik befüllter Müllwagen seine gesamte Ladung einfach ins Meer kippen. Innerhalb kürzester Zeit wäre das eine gigantische Menge Plastik, die die Ozeane weltweit verschmutzt und zum Tod vieler Meerestiere führt.

Leider verbildlicht dieses schaurige Gedankenexperiment die Realität. Natürlich wird das Plastik nicht direkt von Müllwägen ins Meer gekippt, sondern gelangt auf anderen Wegen dorthin. Die Menge stimmt jedoch: Acht Millionen Tonnen jährlich, besagt eine Studie des Weltwirtschaftsforums. Ein Müllwagen pro Minute.

Gegen diese gravierende Vermüllung der Meere will die Fraktion Bündnis90/Die Grünen stärker vorgehen. Hierfür stellte sie zwei Anträge an die Bundesregierung. Beide waren am 1. Februar im Bundestag in der Ersten Lesung, aber der Reihe nach.

Was ist das Problem?

Was ist überhaupt so schlimm daran, dass Plastik im Meer landet? Das größte Problem an Plastik ist, dass es sich dabei nicht um einen natürlichen, leicht abbaubaren Stoff, sondern um ein künstlich hergestelltes Material handelt. Plastik im Meer verschwindet daher nicht einfach nach kurzer Zeit, sondern braucht extrem lange, bis es sich auflöst. Bei einer Getränkeflasche sind es etwa 450 Jahre.

In den Ozeanen wird das Plastik durch Strömungen bewegt und kann dadurch weite Strecken zurücklegen. Oft lagert es sich am Meeresboden ab oder wird an Strände und Ufer gespült. Häufig sammelt es sich auch in riesigen Strudeln mitten in den Weltmeeren. Der größte dieser Müllstrudel befindet sich im Pazifik und ist mehr als vier Mal so groß wie Deutschland, so schätzen Experten der Ocean Cleanup Foundation.

Eine Gefahr für Meerestiere – und Menschen

Viele Fische, Vögel und Meeressäuger verfangen sich in Netzen, Tüten und anderen Plastikteilen und sterben qualvoll, da sie sich allein nicht daraus befreien können. Oder sie verwechseln den Müll mit Futter und sterben dann an Vergiftungen und Mangelernährung. Wissenschaftler des Naturschutzbundes Deutschland (Nabu) schätzen, dass dies jährlich bis zu Hunderttausend Meeressäugern und einer Millionen Meeresvögeln das Leben kostet.

Zudem zersetzt sich das Plastik im Meer oft zu Mikroplastik: winzige, mit bloßem Auge kaum sichtbare Plastikteilchen. Dieses kann die Organe von Tieren und Pflanzen schädigen und zu Krebs und anderen Erkrankungen führen. Auch wenn Menschen mit Mikroplastik verseuchten Fisch essen, ist das sehr ungesund.

Wie kommt das Plastik in die Meere?

Es gibt verschiedene Wege, wie das viele Plastik ins Meer gelangt. Oft wird der Abfall auf Schiffen und Fischerbooten nicht richtig entsorgt oder Ladungen und Container stürzen bei Unwettern und Schiffsunglücken über Bord, wo sie sich dann schnell im Meer ausbreiten.

Über 80 Prozent des Plastikmülls im Meer stammt jedoch vom Land. Zum Teil sind es Urlauber und Einheimische am Strand, die dort ihre Abfälle liegen lassen. Häufig wird der Müll aber auch weit im Landesinneren nicht richtig entsorgt und gelangt mit der Zeit durch Wind oder über die Flüsse in die Ozeane.

Laut einer Studie des Weltwirtschaftsforums wird es im Jahr 2050 sogar mehr Plastik als Fisch im Ozean geben – zumindest, wenn nicht schnell etwas dagegen unternommen wird.

Was kann man dagegen tun?

Das Meer von dem vielen Plastikmüll zu befreien, stellt jedoch eine Herausforderung dar. Immer wieder gibt es neue Ideen, wie zum Beispiel Schiffe mit eingebauten Filtersystemen. Inwieweit diese tatsächlich funktionieren und umfangreich eingesetzt werden können, ist jedoch noch fraglich. Eine weitere Möglichkeit ist es, zumindest an Stränden und anderen Küstenabschnitten den angespülten Müll aufzusammeln.

Außerdem muss man sicherstellen, dass in Zukunft deutlich weniger Plastik im Meer landet als bisher. Am effektivsten ist es, dafür den Plastikverbrauch weltweit stark zu reduzieren. Jeder Einzelne kann dazu beitragen, indem er zum Beispiel Stofftaschen statt Plastiktüten und Glasflaschen statt Plastikflaschen verwendet oder auf unnötiges Einwegplastik wie Strohhalme und ähnliches verzichtet.

Darüber hinaus kann die Menge an Plastikmüll reduziert werden, wenn möglichst viel davon recycelt wird. So können aus alten Plastikprodukten (beispielsweise Pfandflaschen) neue Produkte wie Blumentöpfe oder Fleecejacken hergestellt werden.

Was fordern die Grünen?

In ihrem ersten Antrag wirft die Fraktion der Grünen der Bundesregierung vor, nicht genug gegen die Verschmutzung der Weltmeere zu unternehmen. Sie kritisiert unter anderem, dass Deutschland – wie auch viele andere europäische Länder – Plastikmüll in ärmere Staaten exportiert. Diese haben oft ein sehr mangelhaftes Müllentsorgungssystem, weshalb von dort aus große Mengen Plastik ins Meer gelangen. Deshalb verlangen die Grünen, den Müllexport dorthin sofort zu beenden.

Im zweiten Antrag geht es darum, insgesamt deutlich weniger Abfälle zu produzieren. Dafür fordert die Fraktion klarere Müllvermeidungsziele. Deutschland gehört aktuell mit 220 Kilogramm pro Kopf (2016) zu den Ländern mit den meisten Abfällen in Europa. Dies soll zum Beispiel durch höhere Recyclingquoten und verbindliche Abgaben auf Wegwerfprodukte wie Plastiktüten und To-go-Becher erreicht werden.

Wie reagieren die anderen Fraktionen?

Grundsätzlich teilen alle Bundestagsfraktionen die Auffassung, dass die Vermüllung der Meere ein ernstzunehmendes Problem für die Umwelt darstellt. Die Meinungen, was dagegen konkret unternommen werden soll, gehen jedoch weit auseinander.

Unterstützung erhalten die Anträge der Grünen von der Fraktion Die Linke, die insbesondere die Verschwendung von Verpackungen bemängelt. FDP und AFD halten die Forderungen hingegen nicht für zielführend. Sie fordern stattdessen die Förderung innovativer Technologien sowie mehr Umweltschutz in Schwellen- und Entwicklungsländern.

SPD und CDU stellen heraus, was bereits zur Vermeidung von Plastikabfällen unternommen wurde. In dem von ihnen verabschiedeten Verpackungsgesetz, das seit Anfang 2019 in Kraft ist, sehen sie einen entscheidenden Fortschritt. Es verschärft die Regeln für Plastikverpackungen. Beide Anträge wurden zur weiteren Beratung an den Ausschuss für Umwelt, Naturschutz und nukleare Sicherheit überwiesen.

Die komplette Debatte mit den ausführlichen Statements der Fraktionen könnt ihr euch hier als Videoin der Mediathek anschauen.

Ladina Bissinger

Zur Person

mitmischen-Autorin

Ladina Bissinger

studiert Soziologie und Politik

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