Abgeordnete "Eines der tollsten Projekte im Bundestag"
Alljährlich können Stipendiaten aus anderen Ländern im Bundestag ein Praktikum machen. Was bringt das den jungen Ausländern und den deutschen Parlamentariern? mitmischen.de hat Kerstin Radomski befragt, die als Abgeordnete für das Programm mit zuständig ist.
Warum hat der Bundestag ein fünfmonatiges Stipendium für junge Ausländer ins Leben gerufen?
Entstanden ist das Programm zu Zeiten des Kalten Krieges in den 1980er Jahren. Mit dem Internationalen Parlamentsstipendium (IPS) sollten Aufbau von Demokratie und Parlamentarismus außerhalb von Deutschland unterstützt und die Beziehungen zwischen den Staaten verbessert werden.
Wie kann man sich das konkret vorstellen?
Beispielsweise übernehmen die Teilnehmer des Programms später oft verantwortungsvolle politische Aufgaben in ihren Ländern. Da ist es eine große Unterstützung, wenn sie vorher unsere repräsentative Demokratie in Deutschland kennenlernen konnten. In Zeiten der Globalisierung wächst alles immer mehr zusammen, und jeder kann vom anderen etwas lernen.
Was müssen die Bewerber und Bewerberinnen mitbringen?
Ein wichtiges Kriterium sind deutsche Sprachkenntnisse. Allerdings gibt es auch Fälle, in denen die Deutschkenntnisse noch nicht so gut sind, wir den Kandidaten aber besonders überzeugend finden. Da können wir dann auch die Empfehlung aussprechen, dass derjenige noch ein Jahr lang an seinen Sprachkenntnissen arbeitet und sich im nächsten Jahr erneut bewirbt.
Und dann kommen die Ausgewählten nach Berlin...
Genau. Der Auswahlprozess findet von September bis Dezember statt. Im Frühsommer kommen die IPSler dann nach Berlin. Zur Vorbereitung auf ihr Austauschjahr besuchen sie Seminare, sie lernen zum Beispiel Grundlagen deutscher Demokratie und Geschichte. Anschließend gibt es einen Empfang im Bundestag, bei dem sie ihre Paten treffen, also die Abgeordneten, in deren Büros sie ihr Praktikum absolvieren.
Welche nachhaltigen Ergebnisse erwachsen aus dem Programm?
Zum einen gibt es einen Wissensaustausch, von dem die teilnehmenden Staaten enorm profitieren. Das IPS verbindet aber auch Menschen, die sonst in ihrem Leben so nie in Kontakt kämen. Und dann bringt so ein Austausch nicht nur den Teilnehmern etwas, sondern auch den Abgeordneten. Das Tolle ist, dass man durch so einen jungen Stipendiaten immer über den eigenen Tellerrand blickt und neue Perspektiven bekommt. Das ist sehr bereichernd.
Wie ist das Feedback der Abgeordneten auf die Praktikanten aus dem Ausland?
Das Feedback ist gut. Anfangs gab es hier und da Vorbehalte, weil die Einarbeitung von Stipendiaten natürlich auch zusätzliche Arbeit bedeutet. Aber mit der Zeit hat sich herumgesprochen, dass die Bereicherung sehr viel größer ist als das Engagement, das man vorher investieren muss.
Wie sehr prägen die ausländischen Stipendiaten das Leben im Bundestag?
Im Bundestag nimmt man die Stipendiaten natürlich wahr, es sind immerhin über hundert. Und dann organisieren sie sich auch untereinander in Gruppen und unternehmen etwas in ihrer Freizeit. Ich denke, dass die Stipendiaten frischen Wind in den Bundestag bringen.
Welche Rückmeldungen bekommen Sie von den Stipendiaten? Gibt es Kontakte, die über die Zeit vor Ort hinausgehen?
Von den Stipendiaten gibt es durchweg positive Rückmeldungen. Viele schreiben mir später und bedanken sich für die Chance, die sie durch das IPS bekommen haben. Ich finde, die internationalen Austauschprogramme gehören wirklich zu den besten und einzigartigsten Projekten im Bundestag. Die Nachfrage ist auch riesig – wir bekommen oft Anfragen von neuen Ländern, die gerne mitmachen würden. Aber natürlich muss das organisatorisch machbar bleiben.
Über Kerstin Radomski
Kerstin Radomski sitzt seit 2013 für die CDU/CSU im Bundestag, ist Mitglied für ihre Fraktion im Haushaltsausschuss, im Rechnungsprüfungsausschuss und wurde für die Städte Krefeld und Wesel ins Parlament gewählt.
(DBT/tl)