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Krieg in der Ukraine Diskussion über Wiederaufbau

Trotz anhaltendem Krieg ist der Wiederaufbau in der Ukraine in vollem Gange. Dass dieser unterstützt werden soll, fordert die Unionsfraktion in einem Antrag. Im Plenum debattierten die Abgeordneten darüber.

Zwei Arbeiter in roten Westen bauen eine Treppe wieder auf, die zu einer Schule in der Ukraine gehört. Die Schule wurde bei einem Bombenangriff beschädigt.

Die Zerstörung in der Ukraine ist groß: Hier helfen Mitarbeiter einer Nichtregierungsorganisation beim Aufbau einer Schule in Hostomel. © picture alliance/NurPhoto | Dominika Zarzycka

Im Februar 2022 begann der russische Angriffskrieg in der Ukraine. Eineinhalb Jahre später dauert der Krieg immer noch an. Große Teile des Landes wurden verwüstet und erst Anfang Juni wurde der Kachowka-Staudamm zerstört. Deshalb ist der Süden der Ukraine aktuell von Hochwasser betroffen und viele Menschen haben keinen Zugang zu Trinkwasser.

Zusätzlich bereitet die Situation rund um das Atomkraftwerk in Saporischschja der Bevölkerung große Sorgen. Man befürchtet einen Angriff auf das Atomkraftwerk, der verehrende Folgen für Menschen und Umwelt haben würde. Das Kraftwerk ist seit März 2022 von russischen Truppen besetzt. Kyjiw und Moskau werfen sich gegenseitig vor, in nächster Zeit einen Anschlag darauf geplant zu haben.

Wiederaufbau im Gange

Obwohl der Krieg noch nicht vorbei ist und die Zerstörung weitergeht, werden Gebäude und Städte wieder aufgebaut. Ein Beispiel ist die Stadt Butscha, in der es im vergangenen Jahr zu Kriegsverbrechen gekommen ist. Ungefähr ein Jahr später gibt es laut Medienberichten dort kaum noch Ruinen. Auch Darya Romanenko, Mitarbeiterin einer Nichtregierungsorganisation in der Ukraine, hat uns das im Interview berichtet.

Unterstützung der Ukraine: Debatte im Bundestag

Nun haben sich auch die Abgeordneten im Bundestag damit beschäftigt, wie man die Ukraine beim Wiederaufbau unterstützen kann, und über einen Antrag der CDU/CSU-Fraktion mit dem Titel „Wiederaufbau der Ukraine fördern – Gewährleistungsrahmen des Bundes nutzen“ debattiert.

Die Abgeordneten der CDU/CSU-Fraktion fordern, dass man beispielsweise bereits heute Anstrengungen unternehmen solle, die Landwirtschaft in der Ukraine dabei zu unterstützen, die Folgen des Krieges zu überwinden. Denn der russische Angriffskrieg habe die Wirtschaft und somit auch die Landwirtschaft schwer getroffen.

Mehrere Ziele gleichzeitig erreichen

So könnten mehrere Ziele gleichzeitig erreicht werden. Denn die Menschen in der Ukraine würden eine wirtschaftliche Perspektive erhalten und der Wohlstand des Landes würde gesteigert. Außerdem könnte das Problem gelöst werden, dass einige Staaten, die besonders stark von Lebensmittelimporten abhängig seien, derzeit teilweise unter mangelnder Nahrungsmittelversorgung litten. Zur Erklärung: Die Getreideproduktion der Ukraine ist für die Länder des globalen Südens von großer Bedeutung.

Die Unionsfraktion schlägt zudem vor, die Deutsche Entwicklungs- und Investitionsgesellschaft (DEG) in den Wiederaufbau einzubinden. Die Fraktion hält es aufgrund der wirtschaftlich schwierigen Situation der Ukraine für sinnvoll, der DEG die Möglichkeit zu eröffnen, ihr Auslandsgeschäft in diesem Land zu verstärken.

Die Deutsche Entwicklungs- und Investitionsgesellschaft

Die Deutsche Entwicklungs- und Investitionsgesellschaft ist eine sogenannte Entwicklungsbank. Das sind spezielle Banken, die zum Beispiel durch Beratung oder technische Unterstützung die wirtschaftliche Entwicklung in den Entwicklungs- und Schwellenländern fördern. Die DEG finanziert und begleitet dabei Unternehmen, die in diesen Ländern investieren. Die DEG ist eine Tochtergesellschaft der Kreditanstalt für Wiederaufbau (KfW), eine Kreditanstalt, die nach dem Zweiten Weltkrieg gegründet wurde, um den Wiederaufbau der deutschen Wirtschaft zu finanzieren.

Nach der Debatte im Plenum wurde der Antrag an den Ausschuss für wirtschaftliche Zusammenarbeit und Entwicklung überwiesen.

CDU/CSU: „Wiederaufbau nur mit öffentlichen Geldern nicht denkbar“

Volkmar Klein von der Unionsfraktion sagte, die Herausforderungen beim Wiederaufbau der Ukraine seien gigantisch. Die Weltbank habe geschätzt, dass 400 Milliarden Euro dafür erforderlich seien. Das sei allein mit öffentlichen Geldern nicht denkbar, so Klein. Es würden auch private Investitionen gebraucht.

Es sei daher wichtig, schon jetzt darüber nachzudenken, wie man die Bedingungen für private Investitionen verbessern könne. Auf der einen Seite würde man so Jobs und Perspektiven in der Ukraine schaffen. Auf der anderen Seite für Entspannung auf den weltweiten Lebensmittelmärkten sorgen. Der Abgeordnete kam auch auf die DEG zu sprechen und sagte, ihr Aktionsradius sei derzeit beschränkt. Das wolle man mit dem Antrag ändern.

SPD: „Was die Union fordert, ist bereits in der Mache“

Derya Türk-Nachbaur (SPD) sagte, sie finde es begrüßenswert, wie entschlossen Svenja Schulze, die Bundesministerin für wirtschaftliche Zusammenarbeit und Entwicklung, die Unterstützung der Ukraine beim Wiederaufbau angehe. So habe das Bundesministerium für wirtschaftliche Zusammenarbeit und Entwicklung (BMZ) etwa nach Kriegsbeginn mit einem Sofortprogramm der Bundesregierung 185 Millionen Euro bereitgestellt, unter anderem für die Schaffung von Unterkünften für Binnengeflüchtete.

Zudem sei im März die Plattform Wiederaufbau Ukraine vom BMZ ins Leben gerufen worden, so Türk-Nachbaur. Neben den Hilfen für die kritische Infrastruktur, etwa im Bereich Gesundheit, würden so auch Bildungsangebote und deutsch-ukrainische kommunale Partnerschaften unterstützt. Somit sei alles, was die Unionsfraktion in ihrem Antrag fordere, bereits in der Mache. Aber es sei gut, dass die Union das fordere, was die Bundesregierung tue, betonte die Abgeordnete. Denn das zeige Einigkeit der demokratischen Fraktionen im Bundestag, was die Unterstützung der Ukraine betreffe.

Grüne: „Ein Schmalspurantrag sondergleichen“

Es sei wichtig, sich mit der Frage zu beschäftigen, wie man es schaffen könne, die Ukraine beim Wiederaufbau so zu stützen, dass er nachhaltig, inklusiv und feministisch sei, sagte Deborah Düring von der Grünenfraktion. Gleichzeitig solle er den Zugang zur EU ebnen. Dafür seien besonders drei Dinge wichtig: So müssten etwa die Zivilgesellschaft und Kommunen vor Ort eingebunden werden, da sie am besten wüssten, was gebraucht werde. Außerdem brauche man einen nachhaltigen 1,5-Grad-konformen Wiederaufbau und drittens eine resiliente und krisenfeste Finanzierung. Düring kritisierte, dass der Antrag der Union ein Schmalspurantrag und die Bundesregierung der Union voraus sei.

FDP: „Ein investitionsfreundliches Klima schaffen“

Zwei Dinge seien sicher, sagte Christoph Hoffmann von der FDP-Fraktion. Man werde den Freiheitskampf der Ukrainer weiterhin in vollem Umfang unterstützen und außerdem den Wiederaufbau der Ukraine zusammen mit vielen anderen Staaten fördern. Das erste Ziel müsse es sein, ein investitionsfreundliches Klima in der Ukraine zu schaffen. Dazu gehörten politische und rechtliche Anpassungen an die EU, außerdem Transparenz, Rechtssicherheit und ein entschlossener Kampf gegen die Korruption, so Hoffmann. Die Potenziale für die private Wirtschaft und Investoren in der Ukraine seien groß, merkte der Abgeordnete an. Hoffmann betonte aber auch, dass man den globalen Süden dabei nicht vernachlässigen dürfe.

AfD: „Bürger wollen nicht bis in die Ewigkeit für Kyjiw zahlen“

Die Unionsfraktion fordere den Wiederaufbau der Ukraine durch deutsche Steuergelder, sagte Markus Frohnmaier (AfD). Aber Deutschland habe der Ukraine schon vor dem Krieg mit Entwicklungshilfe geholfen, außerdem eine Million Flüchtlinge seit Kriegsausbruch aufgenommen und Waffen in „exorbitanten Umfang geschenkt“. Man finanziere die gesamte Ukraine bereits mit einem Rundum-sorglos-Paket, behauptete Frohnmaier. Der Abgeordnete betonte, dass die Bürger aber nicht bis in alle Ewigkeit für Kyjiw zahlen wollten und sich der deutsche Staat wieder um die eigenen Anliegen kümmern müsse.

Linke: „Union will Aufbauhilfe privatisieren“

Cornelia Möhring von der Linksfraktion sprach in der Debatte nicht, die Fraktion gab die Rede aber zu Protokoll. Darin hieß es, die Ukraine brauche Hilfe, die solidarisch sei und nicht als „verkapptes Konjunkturprogramm“ für deutsche Unternehmen daherkomme. Dies sei aber angesichts des vorliegenden Antrags der Unionsfraktion zu befürchten. Denn die Union wolle die Aufbauhilfe privatisieren: Das Risiko trage die Allgemeinheit, die Gewinne gingen an die deutsche Privatwirtschaft, so Möhring. Die Linke halte die Vorschläge der Unionsfraktion daher für nicht geeignet.

Die komplette Debatte könnt ihr euch im Video ansehen. Das Protokoll findet ihr wie immer auf bundestag.de.

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