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Downsyndrom Bluttest auf Staatskosten?

Mit einem neuen Test kann festgestellt werden, ob ein noch ungeborenes Kind einen Gendefekt hat. Die Frage ist nun, ob die Krankenkasse diesen Test bezahlen soll. Es ist auch eine ethische Frage.

Zwei Kinder und eine Puppe.

Ist halt nicht die "Norm": Kind mit Downsyndrom (Mitte) © picture alliance/Christophe Gateau/dpa

Wird das jetzt "normal"?

Mit einem Bluttest lässt sich schon im Mutterleib feststellen, ob es bei einem ungeborenen Kind Hinweise auf geistige oder körperliche Einschränkungen gibt. Seit 2012 ist diese Untersuchung in Deutschland zugelassen. Am 11. April befassten sich die Abgeordneten im Bundestag nun in einer sogenannten Orientierungsdebatte mit der Frage, ob die Krankenkasse eine solche Untersuchung bezahlen soll.

Die meisten Down-Kinder kommen nicht zur Welt

Konkret geht es um Trisomie 21, eine genetische Veränderung, die auch als Downsyndrom bekannt ist. Kurz erklärt: Kinder mit Down-Syndrom haben das Chromosom 21 in jeder Zelle drei statt zwei Mal. Die Gesamtzahl der Chromosomen liegt bei 47 und nicht wie üblich bei 46. In der Folge sind die Kinder in ihrer körperlichen und geistigen Entwicklung eingeschränkt. Statistisch gesehen kommt bei etwa 600 bis 700 Geburten ein Baby mit Down-Syndrom zur Welt. Genaue Zahlen, wie viele Kinder aufgrund medizinischer Diagnosen abgetrieben werden, gibt es in Deutschland nicht.

Die Testmethoden

Je älter eine Schwangere ist, desto größer ist das Risiko, dass das Kind den Gendefekt hat. In solchen Fällen kann man mit einer Fruchtwasseruntersuchung herausfinden, ob das der Fall ist. Die Krankenkasse bezahlt diesen Test. Die Methode ist allerdings riskant. Seit einigen Jahren gibt es nun auch den ungefährlichen Bluttest.

Union: Krankenkasse plus Pflichtberatung

In der Debatte gab Prof. Dr. Claudia Schmidtke (CDU/CSU) zu bedenken, dass der Test, um den es geht, bereits seit Jahren angewendet werde und nicht einfach wieder vom Markt verschwinde. Wenn nun andere Regeln gelten würden als vorher, wäre das "weder rational, noch ethisch oder medizinisch zu erklären". Mit der Kostenübernahme könnte jedoch eine verpflichtende psychosoziale Beratung einhergehen. Schmidtke betonte, es sollte stärker gezeigt werden, was für ein Geschenk Kinder seien, auch solche mit Trisomie 21. Leben sei von Vielfalt, Überraschung und auch durch das nicht Perfekte bestimmt, so die Medizinerin.

SPD: Neue Tests sind besser

Ähnlich argumentierte der SPD-Gesundheitsexperte Prof. Dr. Karl Lauterbach, der sich für den neuen Test stark machte. Das alte Verfahren beinhalte Unsicherheiten und medizinische Risiken. Der Bluttest sei extrem verlässlich. Wenn er negativ ausfalle, könne eine Behinderung ausgeschlossen werden. Bei einem positiven Testergebnis sei die Wahrscheinlichkeit für eine tatsächlich vorliegende Anomalie sehr hoch. Rein medizinisch gesehen sei der Bluttest "schlicht viel besser". Nun stelle sich die Frage, ob Frauen, die wenig Geld hätten, davon ausgeschlossen werden. Aus seiner Sicht gehe das nicht.

AfD: Kein "Untergang des Abendlandes"

Auch der AfD-Abgeordnete Prof. Dr. Axel Gehrke wandte sich gegen den Eindruck, als wäre mit dem neuen Test der "Untergang des Abendlandes" zu befürchten. Mit dem Bluttest werde ein altes, risikobehaftetes Verfahren durch ein neues, risikoarmes Verfahren ersetzt. Tatsächlich sei aber das Informationsbedürfnis der werdenden Eltern sehr groß. Frauen dürften mit der Entscheidung für oder gegen das Kind nicht allein gelassen werden, noch dazu mit der Botschaft, sie dürften das Kind jederzeit abtreiben.

FDP: Mütter werden alleingelassen

Christine Aschenberg-Dugnus (FDP) sagte, der Test solle als Kassenleistung eingeführt werden, aber nicht als Massenuntersuchung für alle schwangeren Frauen. Es wäre ein Widerspruch, einen riskanten Eingriff zu bezahlen und einen ungefährlichen Bluttest nicht. Es sei auch nicht hinzunehmen, dass nur Frauen mit ausreichend Geld sich einen solchen Test leisten könnten. Sie ließ aber durchblicken, dass hohe Abbruchzahlen bei betroffenen Frauen auch dadurch zustande kämen, dass Menschen mit Behinderung von der Gesellschaft immer noch schwer akzeptiert und dass Mütter mit Kosten und Bürokratie oft ganz allein gelassen würden. Doch auch ein Leben mit einem Kind mit Down-Syndrom könne sehr erfüllend sein.

Linke: Gutes Leben nicht nur für die "Normalen"

Cornelia Möhring (Die Linke) sagte, das Leben dürfe keine unterschiedliche Wertigkeit haben. Dennoch sollten Frauen ein Selbstbestimmungsrecht über ihren Körper haben. Eltern stünden manchmal vor einer schwierigen Entscheidung zwischen Wunschkind und Kind mit Behinderung. Dies sei ein kaum auflösbarer Konflikt. Da es jedoch Hilfe von der Gesellschaft oft nicht gebe, hätten gerade alleinerziehende Frauen Angst vor finanzieller und sozialer Isolierung. Eine Gesellschaft müsse allen Kindern ein gutes Leben ermöglichen und nicht nur denen, die leistungsfähig sind und der Norm entsprechen.

Grüne: Test dient der Selektion

Auch Corinna Rüffer (Bündnis 90/Die Grünen) kritisierte, die Gesellschaft sei noch immer ungeübt im Umgang mit Behinderungen. Darunter litten die möglicherweise betroffenen Mütter. Rüffer steht dem neuen Test skeptisch gegenüber: Der Bluttest auf Trisomie 21 diene der Selektion, denn die meisten Föten würden abgetrieben. Manche Menschen seien andererseits dankbar, dass sie über das Risiko nichts wissen, sie hätten sich sonst aus Angst vor Überforderung gegen das Kind entschieden, so Rüffer.

(DBT/ah)

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