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Abgeordneter „Die Club-Szene ist kulturstiftend“

Hagen Reinhold (FDP) tanzt gerne zu Techno. Er findet, elektronische Musik sollte zum Weltkulturerbe ernannt werden - und Clubs zu kulturellen Einrichtungen. Das würde es ihnen einfacher machen, sich in Innenstädten anzusiedeln.

Portrait Hagen Reinhold.

„Für eine tolerante Gesellschaft sind Clubs total wichtig“, glaubt Hagen Reinhold (FDP). © DBT/Thomas Koehler

Wann waren Sie zuletzt Tanzen?

Auf dem Airbeat One Festival bei mir zuhause in Mecklenburg-Vorpommern. Da wird Techno und House gespielt, das ist meine Musik.

Warum sind Clubs Ihrer Meinung nach wichtig, warum setzt sich Ihre Partei dafür ein?

Die Club-Szene ist mittlerweile wirklich kulturstiftend für unser Land. Hier kommen Gäste von überallher zusammen, um gleichberechtigt miteinander zu feiern. Das ist ein Rückzugsort für Millionen von Menschen. Ich glaube, für eine tolerante Gesellschaft sind Clubs total wichtig.

Clubs gelten bisher gesetzlich als „Vergnügungsstätten“. In Zukunft sollen sie unter dem Begriff „kulturelle Einrichtungen“ laufen. Was macht das für einen Unterschied?

Unsere Städte sind so aufgeteilt, dass wir stark abgrenzen: Wo wird gewohnt? Wo wird eingekauft? Wo wird Industrie betrieben? Wenn man als „Vergnügungsstätte“ geführt wird, wie etwa auch Spielcasinos, darf man sich nicht in allen Bereichen einer Stadt oder Gemeinde ansiedeln, sondern meist nur in Industrie-Gebieten. Im Falle von Clubs passt das aber überhaupt nicht zu unserem Selbstverständnis, dass Clubs eigentlich da sind, wo das Leben tobt. Als „kulturelle Einrichtung“ hätten sie da wesentlich mehr Möglichkeiten.

Was macht Club-Besitzern und Künstlern abgesehen von der Standort-Thematik noch das Leben schwer? Und wie wollen Sie Ihnen konkret helfen?

Die Club-Betreiber haben natürlich mit all den bürokratischen Hindernissen zu kämpfen, die andere Unternehmer auch kennen: Bon-Pflicht, Hygiene-Vorschriften, Steuer-Kontrollen, Versammlungsstätten-Verordnung und so weiter. Sie müssen einfach sehr viele Verordnungen beachten.

Aber das müssen andere ja auch...

Das stimmt. Aber Clubs werden oft von jungen Leuten gegründet. Da steht an erster Stelle einfach der Wunsch, Künstlern die Möglichkeit zu geben, sich auszudrücken, und Menschen einen Ort zum Zusammenkommen zu geben. Die Gründer sind mit den vielen bürokratischen Hindernissen oft überfordert. Deshalb wollen wir bürokratische Regeln vereinfachen oder abschaffen und Steuer-Erleichterungen finden.

Gerade in Großstädten werden Clubs zunehmend durch steigende Mietpreise aus den Innenstädten verdrängt. Ist das nicht schlicht freie Marktwirtschaft, die Ihre Partei hochhält?

Natürlich sollen sich Mieten frei am Markt entwickeln. Aber die Mieten selbst sind oft gar nicht das Problem. Viele Clubs laufen ja gut und verdienen auch ordentlich. Oftmals wird eine Mieterhöhung als Vorwand genutzt, um Clubs zu vertreiben, weil man Probleme mit Anwohnern hat.

In Clubs geht es naturgemäß ja in der Regel auch laut zu. Das kann andere Menschen stören. Wie findet man da einen guten Kompromiss?

Ich glaube, wir müssen in Deutschland grundlegend überlegen: Welche Lärmschutz-Regelungen haben wir wo – und sind die wirklich angebracht? Das betrifft nicht nur Clubs. Ich komme von der Küste. Dort werden immer mehr Wohnungen am Hafen gebaut, weil die Leute Meer und Wasser lieben. Aber wenn sie dann am Hafen leben, stellen sie fest: Oh, da klappern aber Container... Und solche Probleme tauchen bei Clubs natürlich auch auf. Oft ziehen Leute genau deshalb in einen Bezirk, weil da so viele coole Clubs sind. Wenn dort neue Wohnungen gebaut werden, dann sollte das Bau-Unternehmen dafür sorgen, dass der Lärmschutz gewährleistet ist, nicht der Club.

Sie möchten, dass die UNESCO (Organisation der Vereinten Nationen für Bildung, Wissenschaft und Kultur) elektronische Tanzmusik allgemein als immaterielles Weltkulturerbe anerkennt. Was hätte das für Vorteile?

Mit der elektronischen Tanzmusik ist ein Musik-Stil entstanden und rundherum eine Szene, die Millionen Menschen bewegt. Wir glauben, dass das erhalten und geschützt werden muss. Wenn wir uns andere Dinge anschauen, die Weltkulturerbe geworden sind, ob das nun bestimmte Städte sind oder auch bestimmte Tanzarten, dann sehen wir, dass dadurch viel mehr Leute darauf aufmerksam werden und sich mit dem Thema auseinandersetzen. So entsteht ein positiver Diskurs in der Gesellschaft. Und damit werten wir auch das kulturelle Erbe Deutschlands auf, weil wir stolz darauf sind, so eine Szene hier hervorgebracht zu haben.

Über Hagen Reinhold

Hagen Reinhold, 41, aus dem Wahlkreis Rostock war als Handwerksmeister tätig, bevor er 2013 und dann wieder 2017 für die FDP in den Bundestag einzog. Er sitzt im Ausschuss für Bau, Wohnen, Stadtentwicklung und Kommunen. Mehr erfahrt ihr auf seinem Profil auf bundestag.de.

(jk)

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