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Beteiligung Kameras an oder aus?

Sollen die Bürger alle Treffen der Ausschüsse des Bundestages live verfolgen können? Linke und Grünen meinen "grundsätzlich ja", das sei gut für die Demokratie. Union, SPD und FDP halten dagegen: Kompromisse würden schwieriger, und ohne die funktioniere auch die Demokratie nicht.

Wenn die Fachleute zusammensitzen, sind die Kameras meist aus. Soll sich das ändern? © DBT/ Achim Melde

Wer darf zuschauen?

Während ihr euch jederzeit live in laufende Debatten des Bundestages klicken könnt, tagen die Ausschüsse meist nicht öffentlich. Die Ausschüsse sind die Arbeitsgruppen des Parlaments, die Einzelheiten besprechen, Kompromisse finden und Empfehlungen abgeben, über die dann im Anschluss alle Abgeordneten im Plenum des Bundestags abstimmen. Nur in Ausnahmen lassen sich die Abgeordneten dabei über die Schulter schauen.

Grüne und Linke: Öffnet euch!

Bündnis 90/Die Grünen und die Linke wollen das ändern. In zwei Anträgen haben sie gefordert, dass Ausschüsse grundsätzlich öffentlich tagen sollen und nur in Ausnahmefällen nicht. Die beiden Anträgewurden am 31. Januar 2019 von der Mehrheit des Bundestages abgelehnt.

Forderung: Alle immer öffentlich

In ihren Anträgen verweisen Die Linke und Bündnis 90/Die Grünen darauf, dass von der seit 1969 geltenden Möglichkeit, Ausschusssitzungen im Einzelfall öffentlich zu halten, nur selten Gebrauch gemacht werde. Dies könne "aus Gründen der Nachvollziehbarkeit des gesamten demokratischen Prozesses nicht hingenommen werden". Daher sollten künftig alle Sitzungen der Ausschüsse öffentlich sein und als Live-Stream im Internet übertragen werden, so die Forderung der Fraktionen.

Wenn bestimmte Dinge geheim seien oder schutzwürdige Interessen Einzelner überwiegen würden, solle der Ausschuss aber die Öffentlichkeit ausschließen können. Außerdem wollen Grüne und Linke die Protokolle der Ausschüsse öffentlich zugänglich machen.

Union: Kompromisse würden schwerer

Patrick Schnieder (CDU) hielt Linken und Grünen entgegen, dass in der vergangenen Legislaturperiode immer 22 Prozent der Ausschusssitzungen öffentlich gewesen seien. Das ist "alles andere als selten", sagte er.

Öffentlichkeit gehöre zwar zur Demokratie, sei aber nicht immer von Nutzen. "Es ist manchmal sogar besser, wenn wir nichtöffentlich tagen und Räume haben, in denen wir geschützt diskutieren können", sagte Schnieder.

Die Abgeordneten bräuchten Räume, damit sie nicht unbedingt immer jedes Wort abwägen müssten, damit sie querdenken, auch Kompromisse finden könnten. "Ich halte es für schlechterdings unvorstellbar, dass wir, beobachtet von Kameras, in aller Öffentlichkeit um Kompromisse ringen", sagte er.

SPD: Chance bewahren, vertraulich zu reden

Dr. Matthias Bartke (SPD) sieht bei den Ausschusssitzungen ebenfalls keinen Bedarf für neue Regeln. "Wenn zukünftig alle Ausschusssitzungen öffentlich wären, ist doch klar, was passiert: Die eigentliche Beratung würde in nicht-öffentliche Räume verlagert. Der einzelne Abgeordnete würde zum Sprachrohr von bereits endabgestimmten Entscheidungen", sagter er.

Der Deutsche Bundestag sei eine Mischform aus Rede- und Arbeitsparlament. Im Plenum fänden die öffentlichen Debatten statt, "während wir in den Ausschüssen nach konsensfähigen Lösungen suchen. Das erlaubt uns, spontane Fragen zu stellen, uns überzeugen zu lassen, Kompromisse zu suchen und auch Schwäche zu zeigen. Und Sie wollen uns nun diese Chance nehmen."

FDP: Die Folge wären weniger Infos

Die FDP stimmte den Grünen und Linken zu, dass Protokolle veröffentlicht werden sollten. Sie kritisierte aber die Forderung, dass alle Sitzungen öffentlich sein sollen. In der vertrauensvollen Atmosphäre im Ausschuss erhielten die Abgeordneten etwa von der Regierung häufig mehr Informationen als in der Öffentlichkeit, argumentierte Dr. Marco Buschmann. Die Streitkultur in öffentlichen Debatten verhindere eine konstruktive Arbeitsweise.

AfD enthält sich

Die AfD enthielt sich bei der Abstimmung. Thomas Seitz (AfD) sagte, jeder Ausschuss solle für seinen Bereich selbst entscheiden können, "ob seine Angelegenheiten grundsätzlich eine öffentliche Verhandlung vertragen oder nicht". Es gebe Ausschüsse – "ich denke da an den Innen- oder den Verteidigungsausschuss –, die aus zwingenden Sachgründen die Öffentlichkeit nur ausnahmsweise vertragen".

Beide Anträge wurden von der Union, der SPD und der FDP abgelehnt.

Wer an einer öffentlichen Plenarsitzung teilnehmen möchte, kann sich hier informieren oder bei den einzelnen Ausschüssen nachschauen, welche Sitzungen öffentlich stattfinden. Das Parlamentsfernsehen überträgt die öffentlichen Sitzungen und Anhörungen der Auschüsse, sowie alle Plenardebatten auch live.

(DBT/ab)

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