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3 Fragen an 6 Fraktionen Pkw-Maut-Ausschuss: Was hat's gebracht?

In der letzten Sitzungswoche diskutierten die Abgeordneten die Schlussberichte der drei Untersuchungsausschüsse im Bundestag. Heute hier: 2. Untersuchungsausschuss „Pkw-Maut“ – Worum ging's und was sind die wichtigsten Erkenntnisse? Antworten geben die Obleute und Mitglieder aller sechs Fraktionen des Ausschusses.

leere Autobahn

© Pexels / Markus Spiske

CDU/CSU
Abgeordneter sitzt am Schreibtisch

Ulrich Lange ist Obmann der CDU/CSU im Untersuchungsausschuss „Pkw-Maut“. © Studio Herzig, Nördlingen

Ulrich Lange (CDU/CSU)

Worum ging es im 2. Untersuchungsausschuss „Pkw-Maut“?

Der Ausschuss hat untersucht, ob die Bundesregierung bei der Einführung der Pkw-Maut korrekt gehandelt hat. Eine Pkw-Maut kennen viele von uns aus dem Urlaub im Ausland. Die Regierungskoalition aus CDU, CSU und SPD wollte die Pkw-Maut auch in Deutschland einführen. Mit den Maut-Einnahmen sollte das Autobahn-Netz repariert und modernisiert werden. Der Europäische Gerichtshof hat aber sehr überraschend entschieden, dass diese Einführung so rechtlich nicht möglich ist. Deshalb musste die Pkw-Maut gestoppt werden.

Was sind aus Ihrer Sicht die zwei wichtigsten Erkenntnisse und was folgt jetzt konkret aus dem Untersuchungsausschuss?

Der Bundesverkehrsminister, sein Ministerium und die anderen Ministerien haben korrekt gehandelt. Der Vorwurf der Lüge hat sich nicht bestätigt. Wir haben mehr als anderthalb Jahre intensiv gearbeitet. Wir haben über 3.000 Aktenordner gewälzt und über 70 Zeugen befragt. Die längste Beweisaufnahme dauerte mehr als zehn Stunden. Wichtig ist, dass die Opposition zweimal vor dem höchsten deutschen Gericht in Strafsachen verloren hat. Die Opposition musste einsehen, dass sie die Rechte von Abgeordneten nicht einfach beiseiteschieben kann.

Worüber gab es den größten Streit zwischen den Fraktionen und warum?

Die Opposition will bis heute nicht wahrhaben, dass sich die Vorwürfe gegen die Bundesregierung nicht bestätigt haben. Noch heute spricht die Opposition von Versagen und Lügen, obwohl die Akten und die Beweisaufnahmen mit den Zeugen ein anderes Ergebnis gebracht haben. Es ist zwar das gute Recht der Opposition, eine andere Meinung als die Regierungsfraktionen zu haben, aber man sollte trotzdem fair bleiben.

SPD
Porträtfoto mit Bundesadler im Hintergrund

Kirsten Lühmann ist Obfrau der SPD im Untersuchungsausschuss „Pkw-Maut“, außerdem Mitglied des Ausschusses für Verkehr und digitale Infrastruktur. © Marco Urban

Kirsten Lühmann (SPD)

Worum ging es im 2. Untersuchungsausschuss „Pkw-Maut“?

Ende 2018 hat der Verkehrsminister Andreas Scheuer mit den Firmen, die die Maut organisieren sollten, eilig Verträge unterschrieben. Zu diesem Zeitpunkt lief aber noch ein wichtiges Gerichtsverfahren vor dem Europäischen Gerichtshof, das klären sollte, ob es überhaupt eine Maut geben darf, die nur ausländische Fahrerinnen und Fahrer belastet. Die SPD hat immer davor gewarnt, ausländische und deutsche Autofahrer unterschiedlich zu behandeln. Das Gericht stoppte dann auch die Maut. Die Verträge mussten daraufhin gekündigt werden. Im Untersuchungsausschuss haben wir untersucht, ob es bei der Einführung und Kündigung zu Fehlern kam. Und vor allem, wieso man nicht das Gerichtsurteil abgewartet hat. Denn jetzt wollen die Maut-Firmen von Deutschland eine sehr hohe Entschädigung. Es geht also auch um viel Geld.

Was sind aus Ihrer Sicht die zwei wichtigsten Erkenntnisse und was folgt jetzt konkret aus dem Untersuchungsausschuss?

Das Verkehrsministerium hat die Gefahren eines möglichen Scheiterns vor Gericht nicht genug beachtet und nicht auf Experten gehört. Das war leichtsinnig und könnte noch teuer für Deutschland werden. Es hat sich auch gezeigt, dass im Verkehrsministerium oft niemand Verantwortung für sein Handeln übernehmen wollte. Viele haben sich davor gedrückt, Entscheidungen zu treffen. Für das Organisieren eines so großen Projektes war das natürlich sehr schlecht.

Worüber gab es den größten Streit zwischen den Fraktionen und warum?

Sehr oft ging es um das Klein-Klein. Wir haben zum Beispiel verschiedene Zeugen befragt, um herauszufinden, ob der Verkehrsminister vor dem Parlament gelogen hat. Am Ende stand es Aussage gegen Aussage. Wie vor Gericht gilt auch in der Politik: Im Zweifel für den Angeklagten. Wir konnten den Verkehrsminister also keiner Lüge überführen.

AfD
Porträtfoto

Wolfgang Wiehle ist Obmann der AfD im Untersuchungsausschuss „Pkw-Maut“, außerdem Mitglied des Ausschusses für Verkehr und digitale Infrastruktur. © privat

Wolfgang Wiehle (AfD)

Worum ging es im 2. Untersuchungsausschuss „Pkw-Maut“?

Der Untersuchungsausschuss beschäftigte sich mit der Umsetzung der Pkw-Maut durch das Bundesverkehrsministerium. Die Maut sollte ab 2020 durch beauftragte Firmen erhoben werden, aber der Europäische Gerichtshof stoppte sie. Im Ausschuss stellten Abgeordnete viele kritische Fragen an den Verkehrsminister und seine Mitarbeiter, andere Politiker, Experten und Leute aus den Firmen. Es ging um Gespräche und Verträge mit den Firmen und um Verstöße beim Umgang mit Geld und vielen rechtlichen Regeln.

Was sind aus Ihrer Sicht die zwei wichtigsten Erkenntnisse und was folgt jetzt konkret aus dem Untersuchungsausschuss?

Erstens sind schwere Fehler begangen worden, vor allem beim Vorgehen fürs Aussuchen der Firmen, also bei der Vergabe, beim Umgang mit dem Bundeshaushalt und beim Projektabbruch nach dem EuGH-Urteil. Zweitens: Die Pkw-Maut wurde trotz vieler Bedenken in den Koalitionsvertrag von 2013 zwischen CDU/CSU und SPD geschrieben. Offen blieb die große Frage: Welche politischen Absichten steckten dahinter? Jetzt muss man hoffen, dass das Ministerium aus den gefundenen Fehlern lernt und in Zukunft besser geführt wird.

Worüber gab es den größten Streit zwischen den Fraktionen und warum?

Den größten Streit gab es um die Frage, ob Bundesverkehrsminister Andreas Scheuer den Bundestag belogen hat. Während die CDU/CSU-Fraktion „ihren“ Minister in Schutz nahm, stellte die SPD-Fraktion viele Fragen und die vier Oppositionsfraktionen fühlten sich an vielen Stellen getäuscht: als es um ein Gespräch des Ministers mit einer Firma ging, und auch mehrfach, als der Minister große Transparenz über seine Arbeit versprach und die angekündigten Einblicke dann doch nicht vollständig lieferte.

FDP
Porträtfoto

Oliver Luksic ist Obmann der FDP im Untersuchungsausschuss „Pkw-Maut“, außerdem Mitglied des Ausschusses für Verkehr und digitale Infrastruktur. © Oliver Luksic

Oliver Luksic (FDP)

Worum ging es im 2. Untersuchungsausschuss „Pkw-Maut“?

Die PKW-Maut war das größte verkehrspolitische Projekt der letzten Jahre. Aber im Juni 2019 hat das höchste europäische Gericht entschieden, dass die geplante deutsche PKW-Maut gegen europäisches Recht verstößt. Daraufhin mussten sämtliche Vorbereitungen gestoppt werden und Verkehrsminister Andreas Scheuer hat alle Verträge gekündigt. Das haben wir uns im Untersuchungsausschuss genau angesehen und auf über 680 Seiten in unserem Abschlussbericht für alle Bürgerinnen und Bürger zusammengefasst.

Was sind aus Ihrer Sicht die zwei wichtigsten Erkenntnisse und was folgt jetzt konkret aus dem Untersuchungsausschuss?

Die wichtigste Erkenntnis ist, dass Minister Scheuer eine ganze Reihe an schweren Fehlern gemacht hat. Trotz vieler Warnungen, dass die Maut gegen europäisches Gesetz verstößt, hat er die Verträge unterschreiben lassen. Dabei hat er Vergabe- und Haushaltsrecht gebrochen. Außerdem hat er die Verträge mit fadenscheinigen Gründen gekündigt, ohne zu wissen, welche Kosten er damit verursacht. Wir haben deshalb Vorschläge gemacht, wie sich solche Fehler in Zukunft vermeiden lassen.

Worüber gab es den größten Streit zwischen den Fraktionen und warum?

Kurz bevor der Abschlussbericht beschlossen werden sollte, wurden wir von CDU/CSU und SPD mit Textänderungen überrascht. Die Regierungsfraktionen wollten einige der gewonnen Erkenntnisse rund um die Kündigung der Mautverträge aus dem Bericht löschen, um das Verkehrsministerium im parallel laufenden Schiedsverfahren in besserem Licht darzustellen. Dort wird aktuell über die Höhe des entstandenen Schadens verhandelt. Dagegen haben wir uns erfolgreich gewehrt.

Die Linke
Porträtfoto

Jörg Cezanne ist Obmann der Linken im Untersuchungsausschuss „Pkw-Maut“, außerdem Mitglied des Finanzausschusses und des Ausschusses für Verkehr und digitale Infrastruktur. © MdB-Büro Jörg Cezanne

Jörg Cezanne (Die Linke)

Worum ging es im 2. Untersuchungsausschuss „Pkw-Maut“?

Die CSU hatte 2013 eine „Ausländer-Maut“ verlangt. Ausländische Pkw-Fahrer sollten für eine Maut bezahlen, deutsche Autofahrer nicht. Der CSU gelang es, diese Forderung in die Koalition von CDU/CSU und SPD einzubringen und Gesetze durch den damaligen Verkehrsminister Alexander Dobrindt (CSU) erstellen zu lassen. Verkehrsminister Scheuer (CSU) hat dann 2018 einen Vertrag mit einem privaten Konsortium abgeschlossen, der sehr schlecht für den Bundeshaushalt war. Der Europäische Gerichtshof erklärte 2019 die deutsche Gesetzgebung für europarechtswidrig. Daraufhin hat Minister Scheuer den Vertrag gekündigt. Der Untersuchungsausschuss sollte alle Umstände aufdecken.

Was sind aus Ihrer Sicht die zwei wichtigsten Erkenntnisse und was folgt jetzt konkret aus dem Untersuchungsausschuss?

Ex-Minister Dobrindt hat gewusst, dass die Ausländer-Maut gegen europäisches Recht verstieß. Er hat sogar die EU-Kommission getäuscht. Minister Scheuer hat mit der Unterzeichnung und der Kündigung des Vertrags gegen Gesetze verstoßen und einen hohen finanziellen Schaden für den Bundeshaushalt verursacht. Er hat aufgepasst, dass ihm dies nur schwer nachzuweisen ist, weil er wichtige Absprachen und Entscheidungen nur mündlich traf. Beide haben Schaden verursacht und sind verantwortlich.

Worüber gab es den größten Streit zwischen den Fraktionen und warum?

Minister Scheuer hat sein privates E-Mail-Postfach für geheime Absprachen genutzt. Das durfte er nicht. Weil er aber auch Mitglied des Bundestages ist, konnte er eine Überprüfung seines Postfachs und seines Handys verhindern. Seine Freunde aus der CDU/CSU haben ihm geholfen – während FDP, Die Linke und Die Grünen alles aufdecken wollten. Das ist aber nicht gelungen. Deshalb konnte nicht alles aufgeklärt werden. Die Verantwortung von Minister Scheuer für den Schaden ist aber klar.

Die Grünen
Porträtfoto Krischers, der an einen Baumstamm lehnt

Oliver Krischer ist für die Grünen Mitglied im Untersuchungsausschuss „Pkw-Maut“. © Oliver Krischer

Oliver Krischer (Bündnis 90/Die Grünen)

Worum ging es im 2. Untersuchungsausschuss „Pkw-Maut“?

Im Vordergrund standen die Fragen nach der Schuld und danach, was das Scheitern der Pkw-Maut die Steuerzahlerinnen und Steuerzahler kostet.

Was sind aus Ihrer Sicht die zwei wichtigsten Erkenntnisse und was folgt jetzt konkret aus dem Untersuchungsausschuss?

Ich war überrascht, wie schlecht die Pkw-Maut im Ministerium vorbereitet wurde. Ein Jurist, der sich hauptsächlich im Kirchenrecht auskennt, wurde mit der rechtlichen Verteidigung der Pkw-Maut vor dem Europäischen Gerichtshof betraut. Zudem hat der Bundesrechnungshof im Ausschuss gut nachgezeichnet, wie das Ministerium gegen Haushalts- und Vergaberecht verstoßen hat. Das bedeutet: Verkehrsminister Scheuer hat Firmen, die die Pkw-Maut umsetzen wollten, ungleich behandelt, sodass die Kosten explodiert sind. Diese Kosten hat er dann wiederum im Bundeshaushalt versteckt und damit das Parlament hintergangen.

Worüber gab es den größten Streit zwischen den Fraktionen und warum?

Ob der Minister Andreas Scheuer bei seiner Befragung im Untersuchungsausschuss gelogen hat. Die Firmen, die den Auftrag zur Umsetzung der Pkw-Maut bekamen, haben im Ausschuss ausgesagt, dass sie eine Vertragsunterzeichnung nach dem Urteil des Europäischen Gerichtshofes anbieten. Das hätte zur Folge gehabt, dass kein größerer Schaden entstanden wäre. Minister Scheuer hat das verneint. Da stand Aussage gegen Aussage.

(loh)

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