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Soziales Problemfall Jugendhilfe

In vielen Einrichtungen der Kinder- und Jugendhilfe sowie in Kitas fehlen tausende Fachkräfte, beklagt die Linke und meint, dies liege an schlechten Arbeitsbedingungen. Das sehen auch andere Fraktionen so, ziehen daraus aber unterschiedliche Schlüsse.

Wenn die Eltern zuschlagen, soll die Kinder- und Jugendhilfe eingreifen. Eigentlich. © dpa

Es passiert immer wieder

Tuana ist tot. Der 19-jährige Lebensgefährte ihrer Mutter hatte die Zweijährige schwer misshandelt. Als man das Kind fand, war praktisch kein Teil ihres Körpers frei von Verletzungen.

Meldungen wie diese geistern erschreckend oft durch die Medien. Kinder sterben durch extreme Gewalt oder schlicht und einfach durch Vernachlässigung. Damit Kindesmisshandlungen möglichst nicht stattfinden, gibt es die Kinder- und Jugendhilfe, die sich um den Nachwuchs von Problemfamilien kümmern soll.

Aber diesen Stellen fehlt es oft an Personal – was immer dann ganz erschreckt festgestellt wird, wenn wieder ein Kind tot ist. Die Linke will das nicht länger mit ansehen und hat einen Antrag vorgelegt, in dem sie "Mehr Fachkräfte für gute Kitas und eine starke Kinder- und Jugendhilfe" fordert. Am 14. Dezember haben die Abgeordneten erstmals über die Vorlage debattiert, derzeit wird sie im zuständigen Ausschuss behandelt.

Linke: Kinder sind gefährdet

Fachkräftemangel, hervorgerufen durch katastrophale Arbeitsbedingungen und schlechte Bezahlung, sei die Ursache des Problems, meint die Linke. Von zehntausenden fehlenden "Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter in den Jugendämtern, in den Allgemeinen Sozialen Diensten, bei den Schulsozialarbeiterinnen und Schulsozialarbeitern" sprach Norbert Müller (Die Linke) dann auch zu Beginn der Debatte im Bundestag.

Im Antrag der Fraktion füllt die Liste mit für die Fraktion unhaltbaren Zuständen in der Kinder- und Jugendhilfe mehrere Seiten. Müller nannte sie im Plenum eine "systematische, institutionelle Kindeswohlgefährdung". Er forderte von der Bundesregierung unter anderem, Maßnahmen, die auf eine bessere Qualität in der Kinder- und Jugendhilfe und in den Kitas hinwirken und die die Arbeitsbedingungen für die Beschäftigten verbessern. Auch bei der Ausbildung der Fachkräfte gebe es Nachholbedarf.

Union: Alles Ländersache

Marcus Weinberg (CDU/CSU) sagte: Gerade in den Großstädten könnten die Menschen, "eine Reihe von Namen von Kindern nennen, die elendig zugrunde gegangen sind, verhungert sind, gestorben sind, weil möglicherweise auch gewisse systemische oder strukturelle Defizite in der Kinder- und Jugendhilfe vorliegen". Allerdings meinte er, dass das Problem nicht der Bund zu verantworten habe, sondern die Kommunen und die Länder. Deswegen lehnte Weinberg den Linken-Antrag ab.

AfD: Migranten sind schuld

Frank Pasemann (AfD) sagte, der Fachkräftemangel rühre daher, dass "Migrantenfamilien das Recht bekommen, ihre Kinder in unseren Kindergärten unterzubringen". Der Linken warf er vor, sie habe keine vernünftige Idee dazu, was man gegen den Fachkräftemangel tun könne. Sie wolle nur zentralistisch Regelungen etablieren, "die uns in einen Staat führen sollen, in dem Politiker bestimmen, wie Eltern ihre Kinder erziehen".

SPD wirbt für "Beteiligungsprozess"

Ulrike Bahr (SPD) sagte, dass sie "persönlich große Sympathien für die Forderung der Linken" habe, besonders in Bezug auf die Ausbildung von Fachkräften. Ansonsten brauche es einen "Beteiligungsprozess", in dem "Kommunen und Länder, Vereine, Praktiker und Wissenschaft gemeinsam an einem Tisch" sitzen und beraten, was konkret zu tun sei, um die Situation zu verbessern. Bahr meinte, sie sei sicher, dass in diesem Dialogprozess Platz für "etliche gute Anregungen aus dem Antrag der Linken" sei.

FDP: Zu viel vermixt

Grigorios Aggelidis (FDP) beklagte, dass in dem Linken-Antrag zu viele verschiedene Themen vermixt seien. Dann kritisierte er das "Gute-Kita-Gesetz", über das der Bundestag kurz zuvor abgestimmt hatte. Inhaltlich meinte Aggelidis zum Linken-Antrag weiterhin, dieser sei im Ansatz richtig, aber leider voller "ideologischer Forderungen".

Grüne: Vorbild aus Süddeutschland

Katja Dörner (Bündnis 90/Die Grünen) meinte, es müsse dringend gehandelt werden, um etwas gegen den Fachkräftemangel zu tun. Sie stellte ein Beispiel aus Baden-Württemberg als vorbildhaft dar, bei dem das Land eine auch finanziell attraktive Ausbildung geschaffen habe. Zum Linken-Antrag meinte sie, dass sie zwar nicht alle Details darin gutheiße, dass man aber alle Forderungen im Ausschuss konkret diskutieren solle. Dort wird der Antrag nun behandelt.

Die Debattenbeiträge aller Redner könnt ihr hier im Video sehen.

(DBT/ah)

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