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Migration Streit über Welt-Pakt

Gleich dreimal haben die Abgeordneten in der letzten Novemberwoche über einen Welt-Pakt debattiert, den die deutsche Regierung in Kürze absegnen will. Dabei geht es um Migration. Hier die Streitpunkte.

Zwei Personen von hinten mit Pullover-Aufschrift

Paktgegner demonstrieren in München. © picture alliance/ZUMA Press

Drei Debatten über Migration

Gleich dreimal haben die Abgeordneten in der letzten Novemberwoche über den geplanten Migrationspakt der Vereinten Nationen (UN) debattiert. Kurz zur Erinnerung: Die UN ist ein Zusammenschluss von 193 Staaten, darunter Deutschland. Diese Staatengemeinschaft plant ein Abkommen zum Thema Migration, also zur Abwanderung von Menschen in ein anderes Land.

Die AfD bezeichnet den Pakt in einer "aktuellen Stunde" als "Umverteilungsprogramm, mit dem weitere Flüchtlinge nach Deutschland und Europa umgesiedelt werden sollen". Sie forderte die Bundesregierung am 30. November mit einem Antrag auf, bei der Annahme des Paktes eine Erklärung zu Protokoll zu geben. In dieser solle betont werden, dass der Pakt nicht rechtlich bindend sei. Am Vortag hatte der Bundestag mit Mehrheit für den Pakt gestimmt. Doch der Reihe nach.

Worum geht es?

Es geht um eine internationale Vereinbarung, den Globalen Pakt für sichere, geordnete und reguläre Migration, der auf einem UN-Gipfel in Marrakesch am 10. und 11. Dezember angenommen werden soll. 2017 gab es weltweit 258 Millionen Migranten, davon etwa 68,5 Millionen Flüchtlinge.

Der Pakt soll laut UN die Migration in geordnete Bahnen lenken. Im Umgang mit Migranten sollen etwa die Menschenrechte gewahrt werden. Das Abkommen formuliert 23 konkrete Ziele, so sollen z.B. Schleuser bekämpft und Fluchtursachen beseitigt werden.

Der Pakt ist rechtlich nicht bindend, er ist eine gemeinsame Absichtserklärung. Allerdings ist in dem Text die Rede davon, dass sich die Unterzeichnerstaaten verpflichten sollen, die genannten Ziele auch umzusetzen.

Bislang haben außer den USA alle UN-Mitgliedsstaaten den Pakt gemeinsam vorbereitet, nun wollen allerdings rund ein halbes Dutzend Staaten aussteigen – darunter auch EU-Länder wie Österreich, die Slowakei und weitere osteuropäische Staaten.

AfD: Kritik am Pakt

Die AfD ist der Meinung, der Pakt sei ein "verstecktes Umsiedlungsprogramm für Wirtschafts- und Armutsflüchtlinge" und "zunächst am Bundestag vorbei" verhandelt worden. Nachdem der Bundestag dem Pakt zugestimmt hatte, wollte die AfD auf die Notbremse treten: Die Bundesregierung müsse verbindlich zusagen, dass es nicht ihre Absicht sei, die Inhalte des Pakts in deutsches oder europäisches Recht zu überführen, betonte Armin-Paulus Hampel (AfD) in der Debatte.

Er warf der Koalition vor, den Deutschen "Sand in die Augen" zu streuen und mit dem Migrationspakt, die "weltweite Verschiebung von Menschen aus allen Erdteilen möglich zu machen".

SPD: Pakt ist Absichtserklärung

Aydan Özoguz (SPD) widersprach für die SPD-Fraktion. Im Pakt werde den Mitgliedstaaten nahegelegt, "so bald wie möglich nationale Strategien zur Umsetzung zu entwickeln", betonte sie und bezeichnete den Pakt als eine reine Absichtserklärung. Der AfD warf die Abgeordnete "Stimmungsmache" vor. Die Fraktion lebe von der Migrationsdebatte und habe daher gar kein Interesse daran, Lösungen zu finden.

FDP: "Unkenntnis der UN"

Konstantin Kuhle (FDP) warf der AfD vor, sie selbst habe ein lebhaftes "Interesse an chaotischer, ungeregelter Migration." Sie sei der "Nährboden für Rechtspopulisten". Er betonte, der Pakt räume den Staaten in vielen Bereichen Spielräume ein. Über die Umsetzung entscheide zudem der Bundestag und nicht die Vereinten Nationen. Die Befürchtung der AfD, Inhalte des Pakts könnten in Völkergewohnheitsrecht übergehen, zeugten von einer "absoluten Unkenntnis der UN".

Union: Zusammenarbeit wichtig

Detlef Seif (CDU/CSU) erklärte noch einmal die Geschichte des Paktes. Die Entwicklung der vergangenen Jahre habe gezeigt, dass die Weltgemeinschaft nicht ausreichend auf große Fluchtbewegungen vorbereitet sei. Er verwies darauf, dass UN-Flüchtlingslager unterversorgt gewesen seien. "Es fehlt zurzeit an der erforderlichen internationalen Zusammenarbeit zur Vermeidung, Ordnung und Steuerung der Migration." Diese Einsicht habe zu dem Pakt geführt.

Seif betonte, der Migrationspakt sei ein rechtlich nicht bindender Kooperationsrahmen, durch den keine einklagbaren Rechte entstünden. Zudem solle der Pakt nicht unterzeichnet, sondern lediglich angenommen werden. Eine Zustimmung durch die Parlamente sei daher auch nicht notwendig.

Linke: Bundestag war eingebunden

Stefan Liebich (Die Linke) widersprach der Behauptung der AfD, der Pakt sei am Bundestag vorbei verhandelt worden. Es gab, so Liebich, nämlich eine Einladung der Vereinten Nationen im Mai 2018 an die Abgeordneten des Auswärtigen Ausschusses. Sie hätten dort einer UN-Anhörung in New York zum Migrationspakt folgen und ihre Meinung einbringen können. Die AfD habe das aber für nutzlos gehalten. "Sie haben die Relevanz des Abkommens damals überhaupt nicht verstanden, aber heute weinen Sie folgenlos über das Ergebnis", urteilte Liebich.

Grüne: "Leitlinien für die Steuerung"

Filiz Polat (Bündnis 90/Die Grünen) erklärte, wozu der Pakt aus ihrer Sicht da ist: "zum Schutz des Lebens, der Lebens- und Arbeitsbedingungen, für die Bekämpfung von Menschenhandel, von Ausbeutung und Diskriminierung der Migrantinnen und Migranten." Das sei dringend notwendig. "Der Migrationspakt will nicht alle Menschen nach Deutschland holen, er gibt vielmehr Leitlinien für die Steuerung von Migrationsbewegungen vor – nicht mehr und nicht weniger", so die Abgeordnete.

Die Debatte zum AfD-Antrag könnt ihr euch hier in der Mediathek anschauen. Auch die gesamte Aktuelle Stunde ist hier als Video verfügbar.

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