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Migration Streit um Welt-Pakt

Die Vereinten Nationen arbeiten an einem "Globalen Pakt für Migration". Die AfD lehnt den Pakt ab, er locke Ausländer nach Deutschland. Die anderen fünf Fraktionen halten dagegen: Das Gegenteil sei der Fall, mit dem Pakt kämen weniger Migranten.

Mann mit Maske trägt Kind

Rettung von Migranten im Mittelmeer: Das Abkommen soll illegale Schlepper und Schleuser bekämpfen. © picture alliance/ZUMA Press

Der Vertrag

Der korrekte Name ist lang. "Global Compact for Safe, Orderly and Regular Migration" heißt ein Abkommen, dass die Vereinten Nationen (UN) gerade vorbereitet. Die internationale Staatengemeinschaft, genauer gesagt 180 Staaten, wollen diesen Pakt Anfang Dezember in Marrakesch annehmen.

Ziel des Ganzen laut UN: Die globalen Wanderungsbewegungen von Kriegsflüchtlingen und Wanderarbeitern juristisch und praktisch zu ordnen sowie dafür zu sorgen, dass für die betroffenen Menschen in allen Ländern Menschenrechte gelten, also etwa ihre Würde gewahrt bleibt, sie genug zu essen haben, eine Gesundheitsversorgung bekommen etc.

Zwei Sichtweisen

Der Pakt sorgt international derzeit für Wirbel. Die USA haben an den Verhandlungen zum Pakt gar nicht erst teilgenommen, Ungarn und Österreich sind bereits ausgestiegen und weitere (osteuropäische) Staaten dürften folgen.

Auch die AfD lehnt den Pakt ab und forderte die Bundesregierung per Antrag auf, nicht zu unterzeichnen. Ihr Argument: Das Abkommen widerspreche den Interessen Deutschlands, Millionen Menschen würden angestiftet, sich auf den Weg zu machen.

Genau das Gegenteil sei der Fall, argumentierten alle fünf anderen Fraktionen sinngemäß in der Debatte über den Antrag am 8. November. Abgeordnete von SPD, FDP, Linken und Grünen warfen der AfD vor, Verschwörungstheorien zu verbreiten.

Um was geht es?

260 Millionen Migranten soll es laut UN weltweit geben. Das sind etwa halb so viele, wie die EU Einwohner hat. Der "Global Compact for Safe, Orderly and Regular Migration" soll Grundsätze für den Umgang mit den Menschen festlegen, die aus unterschiedlichen Gründen ihren Lebensmittelpunkt verlegen, etwa zwischen Landesteilen oder über Staatsgrenzen hinweg. Migranten sind in der Regel Menschen, die vor Krieg und Verfolgung fliehen (also Flüchtlinge im engeren Sinne), und zum anderen solche, die sich woanders bessere Lebensbedingungen erhoffen. Der Vertrag ist für die Unterzeichnerstaaten nicht bindend. Er soll einen Prozess anstoßen.

AfD: Anstiftung zur Migration

AfD-Fraktionschef Dr. Alexander Gauland vertrat die Ansicht, der Migrationspakt blende die Interessen Deutschlands und anderer Aufnahmeländer aus. Zur Erklärung: Aufnahmeländer sind jene Länder, die die Migranten aufnehmen bzw. in die diese einwandern. Gauland warnte vor einer "Einwanderung in die Sozialsysteme".

Er sieht das Selbstbestimmungsrecht durch den Pakt in Gefahr und fürchtet, dass Deutschland dann nicht mehr selbst entscheiden könne, wer aufgenommen wird und wer nicht. Millionen von Menschen aus Krisenregionen würden durch den Pakt "angestiftet, sich auf den Weg zu machen", aus einem Nationalstaat werde ein "Siedlungsgebiet".

Union: Für weltweite Standards

Dr. Stephan Harbarth (CDU/CSU) konnte die Argumente und Schlussfolgerungen der AfD nicht nachvollziehen. Er sagte sinngemäß: Genau das Gegenteil sei der Fall: "Wer gegen den Pakt stimmt, handelt gegen das nationale Interesse Deutschlands". Es sei in deutschem Interesse, die Standards im Umgang mit Migranten, etwa bei der Gesundheits- und Grundversorgung, weltweit anzugleichen.

Damit meinte er: Wenn Flüchtlinge und andere Migranten überall einigermaßen menschlich behandelt würden, würde es nicht so viele nach Deutschland ziehen. Der Pakt sorge also dafür, so der Abgeordnete, dass sich weniger Menschen auf den Weg nach Deutschland machten.

FDP: Besser aufklären

Dr. Joachim Stamp (FDP), der nordrhein-westfälische Integrationsminister, der im Bundestag sprach, sah das genau so: Wenn andere Staaten sich unseren bereits geltenden Standards im Umgang mit Migranten annähern würden, sinke der Migrationsdruck auf Deutschland. Es gehe darum, die Einwanderung zu ordnen und illegale Migration zu bekämpfen.

Dass es nun so viel Aufregung um den Pakt gibt, findet er bedenklich und er gibt der Bundesregierung dafür die Schuld, denn diese habe nicht vernünftig aufgeklärt: "Sie haben zu lange geschwiegen und damit überhaupt erst die Voraussetzungen für den Propagandafeldzug der Verschwörungstheoretiker ermöglicht."

Grüne: Zu wenig Information

Ähnlich äußerten sich Grüne und Linke. Die Bundesregierung habe es versäumt, "eigene, leicht verständliche Informationen zu dem Migrationspakt frühzeitig anzubieten", sagte die Abgeordnete Filiz Polat (Bündnis 90/Die Grünen). Dabei sei dieser ein "Meilenstein", weil er klare und faire Leitlinien für Migrationsbewegungen schaffe und die Rechte von Migranten, insbesondere die von Frauen und Kindern, stärke und schütze.

Linke: "Schäbige Angstkampagne" der AfD

Die Bundesregierung habe mit ihrer Informationspolitik den Boden für eine "schäbige Angstkampagne" der AfD mitbereitet, kritisierte die Abgeordnete Sevim Dağdelen. Sie betonte, ihre Fraktion habe die Verhandlungen über den Migrationspakt von Anfang an begrüßt.

SPD: Probleme international lösen

Christoph Matschie (SPD) warf der AfD vor, Lügen zu verbreiten. Es gehe genau nicht darum, Migration Tür und Tor zu öffnen, sondern sie besser zu regulieren. "Wir brauchen einen offenen und ehrlichen Umgang mit dem Thema Migration", forderte der SPD-Politiker. Die Probleme ließen sich nur international lösen. Er kündigte an, noch in diesem Monat zusammen mit dem Koalitionspartner, der Union, einen eigenen Antrag zum Globalen Migrationspakt vorzulegen.

(DBT/ah)

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