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Berufsausbildung Blick über den Tellerrand

Immer mehr junge Menschen studieren, immer weniger machen eine Ausbildung. Die Folge: Fachkräftemangel. Eine Kommission im Bundestag will nun wissen, wie sich das ändern lässt und hat sich dazu Gäste aus dem Süden eingeladen.

Berufsausbildung? Da kann man noch dran arbeiten, meint die zuständige Enquete-Kommission © picture alliance/Ulrich Baumgarten

Experten aus den Alpen

Deutschland ist im Ausland nicht nur für seine Autos, Bier und Brot berühmt, sondern auch für seine Berufsausbildung. Lernen in Betrieb und Berufsschule – diese Kombination findet viel Beifall. Dennoch gibt es hierzulande Verbesserungswünsche.

Deshalb hat der Bundestag vor einiger Zeit eine Kommission ins Leben gerufen, die sich die Berufsausbildung mal genauer anschauen und auf den neusten Stand bringen soll. Am 11. März hatte das Gremium einige Gäste eingeladen. Die sollten berichten, wie es bei ihnen so läuft mit der Berufsausbildung: in Österreich und in der Schweiz.

Zum Hintergrund: Die Kommission des Bundestages heißt vollständig: Enquete-Kommission "Berufliche Bildung". Enquete-Kommissionen sollen sich tief in ein Thema einarbeiten und in die Zukunft schauen – losgelöst vom hektischen Tagesgeschäft. Abgeordnete beraten gemeinsam mit externen Sachverständigen etwa ökonomische, juristische und soziale Aspekte.

Schweiz: Erfahrung zählt

Dr. phil. Patrizia Salzmann vom Eidgenössisches Hochschulinstitut für Berufsbildung (EHB) stellte den Kommissionsmitgliedern das schweizerische Berufsbildungssystem vor. Das sei super, sagte sie sinngemäß, bestätigt habe dies auch die Internationale Organisation für wirtschaftliche Zusammenarbeit und Entwicklung (OECD).

Eine der Besonderheiten in der Schweiz: Dort kann man sich auch Erfahrungen außerhalb einer formalen Berufsausbildung anrechnen lassen, um einen Abschluss zu bekommen. Das System setzt sich nach oben fort: Wer eine fertige Berufsausbildung und mindestens fünf Jahre Berufserfahrung hat, kann sich das auch bei einem anschließenden (Fach-)Hochschulstudium anrechnen lassen. Allerdings klang der von Salzmann geschilderte Prozess der Anerkennung recht aufwändig.

Chancen für alle

Besonders sei am schweizerischen System auch die hohe Durchlässigkeit, sagte die Expertin von der EHB. Sprich: Sie hält das System in ihrer Heimat für gut geeignet, dass auch Kinder aus eher bildungsfernen Familien sich einen guten Abschluss erarbeiten und später Karriere machen können.

Österreich: Abi mit Berufsbezug

"Die Systeme in Deutschland, Österreich und der Schweiz sind sich ähnlich, unterscheiden sich in Details aber sehr stark", erklärte Prof. Mag. Dr. Peter Schlögl vom Österreichischen Instituts für Bildungsforschung (öifb). In allen aber spiele die Ausbildung im Betrieb eine große Rolle. In Österreich gibt es außerdem neben den Gymnasien eine Vielzahl – oft beruflich ausgerichteter – "höherer Schulen", an denen man auch das Abi machen kann (das hier Matura heißt). "Mittlerweile lässt sich sagen, dass dort mehr Reifeprüfungen abgelegt werden als im allgemeinbildenden Zweig" (also im Gymnasium), so Schlögl.

Coach für die Jugend

Aber was tun, wenn man in der Schule noch gar nicht weiß, ob man Bäcker, Busfahrer oder Bankkaufmann werden will? Schlögl verwies hier auf das österreichische Modell des "Jugendcoaching", bei dem Schüler in der vorletzten Schulstufe durch Lehrer und Sozialarbeiter stärker begleitet würden. Er bezeichnete das als "Erfolgsgeschichte", damit könnte man die Zahl der Schulabgänger, die anschließend ohne Ausbildung dastehen, verringern.

Keine Maßnahme ohne Abschluss

Ähnlich erfolgreich sei auch das Angebot der Lehrwerkstätten, da dort ein vollwertiger Berufsabschluss erlangt werden könne. Die Lehrwerkstätten sind für Schulabgänger gedacht, die keine "richtige" Lehrstelle finden, mit der Werkstatt übernimmt der Staat die Rolle des Ausbildungsbetriebes. Maßnahmen, die nicht berufsqualifizierend seien, gebe es deshalb im österreichischen System nicht, betonte Schlögel.

Hier könnt ihr euch das Video zu der Expertenrunde ansehen.

(DBT/ah)

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