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Rechtsextremismus Neues Gesetz gegen Hass und Hetze

Laura Heyer

Rassistische Morde, Attacken auf Asylbewerber, Hetze im Netz - Extremismus und Gewalt machen vielen Menschen Angst. Die Regierung will nun die Regeln gegen Hass im Internet verschärfen. Aus der Opposition gab es Beifall und Kritik.

Demonstrantin mit Plakat: 'Angst für zu Wut, Wut zu Hass, Hass zu unsagbarem Leid!'

Hass kann zu Gewalt führen, davor warnt diese Demonstrantin in Greifswald. © picture alliance/Stefan Sauer/dpa

Am 19. Februar erschoss ein Mann in der hessischen Stadt Hanau neun Menschen mit ausländischen Wurzeln. Es ist nicht die erste Tat dieser Art in jüngster Vergangenheit. Viele Menschen haben Angst davor, dass sich in Deutschland Rassismus und Rechtsextremismus ausbreiten. Besonders in den sozialen Netzwerken gibt es immer mehr sogenannten Hatespeech und Nutzer machen Stimmung gegen Menschen anderer Herkunft.

Wie man die Ausbreitung von Hass und Hetze vor allem im Internet verhindern kann, darüber hat der Bundestag nun erstmals beraten. Am 12. März brachten alle Fraktionen Gesetzentwürfe und Anträge zu dem Thema ein.

Vorweg gesagt: Eine allgemein gültige Definition von "Hass und Hetze" gibt es nicht. Juristisch gesehen geht es dabei um die Grenze zwischen Meinungsfreiheit und der Verletzung der Rechte anderer. Dies kann ein schmaler Grat sein. Bloße Unhöflichkeit oder polemische Formulierungen im Netz werden nicht als Hass-Posting eingestuft. Es geht um strafbare Inhalte in sozialen Netzwerken.

Verfolgen und bestrafen

Im Zentrum der Diskussion stand der Gesetzentwurf der Koalitionsfraktionen CDU/CSU und SPD „Bekämpfung von Rechtsextremismus und Hasskriminalität“, den auch alle anderen vier Fraktionen in weiten Teilen gut fanden. Mit dem geplanten Gesetz sollen Rechtsextremismus und Hasskriminalität in Zukunft besser verfolgt und bestraft werden können. Dazu wollen die Koalitionsfraktionen vor allem das Netzwerkdurchsetzungsgesetz (NetzDG), das seit 2017 gilt, verschärfen. Es regelt, dass soziale Netzwerke wie Facebook und Co. strafbare Inhalte löschen müssen.

Bürgermeister und Sanitäter schützen

In Zukunft sollen diese privaten Anbieter verpflichtet werden, Morddrohungen oder Volksverhetzung an das Bundeskriminalamt zu melden. Tun sie das nicht, sollen hohe Strafen drohen, so der Plan der großen Koalition. Außerdem wollen die Politiker das Strafgesetzbuch erweitern und auch die Androhung von Straftaten oder Bedrohung strafbar machen – so sollen zum Bespiel Bürgermeister oder Rettungssanitäter besser geschützt werden.

Um das zu erreichen, wollen CDU/CSU und SPD das Telemediengesetz und das Bundeskriminalgesetz ändern, damit Auskünfte über verdächtige Personen und deren Strafverfolgung in entsprechenden Fällen leichter möglich sind.

"Klare Kante zeigen"

In der Debatte erinnerte Ute Vogt von der SPD an die über 200 Opfer von rechtsextremistischer Gewalt, die es seit 1990 gegeben habe. Es sei wichtig, dass die Politik mit Maßnahmen "klare Kante gegen rechte Gewalt" zeige – denn rechtsradikale Ideologien dürften nicht in die Gesellschaft eindringen und besonders Rassismus im Alltag muss aus Sicht der SPD-Politikerin bekämpft werden.

Ähnlich sah das auch ihr Kollege Thorsten Frei von der CDU/CSU. "Rechtsextremisten hassen. Sie hassen unsere freiheitlich-demokratische Grundordnung. Sie hassen unsere offene Gesellschaft. Sie hassen alles, was sie selbst als fremd identifizieren", sagte er. Dem müsse der Staat etwas entgegensetzen, auch wenn er nicht per Gesetz Hass verbieten könne. Es gehe darum, "den Raum für Hass und Hasskriminalität so weit wie irgend möglich einzuengen." Denn: "Wir erleben, dass Gedanken des Hasses zu Worten des Hasses werden. Aus Worten des Hasses werden schlimme und schlimmste Straftaten."

Opposition: Kritische Punkte

Auch die Linke, die Grünen, die FDP und die AfD begrüßten den Gesetzentwurf der Koalition in weiten Teilen. In Deutschland komme es jeden Tag zu rassistischen, antisemitischen, antimuslimischen, frauenfeindlichen, homo- und transphoben und behindertenfeindlichen Übergriffen, sagte Renate Künast von den Grünen. Dagegen müsse schleunigst etwas unternommen werden.

Jedoch sehen die Oppositionsfraktionen die Pläne von CDU/CSU und SPD auch kritisch. Den Grünen gehen die geplanten Änderungen nicht weit genug – sie fordern mehr Opferschutz und Prävention.

Jürgens Martens von der FDP sieht vor allem Änderungen für soziale Plattformen kritisch. So würden manche Pläne, wie die Herausgabe von Passwörtern von verdächtigen Personen, in die Rechte der Nutzer eingreifen, sagte der Abgeordnete.

Roman Reusch von der AfD kritisierte, dass nun Social Media Plattformen Straftaten anzeigen sollten, das "ist eine klassische Aufgabe der Strafverfolgungsbehörden". Nun werde diese "vorverlagert auf Private – ein merkwürdiger Vorgang", sagte er, dies sei "ein Bruch mit unserer Rechtstradition".

Ideen der anderen Fraktionen

In der Debatte wurden auch Gesetzentwürfe und Anträge anderer Fraktionen behandelt und an verschiede Ausschüsse überwiesen, in denen die Politiker nun weiter beraten.

So brachte die FDP-Fraktion einen Gesetzentwurf zur Änderung des Bundesmeldegesetzes ein. Aktuell ermöglichen weitreichende Auskunftspflichten der Meldebehörden es jedermann, in Erfahrung zu bringen, wo andere Personen wohnen und sich somit gewöhnlich aufhalten. Künftig soll es hier Sperren geben, etwa wenn es um Daten von Mitgliedern des Deutschen Bundestages und der Landesparlamente geht, sowie von Vertretern in kommunalen Gebietskörperschaften (z. B. Kreis- und Gemeinderäte), Wahlbeamten (z. B. Bürgermeister) sowie politischen Beamten (z. B. Regierungspräsidenten) und deren Angehörigen.

Ähnliches forderte auch die AfD in einem Gesetzentwurf zum Bundesmeldegesetz: Sie will vor allem Politiker, Beamte, Richter, Soldaten und ehrenamtliche Richter und Schöffen schützen. In weiteren Anträgen forderten FDP, die Linke, die Grünen und die AfD, weitere Präventionen gegen Rechtsextremismus und Hass zu unternehmen.

Die Debatte zu den Vorlagen seht ihr hier:

Zur Person

mitmischen-Autorin

Laura Heyer

hat in Heidelberg Geschichte studiert, in Berlin eine Ausbildung zur Journalistin gemacht und ist dann für ihre erste Stelle als Redakteurin nach Hamburg gegangen. Dort knüpft sie nun Netzwerke für Frauen. Aber egal wo sie wohnt – sie kennt immer die besten Plätze zum Frühstücken.

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