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Aktuelle Stunde „Seuchen-Hotspot“ Fleischindustrie

Nach der Häufung von Corona-Infektionen in Schlachthöfen diskutierte der Bundestag am Mittwoch über die Arbeitsbedingungen in der Fleischindustrie. Was genau ist da los?

Mitarbeiter in einem Schlachthof

In der Kritik: die Hygiene-Zustände in Schlachthöfen. © picture alliance/Mohssen Assanimoghaddam/dpa

Bei einem großen Fleisch-Betrieb in Coesfeld in Nordrhein-Westfalen hat sich etwa ein Viertel der Mitarbeiter mit dem neuartigen Coronavirus infiziert. Der Betrieb musste wegen hygienischer Mängel schließen. Weitere ähnliche Fälle machen die Runde, Probleme gibt es in Birkenfeld bei Pforzheim, in Bad Bramstedt in Schleswig-Holstein, in Oer-Erkenschwick in Nordrhein-Westfalen.

Seitdem wird nicht nur in den Medien über die Arbeitsbedingungen in der Fleischindustrie diskutiert. Auch im Bundestag stand das Thema am 13. Mai in Form einer Aktuellen Stunde auf dem Plan.

"Entsetzlich und beschämend"

Die Nachrichten aus der Fleischindustrie seien "entsetzlich, beschämend und nicht zu tolerieren", sagte Bundesminister für Arbeit und Soziales Hubertus Heil (SPD) im Bundestag. Er kündigte an, bei der nächsten Sitzung des Corona-Kabinetts am 18. Mai ein Konzept für Konsequenzen vorzulegen. Unter anderem müsse es mehr Personal und schärfere Kontrollen geben.

Grüne: „Zeit des Verdrängens beenden“

Die Aktuelle Stunde war auf Wunsch der Grünen angesetzt worden. Friedrich Ostendorff sprach für seine Fraktion und sagte, das "viel zu billige Fleisch", das wir konsumierten, werde „nicht nur auf dem Rücken der Tiere, sondern auch auf dem Rücken vieler europäischer Arbeitnehmer, vor allem aus Rumänien und Bulgarien“ ausgetragen.

"Schlecht bezahlte Akkordarbeit am Fließband, dicht an dicht zwischen toten Tieren, das oft über mehr als zehn Stunden, oft sechs Tage die Woche, über Werkverträge zum Mindestlohn bei Subunternehmern angestellt", schilderte Ostendorff die Zustände, hinzu kämen "Sammelunterkünfte in oft maroden Bruchbuden, drei bis fünf Menschen zusammen in einem Zimmer, primitive Gemeinschaftsküchen, marode sanitäre Anlagen", so Ostendorff. „Vor der Krise war das schon eine Zumutung, jetzt werden sie aber auch noch zum Seuchen-Hotspot.“

Die Grünen forderten schnelles Handeln: „Die Zeit des Wegsehens und Verdrängens muss endlich beendet werden.“

CDU/CSU: Subunternehmer sind das Hauptproblem

Die Union sah das Hauptproblem darin, dass viele Fleisch-Betriebe mit Subunternehmern arbeiteten, die nicht engmaschig genug überwacht würden. Bei Schlachtbetrieben mit festangestellten Mitarbeitern und ohne Subunternehmer habe es dagegen keine Corona-Fälle gegeben. Die europäischen Regeln, zum Beispiel für Arbeitsbedingungen und Unterkünfte, müssten noch strenger kontrolliert werden.

AfD: Regionale Landwirtschaft fördern

Die AfD sah die Verantwortung für die schlimmen Zustände vor allem bei der Bundesregierung. Sie müsse die regionale Landwirtschaft besser unterstützen. Sonst seien die Schlachthöfe gezwungen, billig zu produzieren, um dem internationalen Wettbewerb standhalten zu können.

FDP: Gesetze konsequenter umsetzen

Auch die FDP äußerte Kritik am Staat. Die Missstände in der Fleischindustrie seien seit Jahren bekannt, man sei aber nicht hart genug dagegen fortgegangen. Die Fraktion forderte, die Zuständigkeiten klar zu definieren und die Gesetze konsequent umzusetzen.

Linke: Gnadenloser Preiskampf

Von einem gnadenlosen Preiskampf, Profitgier und menschenunwürdigen Arbeitsbedingungen in der Fleischindustrie sprach Die Linke. Damit müsse endlich Schluss sein. Selbstverpflichtungen der Branche nütze nichts, man müsse klarere Regeln festlegen.

SPD: Große Koalition hat viel getan

Die SPD wies die Vorwürfe an die Regierung zurück und meinte, die Verantwortung liege in erster Linie bei den Unternehmen. Die große Koalition habe seit 2017 viel dafür getan, die Bedingungen in der Fleischindustrie zu verschärfen.

Die komplette Aktuelle Stunde im Video:

(DBT/jk)

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