Zum Inhalt springen

Debatte Streit um den Konflikt zwischen USA und Iran

Die Abgeordneten im Bundestag diskutierten gestern darüber, wie die Lage im Nahen und Mittleren Osten zu bewerten ist - und vertraten dabei sehr konträre Meinungen. Ein Knackpunkt: Sollen deutsche Soldaten in der Region bleiben?

Demonstrantin mit Schild 'No war in Iran'

Überall auf der Welt – hier in London – demonstrieren Menschen derzeit gegen einen Krieg im Nahen und Mittleren Osten. © picture alliance / NurPhoto

Seit Jahren schwelt der Konflikt zwischen den USA und dem Iran. In den letzten Wochen eskalierte er. Die Medien beschäftigen sich seitdem täglich mit dem Thema.

Der Hintergrund

US-Präsident Donald Trump wirft dem Iran vor, Terroristen des „Islamischen Staats“ (IS) zu finanzieren und auszurüsten. Er versucht seit seiner Wahl 2017, gegen den Iran vorzugehen und andere Länder dabei ins Boot zu holen. Im Juni letzten Jahres schoss der Iran eine Spionage-Drohne der USA ab. Im Dezember kam ein amerikanischer Soldat im Irak um, darauf folgten Luftangriffe der USA auf iranische Truppen, die wiederum Angriffe auf die US-Botschaft im Irak zur Folge hatten.

Am 3. Januar dann tötete eine amerikanische Drohne den iranischen General Quassem Soleimani in Bagdad, der irakischen Hauptstadt. Die USA behauptete, der Iran habe geplant, amerikanische Botschaften und Bürger anzugreifen. Beweise dafür liegen der Öffentlichkeit bisher nicht vor. Die iranische Armee schoss daraufhin mit Raketen auf zwei irakische Stützpunkte, auf denen auch US-Soldaten stationiert waren.

Seitdem wird darüber debattiert, ob die USA und der Iran das Recht hatten, den jeweils anderen anzugreifen, um sich selbst zu verteidigen, oder ob sie völkerrechtswidrig gehandelt haben. Am 15. Januar war die aktuelle Lage im Nahen und Mittleren Osten nun auch Thema im Bundestag.

Die Debatte

Der Konflikt zwischen den USA und dem Iran betrifft viele Länder. Auch Deutschland hat Soldaten im Irak stationiert, um den Kampf gegen den IS zu unterstützen. Die deutschen Soldaten wurden nun aus gewissen Gebieten abgezogen und verlegt.

In der Debatte ging es also nicht nur um die Frage, wie das Handeln der USA und des Irans zu bewerten sei. Es ging auch darum, wie es mit den deutschen Soldaten im Irak weitergehen soll. Auch das Atom-Abkommen mit dem Iran wurde thematisiert. Das ist eine Vereinbarung zwischen dem Iran und vielen anderen Ländern, das sicherstellen soll, dass der Iran keinen Zugang zu Nuklear-Waffen bekommt. Aufgrund des aktuellen Konflikts droht dieses Abkommen nun zu scheitern.

Die Streitpunkte

Zunächst sprach Heiko Maas (SPD), Bundesminister des Auswärtigen, im Plenum. Er sagte, die akute Gefahr sei zwar für den Moment gebannt, „die Lage bleibt aber ernst“. Es sei wichtig, dass Europa zusammenstehe und versuche, zwischen den Konflikt-Parteien zu schlichten. Er plädierte dafür, dass Deutschland sich weiterhin im Irak engagieren und sich bemühen soll, an dem Atom-Abkommen mit dem Iran festzuhalten.

So sah es auch Johann David Wadephul (CDU/CSU), der zunächst den deutschen Soldaten dankte, die im Nahen und Mittleren Osten sind. Er sagte, wir müssten gegen den Iran vorgehen, der sich „nicht um das Völkerrecht kümmert“. Allerdings sei dafür nicht jedes Mittel recht. Er sprach sich gegen „anarchische Verhaltensweisen“ aus und sagte: „Der Westen hat eine andere Wert-Grundlage und das müssen wir unseren amerikanischen Partnern auch deutlich sagen.“

Klar gegen das Verhalten der Amerikaner sprach sich auch Christoph Matschie (SPD) aus: „Ich halte den Schritt der Amerikaner nicht nur für völkerrechtswidrig, sondern auch für einen großen politischen Fehler.“

Alexander Graf Lambsdorff (FDP) sprach sich wie die Koalitionsfraktionen dafür aus, dass der deutsche Einsatz im Irak fortgesetzt werden sollte. Er kritisierte, dass Maas in seiner Rede nicht gesagt habe, was die EU nun konkret tun solle, um gegen den Iran und den IS vorzugehen.

Armin-Paulus Hampel (AfD) erklärte das Atom-Abkommen mit dem Iran für gescheitert. Es müsse neu verhandelt werden. Die AfD plädierte gegen einen neuen Einsatz deutscher Soldaten im Irak. Er argumentierte, ein Konflikt im Nahen Osten würde „neue Flüchtlingsströme zu uns“ bedeuten.

Agnieszka Brugger (Bündnis 90/Die Grünen) warf der Bundesregierung vor, dass es ihr nicht gelungen sei, in dem Streit zu schlichten. Unter der „typisch rücksichtslose Art“ der USA litten nun vor allem die Menschen in Iran und Irak. Sie forderte: „Trauen Sie sich endlich, Donald Trump zu kritisieren!“ Und: „Beenden Sie diesen Bundeswehr-Einsatz!“

Sehr klare Kritik äußerte auch Heike Hänsel (Die Linke): „Sie ducken sich einfach weg“, warf sie der Bundesregierung vor, die ihrer Meinung nach die USA für ihr völkerrechtswidriges Handeln verurteilen müsste. Auch sie forderte, die Bundeswehr müsse sofort aus der Region abgezogen werden, denn deutsche Soldaten würden dort „wie bei einem Schachspiel als Bauernopfer eingesetzt“.

Die Debatte im Plenarsaal könnt ihr euch hier anschauen:

Bundestag-Gutachten kritisiert USA und Iran

Hänsel verwies in ihrer Rede auf das Gutachten „Völkerrechtliche Aspekte des Konflikts zwischen Iran und den USA“, das die Wissenschaftlichen Dienste des Deutschen Bundestages im Auftrag der Linken erstellt hat. Die Wissenschaftlichen Dienste unterstützen die Abgeordneten bei ihrer Arbeit, indem sie komplexe Themen recherchieren und aufbereiten.

In dem Gutachten steht, es sei „nicht deutlich erkennbar, warum die Tötung Soleimanis im Irak unbedingt notwendig gewesen soll, um eine akute Gefahr für das Leben von US-Amerikanern ultima ratio abzuwehren“. Somit sei sie keine Selbstverteidigung gewesen. Auch den Rache-Angriff Irans bezeichnet das Gutachten als nicht rechtmäßig.

(DBT/jk)

Mehr zum Thema