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Bundeskanzler Scholz „Was wir jetzt brauchen, ist dass wir uns unterhaken“

Es ging um den Krieg in der Ukraine und wichtige internationale Treffen, aber auch um steigende Preise und Armut in Deutschland, um den Klimawandel und Naturkatastrophen: Bundeskanzler Olaf Scholz (SPD) beantwortete gestern im Bundestag Fragen der Abgeordneten.

Bundeskanzler Olaf Scholz auf der Regierungsbank im Plenarsaal

„Wir lassen die Bürgerinnen und Bürger nicht alleine“, versprach der Bundeskanzler. © picture alliance/dpa/Bernd von Jutrczenka

Der Krieg Russlands gegen die Ukraine sei eine „Herausforderung für die Politik“, so begann Olaf Scholz (SPD) seine einführenden Worte zur Regierungsbefragung. Der Kanzler berichtete von den drei großen internationalen Treffen der letzten Wochen, auf denen es schwerpunktmäßig um die Frage gegangen sei, wie man die Ukraine gemeinsam unterstützen könne.

Beim Europäischen Rat sei es „sehr, sehr bemerkenswert“ gewesen, dass alle 27 EU-Mitgliedsstaaten zugestimmt hätten, die Ukraine als Beitrittskandidaten anzuerkennen. Beim Nato-Treffen habe man sich auf die Aufnahme Finnlands und Schwedens geeinigt: ein „großer und wichtiger Schritt“ für das Verteidigungsbündnis.

Und auf dem G7-Gipfel (der G7 gehören Deutschland, Frankreich, Großbritannien, Italien, Japan, Kanada und die USA an) habe man gemeinsam die Frage „Wie reagieren wir auf diesen brutalen Krieg?“ diskutiert, darüber hinaus aber auch über den weltweiten Hunger, die „immer noch nicht beendete Corona-Pandemie“ und den „menschengemachten Klimawandel“ gesprochen.

Für Deutschland erklärte der Bundeskanzler die von ihm initiierte „Konzertierte Aktion“: Gewerkschaften, Arbeitgeberverbände, der Staat, die Bundesbank und der Sachverständigenrat zur Begutachtung der gesamtwirtschaftlichen Entwicklung werde zusammenarbeiten, um den aktuellen Belastungen der Bürgerinnen und Bürger durch Preissteigerungen zu begegnen. „Was wir jetzt brauchen, ist dass wir uns unterhaken“, schloss der Kanzler.

Thema G7-Gipfel

Für die Unionsfraktion fragte Johann David Wadephul nach den Sicherheitsgarantien für die Ukraine nach dem Krieg, die die G7-Staaten auf dem Gipfel zugesagt haben. Scholz antwortete, die konkrete Ausformung werde derzeit besprochen, mit den G7-Partnern und der Ukraine, dieser Prozess sei noch nicht abgeschlossen. Auf jeden Fall würden aber die „hochwirksamen“ Sanktionen gegen Russland weiterhin eine wichtige Rolle spielen.

Auch Jürgen Trittin (Bündnis 90/Die Grünen) griff ein Thema des G7-Gipfels auf. Dort sei auch beschlossen worden, „den Kampf gegen den Klimawandel zu beschleunigen“, auch um die Abhängigkeit von Russland beim Thema Energie zu reduzieren. Der Bundeskanzler erklärte die Idee eines „Klimaclubs“, die er auf dem Gipfel vorgestellt habe: Darin würden sich Staaten, die wie Deutschland das Ziel verfolgten, klimaneutral zu werden, zusammentun.

Auf Nachfrage von Rasha Nasr (SPD) ergänzte Scholz, er werde die notwendigen Maßnahmen ergreifen, um Deutschland unabhängiger zu machen von sogenannten fossilen (also nicht-erneuerbaren) Energien. Und er werde die, die unter der aktuellen Knappheit litten, nicht alleine lassen, weder in Deutschland noch im Rest der Welt.

Thema Strafen gegen Russland

Steffen Kotré von der AfD-Fraktion warf dem Kanzler vor: „Wir stehen vor einem Scherbenhaufen Ihrer Politik, vor allem Ihrer Energie-Politik.“ Und weiter: „Sie provozieren, dass wir die Lieferungen aus Russland nicht bekommen.“ Deshalb stiegen die Preise in Deutschland. Die „nutzlosen“ Sanktionen gegen Russland schadeten nicht Putin, sondern Deutschland, sagte Kotré und seien somit „realitätsferne Politik gegen unsere Bevölkerung“.

„Realitätsfern ist das, was Sie sagen“, konterte Scholz. Die AfD nähme offenbar nicht zur Kenntnis, dass ein „furchtbarer, brutaler Krieg“ herrsche. Solidarität mit der Ukraine sei darauf „eine realitätsnahe Reaktion“. Im Übrigen treffe Deutschland Vorsorge dafür, dass es aus anderen Quellen genug Energie beziehe.

Thema Waffenlieferungen in die Ukraine

Jürgen Hardt (CDU/CSU) fragte nach den vom Bundestag beschlossenen Waffenlieferungen an die Ukraine: „Bei deutschen Rüstungsunternehmen stehen Panzer auf dem Hof, die nicht an die Ukraine geliefert werden können – woran liegt das?“ Scholz entgegnete, Deutschland habe schon sehr viel Hilfe geleistet und plane auch weitere Lieferungen, allerdings immer in Abstimmung mit seinen Verbündeten: „Alleingänge gibt es in dieser Sache nicht.“

Thema Preissteigerungen

Für die FDP sprach Christoph Meyer die gestiegenen Verbraucherpreise an und fragte nach steuerlichen Entlastungen für die Menschen. Der Kanzler erklärte, die schon umgesetzten Entlastungspakete zeigten, dass die Bundesregierung die Herausforderung für die Bürgerinnen und Bürger kenne und sie damit nicht alleine lasse. Er verwies auf die „Konzertierte Aktion“, die ein „schnelles, zügiges, zielgerichtetes“ Handeln in dieser Sache zum Ziel habe.

Thema Armut in Deutschland

Janine Wissler (Die Linke) sprach den kürzlich veröffentlichten Paritätischen Armutsbericht an, laut dem 13,8 Millionen Menschen und mehr als jedes fünfte Kind in Deutschland von Armut betroffen sei. Wissler forderte eine „deutliche Erhöhung“ der Hartz-IV-Sätze. „Glauben Sie, dass man mit 494 Euro über den Monat kommt? Glauben Sie, dass man mit 285 Euro ein Kind über den Monat bringen kann?“, fragte sie Scholz. Der antwortete: „Das ist nicht viel Geld. Da muss man hart rechnen und das tun viele Bürgerinnen und Bürger.“ Deshalb habe die Regierung gehandelt, etwa mit dem Heizkostenzuschuss, dem 9-Euro-Ticket oder auch der Entscheidung, den Mindestlohn anzuheben. Sie plane außerdem eine „Grundsicherung für Kinder“. „Das Thema bewegt uns und wir sind dran“, schloss der Kanzler.

Thema Fachkräftemangel

Ann-Veruschka Jurisch (FDP) sprach den Fachkräftemangel in Deutschland an, der derzeit besonders an den Flughäfen sichtbar werde, wo es immer wieder zu Ausfällen und Verspätungen käme, weil nicht genug Personal da sei. Jurisch fragte, was die Bundesregierung plane, um Deutschland zu einem „modernen Einwanderungsland“ zu machen. Scholz antwortete, man müsse zum einen generell bessere Arbeitsbedingungen schaffen, dafür sei die Erhöhung des Mindestlohns ein wichtiger Schritt. Zum anderen brauche man aber in der Tat auch Fachkräfte aus dem Ausland, deshalb wolle er die Fachkräfteeinwanderung erleichtern.

Thema Naturkatastrophen

Stefan Schmidt von der Grünenfraktion sagte, die Flutkatastrophe im Ahrtal vor einem Jahr habe bewiesen, „dass die Klimakrise in vollem Gang ist“. Er fragte, was die Bundesregierung gegen solche „Elementarschäden“ tun wolle. Scholz erklärte, man müsse die Möglichkeit solcher Naturkatastrophen künftig bei der Bauplanung bedenken und den Katastrophenschutz ausbauen, zum Beispiel indem man neue digitale Möglichkeiten für Warnsysteme nutze. Außerdem erarbeite die Bundesregierung derzeit einen Vorschlag für eine verpflichtende Versicherung gegen Elementarschäden.

Hier die ganze Regierungsbefragung im Video:

(jk)

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