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Praktikumsbetreuer „Viele Praktikanten sind begeistert“

Er leitet den sogenannten Etagendienst in der Bundestagsverwaltung und hat schon um die 450 Schüler-Praktikanten betreut. Was sie bei ihm lernen und worüber sie staunen, erzählt Sven Ullrich im Interview.

Praktikumsbetreuer Sven Ullrich vor seiner Bürowand, die voller Dankesbrief ist.

Das Büro ist voller Dankesschreiben von ehemaligen Praktikanten. © Jonas Geue

Wie viele Praktikanten haben Sie im Bundestag schon betreut?

Ich habe diese verantwortungsvolle Aufgabe zum 1. Dezember 2004 in unserem Referat übernommen. Seitdem waren in unserem Referat etwa 450 Praktikantinnen und Praktikanten. Zusätzlich haben wir noch knapp 100 Schülerinnen und Schüler, die in anderen Stellen der Bundestagsverwaltung ihr Praktikum gemacht haben, in unser Programm mit eingebunden.

Und die kamen aus ganz Deutschland in den Bundestag?

In meinem Büro hängt eine Karte, auf der markiert ist, von wo schon Praktikanten zu uns gekommen sind. Darauf gibt es nur noch einen weißen Fleck: das Saarland. Sonst kamen schon Jugendliche aus der ganzen Republik – aber auch aus Spanien, aus Italien und sogar aus Ägypten.

Sie arbeiten im Referat „Zentrale Assistenzdienste“. Was genau ist Ihre Aufgabe?

Unser Referat ist ein Dienstleistungsreferat und arbeitet den Abgeordneten zu. Da geht es viel um Organisatorisches und eben um das Erbringen von Dienstleistungen. Wenn Abgeordnete mit ihrem Büro umziehen, informieren wir andere Bereiche im Haus darüber. Das persönliche Zustellen wichtiger Unterlagen ist eine weitere Aufgabe. Solche Dinge. Wir sind oft erster Ansprechpartner und im allerbesten Sinne ‚Mädchen für alles‘.

Was lernen die Praktikanten bei Ihnen, welche Stationen durchlaufen sie?

Sie führen natürlich klassische Verwaltungstätigkeiten aus. Das Verfassen von Schreiben kann man hier beispielhaft nennen. Aber insgesamt ist es ein sehr politisches Praktikum, das wir anbieten. Die Jugendlichen sollen hier wirklich den Bundestag als Ganzes erleben. Sie sollen etwas über die Geschichte des Hauses und die Geschichte der Bundesrepublik im Allgemeinen lernen. Wir erarbeiten uns zum Beispiel auch auf spielerische Art gewisse Bereiche des Staatsrechts. Ganz wichtige Stationen sind Besuche von Ausschusssitzungen und Plenarsitzungen sowie Gespräche mit Abgeordneten „unter vier Augen“ oder auch in kleiner Runde, die wir für alle Praktikanten organisieren.

Ist Ihnen eins dieser Abgeordnetengespräche besonders in Erinnerung geblieben?

Ein einziges aus mehr als 1.500 Gesprächen herauszugreifen, ist gar nicht möglich und würde der Vielzahl an Unterstützerinnen und Unterstützern auch nicht gerecht werden. Vorrangig sind es die Abgeordneten aus den Wahlkreisen, bei denen wir nachfragen. Wir waren aber auch schon bei Parlamentarischen Staatssekretären, bei Parlamentarischen Geschäftsführern sowie bei Ausschussvorsitzenden. Oft sind es gerade die Fachpolitiker, die tief im ihrem Thema stecken und so leidenschaftlich für ihre Sache kämpfen, dass sie die Jugendlichen tief beeindrucken.

Viel wichtiger als große Namen ist aber, wie diese Gespräche ablaufen. Ich erlebe immer wieder, dass die Abgeordneten sehr wertschätzend, respektvoll und ehrlich mit den jungen Leuten umgehen. Das freut mich unheimlich – und ich denke, das gibt den jungen Menschen etwas mit, wovon sie lange zehren können.

Was nehmen sie aus diesen Gesprächen mit?

Die Erkenntnis, dass Abgeordnete ganz normale Menschen sind, mit denen man ins Gespräch kommen kann. Oft gibt es Vorurteile über Politik, die die jungen Menschen in der Familie, in der Schule oder im Freundeskreis vermittelt bekommen. Die aufzubrechen, ist schon ein Wert für sich. Die Jugendlichen merken hier: Wenn ich mich gut vorbereite, interessiert und höflich ins Gespräch gehe, dann kann ich alles fragen. Ich kann auch kritisch nachfragen – und bekomme in den allermeisten Fällen eine sehr ehrliche Antwort. Das ist für die meisten eine sehr positive Erfahrung.

Welche Rückmeldungen bekommen Sie von den Praktikanten?

Man kann natürlich nie davon ausgehen, dass alles allen gefällt. Aber die übergroße Anzahl der Rückmeldungen ist positiv. Die jungen Menschen freuen sich, dass man ihnen auf Augenhöhe begegnet. Hier wird niemand an den Kopierer geschickt, die Praktikanten werden mit vernünftigen Aufgaben eingebunden. Oft sind sie positiv überrascht, wie zugänglich die Abgeordneten sind und wie sehr sie auch die jungen Menschen ermutigen, selbstbewusst eigene Ideen und Ansprüche zu formulieren. Das begeistert viele unserer Praktikanten und motiviert sie häufig auch, selbst politisch aktiv zu werden.

Kommt es vor, dass Sie ehemalige Praktikanten später als Azubis oder Mitarbeiter im Bundestag wiedertreffen?

Es ist besonders schön, dass sehr viele junge Leute sich Jahre, teilweise Jahrzehnte später melden. Sie studieren dann Jura oder Verwaltungswissenschaften – oder machen tatsächlich eine Ausbildung bei uns im Bundestag. Erst kürzlich habe ich eine neue Praktikantin beim Personalreferat abgeholt, da kommt mir eine junge Frau entgegen. Wir schauten uns an und mussten schmunzeln. Nele war 2011 bei uns Praktikantin und letztes Jahr ist sie mit ihrem Jura-Studium fertig geworden. Im Referat Ausbildung, Fortbildung, Sozialaufgaben ist sie jetzt als Geprüfte Rechtskandidatin tätig.

Andere ehemalige Praktikantinnen sind zum Beispiel als wissenschaftliche Mitarbeiterinnen tätig oder als Mitarbeiterinnen bei Abgeordneten.

Über Sven Ullrich

Sven Ullrich (42) absolvierte nach der Schule bei der Stadtverwaltung Erfurt den Vorbereitungsdienst zum Beamten im mittleren nichttechnischen Dienst. Anschließend bewarb er sich beim Bundestag – damals noch in Bonn – und wurde im Etagendienst eingestellt. Dort ist er seit 23 Jahren tätig, inzwischen als Leiter.

(jk)

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