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Erfahrungsbericht Internationales Parlaments-Stipendium

Von Skopje nach Berlin – Mein IPS-Erlebnis

Nedina Gjorgjieva

Diskussionen, Kompromisse, Currywurst: Nedina aus Nordmazedonien durfte als Teilnehmerin des Internationalen Parlaments-Stipendiums (IPS) den Bundestag, deutsche Politik und Berlin besser kennenlernen. Über diese spannende Zeit berichtet sie hier.

Eine junge Frau steht in einem großen Foyer und lächelt in die Kamera.

Nedina im Paul-Löbe-Haus. © privat

Mein Name ist Nedina Gjorgjieva, ich komme aus dem sonnigen Süden Nordmazedoniens – einem Land, das sich zwar geografisch klein anfühlt, in dem aber viele große Geschichten, herzliche Menschen und eine reiche Kultur stecken. Anfang des Jahres durfte ich Teil eines Programms werden, das mich mitten ins Herz der deutschen Demokratie führte: das Internationale Parlaments-Stipendium (IPS) des Deutschen Bundestages.

Wie ich dazu kam? Nennen wir es eine Mischung aus Neugier, etwas Glück und dem Wunsch, die Welt ein bisschen besser zu verstehen. Und dann stand ich plötzlich im Bundestag, zwischen Porträts von Konrad Adenauer und streng blickenden Sicherheitsleuten – mit einem Kaffee in der Hand, der genauso stark war wie die Plenardebatten, die ich bald verfolgen würde.

Erste Eindrücke

Ankommen in Berlin ist ein Erlebnis für sich. Riesig, laut, chaotisch. Die ersten Tage im Bundestag waren wie ein Bootcamp. 91 Stipendiatinnen und Stipendiaten aus aller Welt wurden durch die Sicherheitschecks geschleust, mit Namensschildchen und Bundestagsausweisen versorgt. Und dann ging’s los: Orientierungswoche, Einführungsvorträge, der erste Blick in den Plenarsaal.

Eine Gruppe junger Menschen steht auf dem Dach des Bundestages vor der Reichstagskuppel und lächelt in die Kamera.

Gemeinsam vor der Reichstagskuppel. © privat

Das Praktikum

Ich hatte die große Ehre, mein Praktikum bei Dr. Carolin Wagner (SPD) zu absolvieren – einer Abgeordneten mit einem beeindruckenden Engagement für Gleichstellung, Forschung und digitale Politik. Von Tag eins an wurde ich nicht „nur“ als Praktikantin behandelt, sondern als Teil des Teams.

Mein Arbeitsalltag? Eine bunte Mischung aus Recherche, dem Verfassen von Kurzbriefings sowie des Newsletters – und, ja, dem einen oder anderen verzweifelten Kampf mit dem Drucker.

Drei Frauen stehen Arm in Arm vor der Spree, hinter ihnen ist der Reichstag zu sehen.

Erstes Teamfoto im Abgeordnetenbüro: (von links nach rechts) Charlotte, Nedina und Dr. Carolin Wagner. © privat

Ein Aha-Moment war definitiv meine erste Teilnahme an einer Ausschusssitzung. Live dabei zu sein, wenn Gesetzesentwürfe diskutiert, gestritten und manchmal auch einfach zerredet werden, das hat mir gezeigt, wie komplex (und ehrlich gesagt: wie menschlich) Politik sein kann.

Die großen Highlights

Während meines IPS gab es immer wieder besondere Momente, die mir noch lange im Kopf bleiben werden.

Deutsche Welle in Bonn – Medien und Meinung weltweit
Ein Tag bei der Deutschen Welle war wie ein Crashkurs in globalem Journalismus. Wir trafen Redakteurinnen und Redakteure, die sich mit Regionen von Afrika bis Südamerika beschäftigen, diskutierten über Fake News, Medienfreiheit und wie unterschiedlich das Weltgeschehen aus verschiedenen Perspektiven wahrgenommen wird. Besonders beeindruckt hat mich, wie offen der Austausch war. Wir durften nicht nur zuhören, sondern auch unsere Sichtweisen einbringen.

Auf der Bühne in einem Tagungsraum halten sich fünf Leute auf, vor ihnen sitzt ein Publikum.

Zu Besuch bei der Deutschen Welle in Bonn. © privat

Kloster Banz – Politik trifft Klostermauern
Seminare der Hanns-Seidel-Stiftung in einem alten Kloster? Klingt nach Harry Potter auf Bayerisch und war tatsächlich magisch. Tagsüber diskutierten wir über Demokratieförderung, politische Bildung und gesellschaftlichen Zusammenhalt, abends mit einem Bier in der Hand. Wir merkten schnell, dass die spannendsten Debatten oft nach dem offiziellen Programm passieren.

Eine Gruppe junger Leute posiert für ein Gruppenfoto vor einem herrschaftlichen Gebäude.

Seminarpause vor dem Kloster Banz. © privat

Der IPS-Empfang – Einmal um die Welt in drei Stunden
An einem Abend durch 38 Länder reisen, ohne den Bundestag zu verlassen? Beim IPS-Empfang war das möglich. Wir Stipendiatinnen und Stipendiaten durften unsere Heimatländer vorstellen: mit Musik, Essen, Tänzen, Kleidung und viel Herzblut. Es war laut, bunt und wunderschön. Einfach unvergesslich!

Zwei Frauen und ein Mann stehen vor einem reich gedeckten Tisch.

Nedina, Medjen und Rosana repräsentieren Nordmazedonien beim IPS-Empfang. © privat

Ein Gespräch mit Angela Merkel – Ja, wirklich!
Ich hätte es selbst kaum geglaubt, aber ja: Wir durften Angela Merkel treffen. Für mich war es einer dieser „Ich-muss-mich-mal-kneifen“-Momente. Und ja, ein bisschen aufgeregt war ich schon. Wer wäre das nicht?

Eine große Gruppe posiert für ein Foto.

Gemeinsames Gruppenfoto mit Angela Merkel. © ©DBT/Gabi Haur

Was ich gelernt habe?

Im Bundestag trifft man auf ganz verschiedene Sichtweisen. Ich habe schnell gemerkt: Es geht nicht darum, immer Recht zu haben. Viel wichtiger ist es, gut zuzuhören auch dann, wenn man völlig anderer Meinung ist. Zuhören, nachfragen, respektieren – das ist für mich heute wichtiger als jedes Argument.

Kompromisse sind kein Zeichen von Schwäche. Ich dachte früher oft, ein Kompromiss bedeutet, dass niemand bekommt, was er will. Aber in der Politik habe ich gelernt: Ein Kompromiss kann ein echter Erfolg sein, wenn alle Seiten gehört wurden und man gemeinsam weiterkommt.

Netzwerke, Freundschaften und Momente fürs Leben

Ich habe tolle Freundschaften mit anderen Stipendiatinnen und Stipendiaten aus aller Welt geschlossen. Es war faszinierend, wie unterschiedlich Politik in ihren Ländern funktioniert, und trotzdem hatten wir so viele ähnliche Fragen und Hoffnungen. Mein Lieblingsmoment außerhalb des Bundestags? Ganz klar: ein gemeinsames Picknick an der Spree mit viel Lachen, Musik und Berliner Currywurst – typisch deutsch und trotzdem multikulturell.

Eine Gruppe junger LEute hält sich am grasigen Ufer eines Flusses auf. Teilweise sitzen sie auf Decken und halten Getränke in der Hand.

Die Stipendiatinnen und Stipendiaten beim Picknick an der Spree. © privat

Ein Blick nach vorne

Was nehme ich mit? Den Mut, mich weiter für politische Themen einzusetzen – sei es in Nordmazedonien oder wo auch immer ich lebe. Neue Ziele? Auf jeden Fall! Ich will noch mehr über Demokratie lernen und sie für mehr Gerechtigkeit nutzen. Das IPS hat mir gezeigt: Politik ist nicht nur etwas für Erwachsene in Anzügen, sondern für uns alle – jung, neugierig und bereit, mitzumischen.

Mitmischen-Autorin

Nedina Gjorgjieva

Nedina kommt aus Nordmazedonien. Sie hat Englisch und Deutsch studiert und ihren Master in Europäischen Studien abgeschlossen. Im Rahmen des Internationalen Parlaments-Stipendiums (IPS) hat sie fünf Monate im Deutschen Bundestag gearbeitet. Beruflich ist sie im Marketing tätig – insbesondere als SEO Specialist und Content Writer, wodurch das Schreiben von Texten zu ihrer großen Leidenschaft geworden ist.

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