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Lage im Iran Solidarität mit Frauen gefordert

Die Proteste im Iran beschäftigten auch die Abgeordneten im Deutschen Bundestag. Bereits zweimal debattierten die Fraktionen über Solidarität, Sanktionen und Schutz für Iraner, die in Deutschland leben.

Zwei junge Frauen auf einer Demonstration, rechts und links von ihnen sind Pappschilder zu sehen.

Auch in Deutschland gehen Menschen in Solidarität mit den Protestierenden im Iran auf die Straße, hier in Düsseldorf.© picture alliance/NurPhoto/Ying Tang

Seit Mitte September protestieren die Menschen im Iran gegen ihre Regierung. Entzündet hatten sich die Proteste an dem Tod der 22-jährigen Mahsa Amini, einer jungen Iranerin, die aus Kurdistan stammt. Sie wurde von der Sittenpolizei wegen des angeblichen Verstoßes gegen die islamische Kleiderordnung festgenommen. Was genau nach der Festnahme geschehen ist, ist unklar. Aber Amini starb wenig später in einem Krankenhaus - offiziellen Angaben zufolge an einem Herzinfarkt. Viele Iranerinnen und Iraner glauben nicht daran und führen ihren Tod auf Polizeigewalt zurück.

Die Abgeordneten des Bundestages haben sich in den vergangenen Monaten mehrfach mit dem Thema beschäftigt. Die Fraktionen diskutierten in zwei Debatten über drei verschiedene Anträge.

Antrag der Unionsfraktion besprochen

Bereits am 12. Oktober wurde eine Vorlage der Unionsfraktion im Plenum besprochen. Im Antrag mit dem Titel „Iranische Protestbewegung entschlossen unterstützen – Den Testfall einer frauenorientierten Außenpolitik zum Erfolg machen“ forderten die Fraktionsabgeordneten, Maßnahmen zur Unterstützung der Protestbewegung auszuweiten. Dies solle etwa geschehen, indem man der iranischen Bevölkerung Zugang zu Kommunikationsmedien ermögliche. Außerdem sprachen sich die Abgeordneten dafür aus, einen Sonderrat der EU zur Lage im Iran einzusetzen, EU-Sanktionen auf das iranische Regime zu erweitern und demokratische oppositionelle Iraner im Exil in Deutschland zu unterstützen. Nach rund 40-minütiger Aussprache wurde der Antrag zur weiteren Beratung an die Ausschüsse überwiesen, der Auswärtige Ausschuss hat die Federführung übernommen.

Zweite weitere Anträge diskutiert

Im Antrag der Regierungsfraktionen, über den das Plenum am 9. November 2022 debattierte, forderten die Abgeordneten, die Protestbewegungen im Iran zu unterstützen und Druck auf das Regime in Teheran aufrechtzuerhalten. Unter anderem solle deshalb in den Gremien der Vereinten Nationen die Gewalt gegen die Demonstrierenden auf internationaler Ebene verurteilt werden.

Außerdem forderten die Abgeordneten, Sanktionen auf EU-Ebene vorzubereiten – etwa in Form von Visa-Sperren – und Verschärfungen von Handelssanktionen zu prüfen. Und im Iran verfolgten Personen solle in Deutschland der „erforderliche Schutz gewährt werden“. Der Antrag wurde angenommen, dafür gestimmt haben die Koalitionsfraktionen, AfD- und Linksfraktion haben sich enthalten.

Antrag der Linksfraktion abgelehnt

Die Linksfraktion forderte in einem eigenen Antrag, Verfolgte aufzunehmen und ihnen eine sichere Einreise nach Deutschland und in die EU zu ermöglichen und geplante Abschiebungen in den Iran zu stoppen. Zudem sollte auf internationaler Ebene eine UN-Untersuchungskommission eingesetzt und sichergestellt werden, dass Deutschland keinen „sicheren Hafen“ für Personen biete, die an den Verbrechen im Iran beteiligt seien. Der Antrag der Linksfraktion fand am 9. November keine Mehrheit im Plenum.

Die Fraktionsmeinungen aus der Debatte am 9. November haben wir unten für euch zusammengefasst. Die vorherige Debatte findet ihr hier.

SPD: „Frauenrechte bestehen von Geburt an“

Mahsa Aminis Tod sei kein Unfall gewesen, sondern Mord, sagte Kaweh Mansoori von der SPD-Fraktion. Die Menschen, die seitdem auf die Straßen gingen, forderten einen Iran, in dem man nicht zu jeder Zeit an jedem Ort von Sittenpolizei oder Revolutionsgarden verhaftet, gefoltert oder getötet werden könne. Mehrere hundert Menschen seien seit Beginn der Proteste getötet worden. Man wolle den Machthabern im Iran das Leben so schwer wie möglich machen.

Außerdem müsse man humanitäre Visa vergeben und Asylverfahren für Iranerinnen und Iraner erleichtern. Das sei Solidarität, so Mansoori. Frauen- und Menschenrechte seien etwas, das nicht gegeben werden müsse, sondern sie bestünden von Geburt an.

CDU/CSU: „Politik des minimalen Drucks“

Im Iran ginge es nicht nur um Proteste, es sei eine revolutionäre Bewegung im Gange, sagte Norbert Röttgen von der Unionsfraktion. Er kritisierte, dass die Dimensionen dieser Bewegung im Antrag der Regierungsfraktionen nicht deutlich würden. Es brauche aber maximalen Druck auf das Regime und maximale Unterstützung für die Protestierenden. Röttgen sprach von „Minisanktionen“, die im Antrag der Koalitionsfraktionen gefordert würden. Dies sei eine „Politik des minimalen Drucks auf das Regime“. Er fragte, was die Regierung vorhabe, sollte die Revolution scheitern und die Protestierenden wie angekündigt hingerichtet werden.

Abschließend appellierte er, Deutschland solle sich auf der richtigen Seite der Geschichte positionieren.

Grüne: „Es muss alles rechtssicher sein“

Bundesaußenministerin Annalena Baerbock von der Fraktion Bündnis 90/Die Grünen reagierte in ihrer Rede auf die Kritik Röttgens. Wenn man wolle, dass Personen zur Rechenschaft gezogen würden, reiche es nicht, reflexhaft zu reagieren. Man müsse stattdessen sicherstellen, dass entsprechende Maßnahmen rechtssicher ergriffen werden können. Nur dann könne man den Iranerinnen und Iranern versprechen: „Ich stehe an eurer Seite“.

Baerbock nannte die Namen einiger Kinder, die während der Proteste getötet wurden und betonte, man wolle ihre Stimmen in die Welt tragen. Auf die Kritik, die Regierung übe nicht genug Druck aus, entgegnete Baerbock, man wolle nicht nachlassen und werde jeden Tag versuchen, weitere Sanktionspakete auf den Weg zu bringen.

FDP: „Im Iran passiert eine Revolution“

Was im Iran gerade passiere, sei eine Frauenrevolution, sagte Renata Alt von der FDP-Fraktion. Man müsse den Frauen solidarisch zur Seite stehen. 300 Menschen seien bisher bei den Protesten getötet, 15.000 verhaftet worden, so Alt. Zwei Drittel der Abgeordneten im Iran forderten jetzt harte Urteile, teilweise die Todesstrafe. Parlamentarier, die die Todesstrafe für Demonstranten forderten, gehörten für sie auf die Sanktionslisten, so Alt. Der Antrag der Ampelkoalition gehe ihr nicht weit genug, es müssten rasch weitere personenbezogene Sanktionen gegen führende Vertreter des Regimes folgen.

AfD: „Entsetzlicher Zustand in Sachen Außenpolitik“

Jürgen Braun von der AfD-Fraktion sprach von einem „entsetzlichen Zustand in Sachen Außenpolitik“. Er kritisierte, dass sich Parteien, die sich nie kritisch zum Thema Kopftuch geäußert hätten, nun als Unterstützer der Proteste inszenierten. Er finde das widersprüchlich, da die Proteste sich am Kopftuchzwang entzündet hätten. Zudem sei das Regime im Iran lange von „den europäischen Linken hofiert und gestützt worden“, sagte Braun. Er forderte, dass man das Verhalten der iranischen Regierung als brutalen islamistischen Terror“ bezeichnen solle.

Linke: „Umfassenden Schutz gewähren“

Es sei Zeit für eine feministische Außenpolitik, die sich solidarisch mit den Protestierenden zeige, sagte Gregor Gysi von der Linksfraktion. Die deutsche Botschaft im Iran versage derzeit aber Touristenvisa aus Angst, die Iraner könnten einen Asylantrag in Deutschland stellen, kritisierte er. Es sei das Mindeste, Iranerinnen und Iranern, die vor dem Regime geflogen seien, umfassenden Schutz zu gewähren. Außerdem müsse man politische und wirtschaftliche Beziehungen nutzen, damit sich das Verhältnis zur Gewalt und zu den Frauenrechten im Iran grundsätzlich veränderte, so Gysi abschließend.

Die komplette Bundestagsdebatte seht ihr hier im Video, das Protokoll findet ihr wie immer auf bundestag.de.

(Mira Knauf)

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