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Leben in der Großstadt Frust bei der Wohnungssuche

Eine Wohnung in deutschen Großstädten zu finden, ist oft schwierig. Besonders Studenten und Azubis haben es schwer. Von frustrierenden Absagen, Vorurteilen und Betrügertricks erzählen Jule aus Köln und Philipp aus Berlin.

Das Bild zeigt bunte historische Häuser in Köln. Menschen sitzen davor auf einer sonnigen Wiese.

In Köln sind besonders die Viertel auf der linken Rheinseite begehrt. Auch Jule würde gerne in der Nähe des Doms wohnen. © trabantos/Shutterstock

Menschengruppen sitzen auf einer Wiese vor einer bunten Häuserzeile in Köln

In Köln sind besonders die Viertel auf der linken Rheinseite begehrt. Auch Jule würde gerne in der Nähe des Doms wohnen.© trabantos/Shutterstock

Jule, 19, Köln, Auszubildende zur Konditorin

Ich komme ursprünglich aus der Nähe von Stuttgart und mache eine Ausbildung zur Konditorin in Köln. Nach einer Wohnung suche ich seit ungefähr einem Jahr. Gerade wohne ich zur Untermiete in einer Einzimmerwohnung, muss hier aber Ende März raus. Diese Wohnung habe ich über eine Freundin gefunden.

Wenig Angebote, kaum Rückmeldungen

Die Wohnungssuche empfinde ich insgesamt als nervig, anstrengend und langwierig. Ich suche über alle möglichen Portale: Immobilien-Scout, Immo-Welt, WG-Gesucht, Ebay-Kleinanzeigen und ich habe sogar mal über Instagram einen Aufruf gemacht, aber darüber hat sich leider nichts ergeben.

Es gibt in Köln sehr wenige, aber teure Wohnungen. Gerade als Azubi oder Student hat man natürlich nicht das Riesen-Budget zur Verfügung. Zu 99 Prozent bekomme ich außerdem gar keine Rückmeldung, wenn ich mich auf Wohnungsangebote melde.

Keine Chance ohne Premium-Abo

Viele Inserate sind sehr ungenau, oft sind keine Bilder drin. Manchmal weiß ich überhaupt nicht, ob ich mit dem Vormieter oder dem Vermieter schreibe. Bei Immobilien-Scout braucht man ein sehr teures Abo, um die Anbieter überhaupt kontaktieren zu können. Wer einen Premium-Account hat, dessen Nachrichten werden im Postfach des Vermieters weiter oben angezeigt. Bei hoher Nachfrage wird deine Nachricht ohne Premium-Account so weit unten landen, dass der Anbieter sie überhaupt nicht liest. Eine Zeitlang hatte ich das Abo über meine Mutter, aber für mich ist das einfach zu viel Geld.

Alte Möbel und keine Küche

Ein weiteres Problem: Es werden häufig teil- oder vollmöblierte Zimmer angeboten, oft sind die Möbel altmodisch und unpraktisch, sodass sowieso schon winzige Wohnungen noch kleiner wirken. Ich möchte viel lieber in eine Wohnung ziehen, die leer ist, die ich einrichten und mich dort wohlfühlen kann.

Manchmal werden auch „Pantry-Küchen“ angeboten. In Wahrheit steht aber ein Holzregal oder Hocker irgendwo in der Wohnung, auf dem zwei mobile Herdplatten stehen und in der nächsten Ecke ist dann noch ein provisorisches Waschbecken und ein Kühlschrank platziert. Das als Küche zu bezeichnen, finde ich nicht richtig.

Wenn es mal billigere Wohnungen gibt, liegen die schlecht: Entweder sehr weit draußen oder direkt an der Hauptstraße mit dünnen Fenstern, sodass an Schlaf gar nicht zu denken ist. Und ich komme durch meine Arbeitszeiten manchmal sehr spät nach Hause, da möchte ich nicht lange durch unbelebte Gegenden laufen.

Schwierigkeiten bei den Besichtigungen

Besichtigungen sind ziemlich selten. Wenn mir ein Termin angeboten wird und ich zu dem Zeitpunkt nicht kann, weil ich arbeiten muss, habe ich eben Pech gehabt. Einen zweiten Termin gibt es nicht. Die Besichtigungstermine finden häufig in Massenabfertigung statt und die Leute sind oft unfreundlich.

Einzimmerwohnungen habe ich bisher sechs angeguckt, hier kommt es auch häufiger vor, dass spontan Besichtigungstermine einfach abgesagt werden. Das ist besonders doof, wenn man – so wie ich am Anfang – extra von weiter weg anreist. Oft geht es bei den Besichtigungen auch um hohe Abschlagssummen: Eine Azubi-Kollegin hat beispielsweise eine Abschlagssumme von 6.000 Euro für Möbel, die sie übernommen hat, bezahlt.

Neue Hoffnung – vielleicht eine Zusage?

Inzwischen suche ich nicht mehr so sehr nach einem WG-Zimmer. Da hängt es noch zusätzlich von deinem Charakter ab, ob du die Wohnung bekommst. Denn bei WG-Zimmern entscheiden ja auch die anderen Bewohner, ob es passt.

Letzte Woche habe ich sogar eine Zusage für eine Wohnung bekommen, habe aber danach nichts mehr vom Vermieter gehört. Auf den Mietvertrag warte ich noch, deswegen möchte ich mich darauf nicht verlassen, aber ich hoffe sehr, dass ich jetzt aufhören kann, zu suchen. Die Wohnung wäre in der Nähe des Kölner Doms, da ist auch meine Arbeit.

Wohnungsmarkt in Köln

Etwas über eine Million Menschen leben derzeit in Köln, über 100.000 davon sind Studenten. Häufige Ein- und Auszüge führen zu einer hohen Neuvermietungsquote und steigenden Mieten. Der Quadratmeterpreis für Mietwohnungen lag im vergangenen Jahr im Schnitt bei 12,5 Euro kalt. Kleinere und zentral gelegene Mietwohnungen sind oft deutlich teurer. Eine Suche bei Immobilien-Scout zeigt: In Uni-Nähe zahlt man schnell mal um die 20 Euro pro Quadratmeter kalt. Auf WG-Gesucht sind derzeit 25.000 Gesuche online, gleichzeitig gibt es nur 860 Zimmer-Angebote.

(Stand: März 2022)

Zwei junge Männern liegen auf einer Matratze, die sich in einem Transporter befindet. Sie lachen und verschränken die Arme hinter dem Kopf.

Der Einzug in eine gemeinsame WG hat leider nicht geklappt: Philipp (links) und sein Freund Hans (rechts). © privat

Philipp, 18, Berlin, BWL-Student

Ich habe vor über einem Jahr angefangen, nach einer Wohnung in Berlin zu suchen. Damals wollte ich zusammen mit einem Freund eine WG gründen. Die Suche war aber so schwierig, dass es nicht dazu gekommen ist. Mittlerweile bin ich in die WG meiner Freundin mit eingezogen. Wir wohnen gerade in Berlin-Zehlendorf.

Viele Strategien, wenig Erfolg

Ich studiere im ersten Semester Betriebswirtschaftslehre an der Freien Universität in Berlin-Dahlem. Zu Beginn der Wohnungssuche habe ich vor allem über Immobilien-Scout gesucht, da hatte ich sogar den Premium-Account. Wobei ich nicht das Gefühl hatte, dass das viel gebracht hat. Außerdem habe ich über Ebay-Kleinanzeigen und bei Immo-Welt gesucht. Natürlich haben wir auch versucht, über Freunde und Kontakte an eine Wohnung zu kommen.

Keine der Strategien war erfolgreich, obwohl ich sehr, sehr viele Anfragen rausgeschickt habe. Sobald eine neue Anzeige gelistet wurde, habe ich direkt einen Text rausgeschickt, den ich sehr mühevoll formuliert hatte, so dass wir sympathisch wirkten. Zuvor hatte ich in einem Ratgeber nachgesehen, welche Punkte in so einer Nachricht unbedingt vorkommen sollten. Ich hatte auch schon alle Unterlagen parat, inklusive Bürgschaft meiner Eltern. Bei Immobilien-Scout hatte ich ein komplettes Portfolio angelegt.

Achtung, Betrüger

Meistens habe ich nicht mal eine Antwort bekommen. Von 20 verschickten Anfragen habe ich vielleicht in einem Fall eine Rückmeldung bekommen, das war dann eine Absage.

Wenn sich jemand gemeldet hat, waren das häufig Fake-Profile, das heißt Nutzer geben sich als jemand aus, der sie nicht sind und tun so, als hätten sie eine Wohnung anzubieten. In einem Fall hat sich jemand gemeldet und als Frau ausgegeben, die in den Niederlanden wohnt und hier angeblich einige Häuser besitzt. Sie hat uns gesagt, wir sollten die Wohnung über Airbnb, ein Portal für Ferienwohnungen, buchen. Darüber sollten wir im Voraus eine Monatsmiete bezahlen, damit wir die Wohnung überhaupt persönlich angucken dürfen. Falls sie uns dann nicht gefallen würde, hätten wir stornieren und das Geld zurückbekommen können, so die Frau. Ich hatte über Freunde gehört, dass das Quatsch ist und wenn man einen Blick in die Airbnb-AGBs wirft, merkt man auch sofort, dass diese Angaben nicht stimmen können.

Man muss schon echt aufpassen, dass man nicht auf unseriöse Geschichten hereinfällt. Ich glaube, auf Ebay-Kleinanzeigen ist das noch mal schlimmer. Da wird die Situation hier in Berlin ausgenutzt, Betrüger haben leichtes Spiel: Denn eine kleine Anzahlung von beispielsweise 300 Euro würde wohl jeder Berliner auf Wohnungssuche sofort zahlen, wenn es dafür das Versprechen gibt, dass man weiter in der Auswahl bleibt.

Junge Leute sind unbeliebt

Mittlerweile suche ich eine Wohnung mit meiner Freundin, sie ist 19, ich bin 18. Wir suchen zwei Zimmer, Küche, Bad. Und man merkt, dass einfach viele Menschen Vorurteile haben, sobald es um junge Leute geht. Ich wurde schon mehrmals gefragt, ob wir laut seien und viel feiern würden, das ist doch Klischee-Denken.

Wohnungssuche: stressig und zeitintensiv

Die Wohnungssuche ist insgesamt sehr stressig und zeitintensiv. Man macht sich auch schnell falsche Hoffnungen und wird dann doch wieder enttäuscht. Ich hatte zwar erwartet, dass es schwierig wird, eine Wohnung zu finden, hatte aber auch von einigen Freunden gehört, dass man schon Glück haben kann und darauf gehofft. Ohne Kontakte scheint hier allerdings wenig zu funktionieren, meine Freundin hat ihre Wohnung zum Beispiel über die Kontakte des Vermieters ihrer Mutter gefunden.

In Dahlem gibt’s nur die Villen

Ursprünglich komme ich aus Potsdam, zur Not hätte ich also auch bei meinen Eltern wohnen bleiben können, aber das wäre sehr weit zur Uni gewesen. Außerdem wollte ich auch gerne ausziehen. Direkt in Uni-Nähe bekommt man in Dahlem gefühlt nur Villen. In Zehlendorf gibt es schon ein paar ältere Häuser, die erschwinglicher sind. Insgesamt wohnen hier aber wenig Studenten.

In letzter Zeit habe ich weniger Zeit in die Wohnungssuche investiert, da wir ja eine Bleibe hatten. In der Hochphase sind dafür sicherlich ein bis zwei Stunden am Tag drauf gegangen.

Vor ein paar Tagen haben wir nun endlich eine Zusage für eine Wohnung in Zehlendorf bekommen. Natürlich lief das wieder über Kontakte.

Wohnungsmarkt in Berlin

In Berlin leben 3,7 Millionen Menschen, davon sind etwa 190.000 Studenten. Im Schnitt bezahlt man in Berlin 14,75 Euro Kaltmiete pro Quadratmeter. Auf dem Portal WG-Gesucht findet man mitunter möblierte 11-Quadratmeter-Zimmer für 435 Euro, ob noch Nebenkosten hinzukommen, ist unklar. Das entspräche einem Quadratmeterpreis von fast 40 Euro. Außerdem klaffen Angebot und Nachfrage weit auseinander: 87.000 Gesuche sind hier online, aber nur 2.200 Angebote.

(Stand: März 2022)

(mk)

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