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Berufsbildungsbericht Wie geht es den Azubis?

Die Corona-Pandemie hatte drastische Auswirkung auf den Ausbildungsmarkt. Wie hat sich die Situation für Azubis und Bewerber 2021 entwickelt? Der Berufsbildungsbericht der Bundesregierung gibt Aufschluss, das Parlament debattierte zu dem Thema.

Ein junger Mann und eine junge Frau im Overall stehen vor einer offenen Motorhaube und blicken in die gleiche Richtung und lächeln. Beide tragen Schutzbrillen.

Im vergangenen Jahr hat es laut Berufsbildungsbericht 2022 viele unbesetzt Ausbildungsstellen gegeben, gleichzeitig gab es auch viele Bewerber, die keinen Ausbildungsplatz gefunden haben.© Shutterstock/Monkey Business Images

Im Mai wurde der Berufsbildungsbericht 2022 der Bundesregierung veröffentlicht. Das Bundesministerium für Bildung und Forschung hat den gesetzlichen Auftrag, die Entwicklungen rund um das Thema berufliche Bildung zu beobachten. Mit dem Berufsbildungsbericht kommt das Ministerium diesem Auftrag nach. Am 23. Juni berieten die Abgeordneten im Bundestag erstmals über den Bericht.

Was steht in dem Bericht?

Der Bericht bildet einmal im Jahr die Situation auf dem Ausbildungsmarkt ab. Es geht also vor allem um Zahlen, Daten, Fakten zum Thema Berufsausbildung. Der Bericht wird außerdem ergänzt durch einen Datenreport des Bundesinstituts für Berufsbildung (BIBB). Auch dieser Report erscheint demnach einmal im Jahr und enthält weitere Informationen und Analysen rund um das Thema berufliche Bildung.

Der Bericht 2022

Der Berufsbildungsbericht beschäftigt sich immer mit dem vergangenen Jahr, somit bezieht sich der aktuelle Bericht auf die Situation im Jahr 2021. Auch im zweiten Corona-Jahr lässt sich der Einfluss der Pandemie auf die Ausbildungssituation in Deutschland erkennen. 2020 war die Zahl der abgeschlossenen Ausbildungsverträge erstmalig seit 1992 auf unter 500.000 gesunken. 2021 hat sich der Ausbildungsmarkt im Vergleich zum Vorjahr leicht erholt, liegt aber noch deutlich unter dem Niveau von 2019. Im vergangenen Jahr wurden so rund 473.100 Ausbildungsverträge abgeschlossen, das sind 1,2 Prozent mehr als 2020.

Es gab auch wieder etwas mehr Ausbildungsstellen als im Vorjahr: So ist das Ausbildungsangebot um 1,7 Prozent auf 536.200 Ausbildungsstellen gewachsen. Und im vergangenen Jahr suchten 497.700 Personen einen Ausbildungsplatz, das sind fast genauso viele junge Menschen wie 2020. Aber Angebot und Nachfrage waren dennoch auch in diesem Jahr niedriger als vor der Pandemie.

Der Bericht macht außerdem ein Missverhältnis zwischen Ausbildungsstellen und erfolglosen Bewerbern deutlich: So gab es 63.200 unbesetzte Ausbildungsstellen und 24.600 Bewerber, die keine Stelle gefunden haben.

Der Bericht, zwei Debatten, zwei Anträge

In der Debatte zum Berufsbildungsbericht im Bundestag ging es aber auch um die Bafög-Reform. Mehr zum Thema Bafög könnt ihr in unserem Top-Thema dazu nachlesen. Außerdem wurden am selben Tag in einer weiteren Debatte Anträge der CDU/CSU-Fraktion und der Linksfraktion beraten, in denen es um das Thema Berufsausbildungen ging. So fordert die Unionsfraktion in ihrem Antrag, die berufliche Bildung angesichts des Fachkräftemangels zu stärken. Die Linksfraktion fordert in ihrem Antrag, mehr Ausbildungsplätze zu schaffen und die Qualität der Berufsausbildung zu verbessern.

FDP: „Bildung lohnt sich“

Die Auszubildenden von heute seien unsere Fachkräfte von morgen, betonte die Bundesministerin für Bildung und Forschung Bettina Stark-Watzinger (FDP). Sie eröffnete die Debatte. Unternehmen suchten händeringend Nachwuchskräfte, weshalb man auch weiterhin auf die Allianz zwischen Aus- und Fortbildung setzen wolle. Das duale Bildungssystem sei seit Jahrzehnten Garant für den Wohlstand in Deutschland, so Stark-Watzinger. Duales Bildungssystem meint das Zusammenspiel von akademischer und beruflicher Bildung. Diese stünden nebeneinander und beide Systeme seien gleichwertig, betonte sie. „Ob Meister oder Master, ob Bachelor oder Gesellenbrief“ – Abschlüsse beider Systeme seien gefragt. Bildung lohne sich in jedem Fall, schloss die Ministerin.

Berufsausbildungen

Duale Ausbildung: Die Ausbildung im dualen System findet an zwei Lernorten statt: im Betrieb und in der Berufsschule. Der Ausbildungsbetrieb und die Berufsschule arbeiten dabei eng zusammen. Der Ausbildugspart in der Schule findet entweder wöchentlich oder in Blockform statt. Beispiele für Ausbildungsberufe in diesem Bereich: Dachdecker, Kaufleute, Bäcker, Uhrmacher, Vermessungstechniker und viele mehr.

Schulische Ausbildung: Die schulische Form der Berufsausbildung wird in den Bereichen angeboten, in denen das duale System – Betrieb und Schule – nicht angeboten werden kann. Diese Ausbildung findet an der Berufsfachschule statt und schließt mit einer staatlichen Prüfung ab. Beispiele für Ausbildungsberufe in diesem Bereich: Pharmazeutisch-technischer Assistent oder Fachkraft für Hauswirtschaft und Familienpflege.

Duales Studium: Ein duales Studium zeichnet sich durch ein Studium an einer Hochschule und Praxiseinsätzen in einem Unternehmen, einer sozialen Organisation oder einer staatlichen Einrichtung aus. Auch hier sind die Lerninhalte an beiden Orten aufeinander abgestimmt. Beispiele für duale Studiengänge: Gesundheitsmanagement, Kindheitspädagogik, Bauingenieurwesen.

SPD: „Akademische und berufliche Ausbildung gleichwertig“

Jessica Rosenthal (SPD) ging zunächst auf positive Ergebnisse des Berichts ein: So zeige der Bericht, dass es stabile Ausbildungsverläufe, einen Rückgang der Vertragslösequote und erfolgreiche Prüfungen gegeben habe. Sie betonte aber auch, dass der Bericht deutlich mache, wo noch etwas zu tun sei. Zum Beispiel sei es problematisch, dass es viele unbesetzte Stellen, aber auch viele unversorgte Bewerber gegeben habe. Man wolle deshalb die Berufsorientierung stärken, dazu gehöre auch die Stärkung der Jugendberufsagenturen – also jene Stellen der Bundesagentur für Arbeit, die sich auf die Beratung von unter 25-Jährigen spezialisiert haben.

CDU/CSU: „Brauchen Boost für die berufliche Bildung“

Nach Corona brauche man einen Boost für die berufliche Bildung, betonte Stephan Albani von der CDU/CSU-Fraktion, denn auch der Ausbildungsmarkt habe in den letzten zwei Jahren unter den Folgen der Pandemie gelitten. Positiv sei zu vermerken, dass die Zahl der Ausbildungsstellen gewachsen sei. Passungsprobleme seien angesichts der unbesetzten Stellen aber weiterhin ein Thema. Die CDU/CSU-Fraktion fordere daher eine Berufsorientierung, die Jugendliche passgenau und niederschwellig erreiche. Dazu brauche es auf den Einzelnen zugeschnittene Pläne wie Schnuppertage und Praktika, so Albani.

Ausbildungen im Bundestag:

Grüne: „Besseres Matching zwischen Azubis und Ausbildungsplätzen“

Anja Reinalter von der Grünenfraktion betonte ebenfalls, dass beide Gruppen – Studierende und Azubis – gleich viel wert seien, da sie gleichermaßen dazu beitrügen, dem Fachkräftemangel zu begegnen. Auch Reinalter kam auf die unbesetzten Ausbildungsplätze auf der einen und die unversorgten Bewerber auf der anderen Seite zu sprechen. Es brauche ein besseres Matching zwischen Azubis und Ausbildungsplätzen. Dazu wolle man Berufsorientierungsangebote schaffen und mehr Beratungsangebote machen, so Reinalter. Junge Menschen in Regionen mit wenig Ausbildungsplätzen solle man zudem eine Ausbildungsgarantie geben.

AfD: „Nicht jeder kann alles werden“

Götz Frömming von der AfD-Fraktion führte an, dass inzwischen immer mehr junge Menschen Abitur machten und deshalb jeder glaube, studieren zu müssen und alles werden zu können. Aber nicht jeder könne alles werden, so Frömming. Man müsse deshalb das dreigliedrige Schulsystem – Gymnasium, Real- und Hauptschule – wieder stärken und anerkennen, dass man zu viele Akademiker habe.

Linke: „Brauchen Rechtsanspruch auf Ausbildung“

Nicole Gohlke von der Linksfraktion wies darauf hin, dass 68.000 Menschen im letzten Jahr keinen Ausbildungsplatz gefunden und dass 2,3 Millionen junge Menschen im Alter zwischen 20 und 34 Jahren gar keinen Berufsabschluss hätten. Es sei zu kurz gegriffen, hier von einem Passungsproblem zu sprechen. Gohlke kritisierte das sogenannte Übergangssystem. Das Übergangssystem bezeichnet ein Bündel an Maßnahmen, das junge Menschen beim Übergang von der Schule in den Beruf helfen soll. Zum Beispiel können hier Schulabschlüsse nachgeholt werden. Im letzten Jahr seien in diesem Übergangssystem 228.000 junge Menschen gelandet, das System führe aber nirgendwohin. Man fordere deswegen unter anderem einen Rechtsanspruch auf Ausbildung.

Die ganze Bundestagsdebatte seht ihr hier im Video, das Protokoll findet ihr wie immer auf bundestag.de. Die zweite Debatte findet ihr hier.

(mk)

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