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EU-Ausschuss „Die Spalter werden sich nicht durchsetzen“

"Redet mit euren Großeltern, die wissen, was Krieg bedeutet!" sagt Gunther Krichbaum (CDU/CSU) und wirbt für die Europäische Union, die er als Garant für Frieden sieht. Der Vorsitzende des EU-Ausschusses kurz vor der EU-Wahl im mitmischen-Interview.

Abgeordneter im Gespräch

Gunther Krichbaum (CDU/CSU), Vorsitzender des EU-Ausschusses, im Interview. © Tim Lüddemann

Am 26. Mai wählen wir in Deutschland unsere Vertreter für das Europäische Parlament. Wie werden Sie diesen Tag verbringen?

Ich werde natürlich wählen gehen! Ich lebe in Baden-Württemberg, wo wir zeitgleich mit der Europawahl auch Kommunalwahlen haben. Nach dem Wählen werde ich dann noch ein Volksfest und eine Veranstaltung des Technischen Hilfswerks (THW) besuchen. Als direkt gewählter Abgeordneter nehme ich auch am Wochenende regelmäßig Termine im Wahlkreis wahr. Dabei passe ich allerdings auf, dass immer genug Zeit für meine Familie bleibt.

Was sind aus Ihrer Sicht die wichtigsten Themen dieser Wahl?

Vorrangig sind natürlich die ‚großen‘ Themen wie Klimaschutz, Digitalisierung oder Migration. Probleme, die es in diesen Bereichen gibt, kann kein Nationalstaat im Alleingang lösen. Auch Deutschland ist dafür zu klein. Deshalb helfen nur gesamteuropäische Anstrengungen. Wir müssen gemeinsam überlegen, wie wir unsere Klimaschutzziele erreichen, die digitale Infrastruktur in Europa ausbauen und auch die Migration besser steuern als bisher. Daneben sind natürlich Themen wie Bildung und Forschung oder ein stärkerer Verbraucherschutz wichtig.

Werfen wir einen Blick auf die Parteien, die ins EU-Parlament möchten: Die einen wollen Richtung Republik Europa, andere die Europäische Union zurückbauen. Wer macht das Rennen bei der Wahl – bei uns und in den anderen EU-Ländern?

Ich bin überzeugt, dass die proeuropäischen Parteien das Rennen machen werden. Die Mehrheit der Menschen in Deutschland befürwortet Europa, und ganz ähnlich ist es auch in anderen Ländern der EU. Die Leute wissen, dass wir Europa sehr viel zu verdanken haben. Natürlich Wohlstand, Freiheit, Demokratie, grenzenloses Reisen – als Grundlage von alledem aber zuallererst Frieden. Die Vorstellung, dass es in Europa wieder Krieg geben kann, ist für die junge Generation – Gott sei Dank! – weit weg. Ich rate aber allen: Redet mit euren Großeltern – oder auch mit Flüchtlingen, die aus Ländern wie Syrien stammen. Die können euch ganz genau sagen, was Krieg bedeutet, und mit welchen katastrophalen Verhältnissen die Menschen auch nach einem Krieg fertig werden müssen.

Dürfen Sie als Vorsitzender des Europa-Ausschusses überhaupt eine eigene Meinung äußern oder müssen Sie immer neutral sein?

Die Ausschusssitzungen leite ich natürlich neutral, dabei haben die Abgeordneten aller Parteien dieselben Rechte und Pflichten. Als Abgeordneter der CDU/CSU-Fraktion im Deutschen Bundestag äußere ich aber selbstverständlich auch meine eigene Meinung. Ich wäre ja ein schlechter politischer Vertreter meiner Wähler, wenn ich das nicht täte.

Der Brexit hat in der Öffentlichkeit für große Diskussionen über die EU gesorgt. Denken Sie, dass das Interesse an der EU dadurch gestiegen ist – vor allem auch bei jungen Leuten?

Auf jeden Fall. Das sieht man nicht nur in Großbritannien selbst, wo gerade junge Menschen für Europa auf die Straße gehen. Leider sind die jungen Briten, die mehrheitlich für die EU sind, bei der Volksabstimmung vor drei Jahren nicht zur Wahl gegangen. Am nächsten Morgen sind sie dann mit einem Ergebnis aufgewacht, das sie gar nicht wollten. Daran könnt ihr sehen, wie wichtig es ist, auch wirklich wählen zu gehen. Nur wer wählt, kann verhindern, dass Populisten von rechts und links gewinnen. Welches Chaos Populisten und Nationalisten verursachen, kann man ja gerade auch in Österreich sehen.

Ein Blick in die Glaskugel bitte: Wo sehen Sie die EU in zehn Jahren?

Die „Vereinigten Staaten von Europa“ nach US-amerikanischem Vorbild oder eine „Republik Europa“ wird es wohl nicht geben. Dafür haben wir doch zu starke Unterschiede in unserer jeweiligen Geschichte, in unseren gesellschaftlichen Traditionen und nicht zuletzt in unseren Sprachen. Ich denke aber schon, dass die europäische Einigung in denjenigen Bereichen weiter ausgebaut wurde, in denen es sinnvoll ist: im Bereich von Sicherheit und Verteidigung, beim Schutz der EU-Außengrenzen, beim Umwelt- und Klimaschutz, aber auch bei der gemeinsamen Bekämpfung von Fluchtursachen, zum Beispiel in Afrika. Dabei stimmt mich sehr zuversichtlich, dass Europa von der jungen Generation sehr positiv gesehen wird. Die Populisten, Extremisten und Spalter werden sich auf Dauer nicht durchsetzen, und das ist auch gut so.

(DBT/tl)

Über Gunther Krichbaum:

Gunther Krichbaum (CDU/CSU), 55, stammt aus Baden-Württemberg. Nach seinem Jura-Studium hat er als selbstständiger Wirtschaftsberater gearbeitet, bevor er 2002 in den Bundestag gewählt wurde. Er leitet den EU-Ausschuss und ist Delegationsmitglied der Deutsch-Französischen Versammlung. Ehrenamtlich engagiert er sich unter anderem bei den Vereinen Europa-Union Deutschland und Institut für Europäische Politik.

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