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Women in Arts and Media „Jede und jeder kann etwas tun“

Die Women in Arts and Media setzen sich für Geschlechtergerechtigkeit in Kultur und Medien ein. Im Interview haben uns die Frauen aus dem Vorstand erzählt, was wir alle tun können, um Frauen sichtbarer zu machen.

Collage: Portraits von Susanne Stephani, Annelie Mattheis, Caroline Schroth, Juana Awad und Sonja Walter

Setzen sich für mehr Gleichberechtigung in der Kulturbranche ein: Susanne Stephani, Annelie Mattheis, Caroline Schroth, Juana Awad und Sonja Walter, Vorstand der Women in Arts and Media. © Women in Arts and Media

Der Begriff Gender Pay Gap bezeichnet die Tatsache, dass Frauen häufig weniger verdienen als Männer in denselben Berufen. Ist das ein besonders großes Problem im Kultursektor?

Der Gender Pay Gap beträgt über alle gesellschaftlichen Bereiche hinweg gerechnet 18 Prozent. Im Bereich Kunst und Kultur sind es bis zu 30 Prozent und in manchen Bereichen – etwa im Design – sind es sogar bis zu 46 Prozent. Das hat der Deutsche Kulturrat gerade im Kulturausschuss des Bundestags berichtet. Die Zahlen sind also bekannt – und sie sind skandalös. Trotzdem geschieht zu wenig.

Gibt es neben der Bezahlung noch andere Bereiche, in denen Frauen in Kunst und Kultur Nachteile erleben?

Der Gender Pay Gap ist Teil eines strukturellen Problems. Dazu gehört etwa die Tatsache, dass immer noch ein großer Teil der Care-Arbeit, also Kinderbetreuung und Pflege, von Frauen übernommen werden. Hinzu kommt, dass in Deutschland eine große Anzahl Betreuungsplätze fehlen. Daraus resultiert, dass viele Frauen in Teilzeit arbeiten und daher beispielsweise auch eine geringere Rente erhalten werden.

Im künstlerischen Bereich steht der Gender Pay Gap zudem in Verbindung mit dem Gender Show Gap: Frauen werden seltener in Hauptrollen besetzt, seltener sind Kompositionen von Frauen in Konzertsälen vertreten und ihre Werke ausgestellt.

Zu dem Thema gibt es eine Studie der MaLisa-Stiftung, eine Stiftung der Schauspielerin Maria Furtwängler und ihrer Tochter, Musikerin Elisabeth Furtwängler. Die Ergebnisse aus dem Jahr 2022 zeigen, dass der Frauenanteil im Bereich Songwriting, in den Charts und auf Festivalbühnen weit unter einem Fünftel bleibt.

Das bedeutet auch finanzielle Benachteiligung, die sich wiederum in dem Gender Pension Gap niederschlägt, also in der Tatsache, dass Frauen eine geringere Rente bekommen. Und diese Punkte betrachten noch nicht die Gruppen und Personen, die es mit mehr als einer Herausforderung zu tun haben – wie beispielweise Künstlerinnen mit Behinderungen.

Was können Ihre Kollegen und Kolleginnen tun, um für gerechtere Verhältnisse im Kulturbereich zu sorgen?

Wir von WAM – Women in Arts and Media arbeiten für mehr Geschlechtergerechtigkeit auf zwei Ebenen: Wir bilden ein Netzwerk und schaffen einen Ort des Austauschs durch Veranstaltungen, kollegiale Beratung und einem Mentoringprogramm für Young Professionals und Quereinsteigerinnen und Quereinsteiger.

Zudem tragen wir zur Sichtbarkeit der Probleme im Zusammenhang mit Ungerechtigkeiten bei, die auf das Geschlecht zurückzuführen sind. Das bedeutet neben der Problembenennung auch sogenannte Best-Practice-Beispiele vorzustellen: Projekte und Maßnahmen, die zeigen wie strukturelle Veränderung angegangen und auch konkret umgesetzt werden können. Zum Beispiel können Führungspositionen statt von einer Person auch von einem Team übernommen werden oder wir bilden Modelle ab, bei denen sich Beruf und Care-Arbeit gut vereinbaren lassen.

Wie kann man sich selbst engagieren?

Jede und jeder kann etwas tun. Erstmal ist es wichtig, das Problem anzuerkennen und im eigenen Umfeld zu analysieren. Zweitens ist es gut, direkt Maßnahmen zu ergreifen und Verbesserungen umzusetzen. Das geht zum Beispiel, wenn man Veranstaltungen organisiert und sich vorher fragt: Wie bauen wir die Veranstaltungen auf? Wer kann daran teilnehmen? Wen laden wir als Speaker ein und wie sind unsere Diskussionsrunden besetzt? Ist Kinderbetreuung vorgesehen?

Drittens, ganz einfach: Wir können mehr Musik von Frauen hören, Kunst von Frauen ansehen und Bücher von Frauen kaufen. Und diese sichtbar machen. Und viertens: Wir sollten politischen Druck ausüben, damit sich gesamtgesellschaftlich etwas ändert.

Was wünschen Sie sich von der Politik, damit sich gerechtere Strukturen in den Berufen im Kultursektor etablieren lassen?

Die politischen Änderungen zur Geschlechtergerechtigkeit betreffen gesamtgesellschaftliche Themen wie Kinderbetreuung. Für die Kunst und Kultur geht es darum, dass etwa Betreuungskosten durch Projektförderung abgedeckt werden können. Weitere Punkte sind, dass Gremien divers zusammengesetzt werden und natürlich, dass der Gender Pay Gap geschlossen wird.

Über Women in Arts and Media

Der Women in Arts and Media e.V. ist ein branchen- und spartenübergreifendes Netzwerk für Geschlechtergerechtigkeit in Kultur und Medien. Ziel des Netzwerkes ist es etwa, Austausch zu ermöglichen, Veranstaltungen zu Geschlechtergerechtigkeit zu organisieren, aber Frauen auch bei konkreten Themen zu unterstützen, beispielsweise in Führungspositionen oder auf dem Weg dorthin. Den Verein gibt es seit Dezember 2021 und er hat mittlerweile mehr als 200 Mitglieder.

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