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Energiewende Wie intelligente Technik helfen soll

Um die Energiewende voranzutreiben, soll der Einbau intelligenter Messsysteme beschleunigt werden. Das sieht ein Gesetzentwurf der Regierungsfraktionen vor. Die Abgeordneten diskutierten darüber im Bundestag.

Eine Person steht vor einem Stromzähler und zeigt mit dem Finger auf die Ziffern.

Bislang muss der Stromzähler in deutschen Haushalten oft noch händisch abgelesen werden. Intelligente Messsysteme sollen das in Zukunft ändern. © Shutterstock/Andrey_Popov

Vor zwölf Jahren hat die Bundesregierung den Ausstieg aus der Atomenergie beschlossen. Damals erschütterte das Reaktorunglück im japanischen Fukushima die Welt und der Begriff „Energiewende“ war aus den öffentlichen Debatten kaum wegzudenken. Die Energiewende ist aber auch unausweichlich, um die Folgen der Klimakrise zu beschränken. Dafür ist es notwendig, von fossilen Energieträgern und Kernenergie auf nachhaltiger Energieversorgung aus erneuerbaren Energien wie Wind und Sonne umzusteigen.

Koalitionsfraktionen fordern Digitalisierung

Damit die Energiewende gelingen kann, braucht es auch die Digitalisierung. Diese Position vertreten zumindest die Koalitionsfraktionen. Kürzlich haben sie einen Gesetzentwurf mit dem Titel „zum Neustart der Digitalisierung der Energiewende“ vorgelegt.

In dem Entwurf geht es um den Einbau intelligenter Strommessgeräte, sogenannter Smart Meter. Die Daten, die mit mithilfe dieser Smart Meter gesammelt werden, könnten Auskunft über Stromerzeugung, Verbrauch und den Netzzustand geben. So soll der Netzbetrieb, die Netzplanung und die Strombelieferung durch diese Daten unterstützt werden. Eine weitere Idee in diesem Zusammenhang: sogenannte dynamische Stromtarife. Hier könnte Strom vor allem dann genutzt werden, wenn gerade viel Strom aus erneuerbaren Energien im Netz vorhanden und der Strom deshalb günstig ist. Über dynamische Stromtarife haben wir auch mit Markus Hümpfer von der SPD-Fraktion im Interview gesprochen.

Smart-Meter-Rollout beschleunigen

Die Fraktionen kritisieren, dass der Smart-Meter-Rollout – also der Einbau der Systeme – nicht mit der Geschwindigkeit voranschreite, die für die Energiewende notwendig sei. Ein Grund dafür seien beispielweise aufwendige Verwaltungsverfahren. Aber im Koalitionsvertrag sei vereinbart, den Smart-Meter-Rollout und die Digitalisierung der Netze zu beschleunigen. Das könne nun nur über die Änderung der Rahmenbedingungen gelingen, also beispielsweise über ein Gesetz.

Das Ziel dieses Gesetzentwurfs sei es, den Rollout zu beschleunigen, indem die Verfahren rund um den Rollout entbürokratisiert würden. Zudem solle die Rechtssicherheit gestärkt, Kosten gerechter verteilt und mehr Anreize für Markt und Wettbewerb geschaffen werden.

Kostendeckelung für Verbraucher

Die Kosten, die durch Einbau und Betrieb der Messsysteme für Verbraucher entstehen könnten, sollen auf 20 Euro pro Jahr beschränkt werden. Zeitgleich sollen die Netzbetreiber stärker an den Kosten beteiligt werden.

In einer knapp 40-minütigen Debatte diskutierten die Abgeordneten im Plenum über den Gesetzentwurf. Im Anschluss wurde die Vorlage an den Ausschuss für Klimaschutz und Energie überwiesen.

Grüne: „An das Tempo in Europa anschließen“

Es handele sich um ein wichtiges und komplexes Gesetz, eröffnete der Bundesminister für Wirtschaft und Klimaschutz Robert Habeck die Debatte. Viele Länder in Europa benutzten diese Technik bereits, Deutschland hinke hinter.

Das Gesetz könne eine Brücke zwischen Produktion und Verbrauch schlagen, sagte Habeck und nannte einige Vorteile der neuen Technik. So nütze sie den Verbrauchern, indem sie dynamische Stromtarife ermögliche. Netzbetreiber könnten durch die gesammelten Daten den Netzausbau und die Steuerung des Stromnetzes genauer gestalten.

Außerdem nutze die Technik der Allgemeinheit, da sich die Kosten des Ausbaus der Verteilernetze deutlich reduzieren würden, so der Minister. Es brauche nun einen verbindlichen Rollout-Fahrplan, der Fristen für den Einbau setze und die Genehmigungsverfahren entrümpele. Habeck forderte die anderen Fraktionen auf, das Gesetz schnell zu verabschieden, damit man endlich wieder an das Tempo in Europa anschließen könne.

SPD: „Klima und Geldbeutel schonen“

Die bisherigen Stromzähler könnten derzeit nicht kommunizieren, sagte Robin Mesarosch von der SPD-Fraktion. Und weil die Stromzähler nicht redeten, müssten aktuell immer geschätzt werden, wie viel Energie bereitgestellt werden müsse. Das bedeute, dass jedes Mal, wenn sich das System verschätze, alle mehr Geld bezahlten, so Mesarosch. Der Abgeordnete sprach auch darüber, wie ein intelligenter Stromzähler konkret angewendet werden könne: Indem er beispielsweise dem Verbraucher in einer App aufzeige, wofür gerade viel Strom verbraucht werde.

Außerdem könnten die Geräte dabei helfen, nur dann Strom zu verbrauchen, wenn viel Strom im Netz sei. Das sei intelligent, denn es schone das Klima und den Geldbeutel. Wenn mit diesen dynamischen Tarifen Kosten gespart würden, müsse das unbedingt bei den Verbraucherinnen und Verbrauchern ankommen, betonte Mesarosch. Dies werde mit diesem Gesetzentwurf beschlossen.

CDU/CSU: „Smart Meter sind zentrale Bausteine“

Das Ziel, das Energiesystem zu digitalisieren, sei richtig und habe die Unterstützung ihrer Fraktion, sagte Maria-Lena Weiss von der CDU/CSU-Fraktion. Smart Meter seien die zentralen Bausteine für dieses Vorhaben, denn sie sorgten dafür, dass der erforderliche Netzausbau dort erfolgen könne, wo er notwendig sei, so Weiss.

Sie forderte aber, den Gesetzentwurf nachzubessern. So hätte zum Beispiel am Anfang des Gesetzgebungsverfahrens eine Neuberechnung von Kosten und Nutzen des Rollouts stehen müssen, die die Preissteigerungen der vergangenen Jahre berücksichtige. Andernfalls, so Weiss, fehle den Messstellenbetreibern Planungssicherheit und sie hätten somit kaum einen Anreiz, den Rollout voranzutreiben. Weiss forderte die Regierung auf, aus dem „gut gemeinten Entwurf“ nun ein durch und durch gut gemachtes Gesetz zu machen.

FDP: Mehr Freiheiten für Verbraucher

Die Digitalisierung der Energiewende bedeute, dass Netze und die produzierte Energie wirksamer genutzt werden könnten, sagte Konrad Stockmeier von der FPD-Fraktion. Das Vorhaben werde Verbrauchern neue Freiheitsgrade verschaffen, so Stockmeier, denn mit ihm würden dynamische Tarife möglich.

Zum Thema Datenschutz sagte Stockmeier, dass es aus Sicht der FDP wichtig sei, den Verbraucherinnen und Verbrauchern zu ermöglichen, Daten dann zu übermitteln, wenn sie es wollen. Das Gesetz könne im Verlauf der Beratungen dementsprechend ausgestaltet werden.

AfD: „Regierung wälzt Versagen auf Rücken der Bürger ab“

Die Smart Meter, die die Regierung flächendeckend in jeden Haushalt bringen wolle, ermögliche tiefe Einblicke in das Privatleben der Bürger, sagte Marc Bernhard von der AfD-Fraktion. Das belege eine Studie des Bundesforschungsministeriums.

Die Regierung behaupte, durch Smart Meter würden die Stromkosten sinken, so Bernhard. Aber tatsächlich wälze die Regierung das Versagen ihrer Energiewende auf die Rücken der Bürger ab. Statt der neuen Technik solle man lieber die sichersten Kernkraftwerke und die saubersten Kohlekraftwerke weiterlaufen lassen.

Linke: „Wissen nicht, was mit den Daten passiert“

Es sei ein Problem, dass mit den Smart Metern massiv Daten erfasst würden, sagte Klaus Ernst von der Linksfraktion. Dabei wisse man nicht, was mit diesen Daten passiere. Hier greife das Gesetz momentan noch zu kurz. Außerdem kritisierte Ernst, dass der Entwurf die Energiewende nicht voranbringe. Der eigentliche Schlüssel zur Energiewende liege im Ausbau der erneuerbaren Energien, so Ernst.

Die komplette Bundestagsdebatte seht ihr hier im Video, das Protokoll findet ihr wie immer auf bundestag.de.

(Mira Knauf)

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