Euro-Einführung Eine gemeinsame Währung für Europa
In kaum einem anderen Land wurde um seine Einführung so gerungen wie in Deutschland. Kein Wunder, dass am Tag der Abstimmung über den Euro im Bundestag die unterschiedlichen Meinungen noch einmal heftig aufeinanderprallten. Sieben Stunden lang stritten sich Koalition und Opposition über die Ausgestaltung einer europäischen Wirtschafts- und Währungsunion. Am Ende war die Zustimmung groß: Nur 35 Abgeordnete votierten gegen den Euro. Seit dem 1. Januar 2002 bezahlen wir nun schon mit ihm.
Ringen um den Euro
© DBT/Lena Kampf
Wie kam es zur Debatte?
Überlegungen für eine europäische Gemeinschaftswährung gab es schon in den 1970er Jahren. Auf Initiative des damaligen Bundeskanzlers Helmut Schmidt und Valery Giscard d’Estaing, damals französischer Staatspräsident, wurde 1979 das Europäische Währungssystem eingeführt. Es band durch die europäische Rechnungseinheit "European Currency Unit“ die Wechselkurse der Landeswährungen eng aneinander.
Mit dem Vertrag von Maastricht 1992 – der Geburtsstunde der Europäischen Union (EU) – wurden schließlich die Vorschriften für die künftige gemeinsame Währung festgelegt: ein Drei-Stufen-Plan, an dessen Ende die vollständige Wirtschafts- und Währungsunion stehen sollte. Zunächst wurde der freie Kapitalverkehr zwischen den EU-Staaten sichergestellt. Zur zweiten Stufe 1994 zählten unter anderem die Grundlagen einer koordinierten Geldpolitik. 1999 wurde in der dritten Stufe der Euro eingeführt, zunächst als Buchgeld: Überweisungen zwischen den Mitgliedstaaten, aber auch im Inland, waren nun in Euro möglich. Auch Aktien wurden in Euro gehandelt.
Warum hat die Debatte für Aufsehen gesorgt?
Dass auch Deutschland ab diesem Zeitpunkt die gemeinsame Währung nutzte, entschied der Bundestag am 23. April 1998. Die Einführung des Euro war äußerst umstritten. Jahrelang wurde in Politik und Öffentlichkeit diskutiert. Ökonomen warnten vor der Einführung, die Bevölkerung wollte ihre geliebte D-Mark behalten, die als "Stabilitätsgarant" gegen höhere Inflationsraten galt. Viele fürchteten, die Beitrittskriterien für die Mitgliedstaaten seien nicht streng genug.
Für den damaligen Finanzminister Dr. Theodor Waigel (CDU/CSU), der heute noch "Vater des Euro" genannt wird, war die Entscheidung für die gemeinsame Währung "vor allem Ausdruck gemeinsamer wirtschaftlicher und politischer Überzeugung und damit auch ein Symbol für gemeinsame kulturelle Wurzeln." Der frühere Außenminister Hans-Dietrich Genscher (FDP) sah in der Vollendung der Währungsunion "auch die Antwort Europas auf die Herausforderungen des neuen globalen Zeitalters".
Starken Gegenwind erhielten die beiden von Dr. Gregor Gysi, zu dem Zeitpunkt Vorsitzender der PDS-Gruppe im Bundestag: Man könne einen Kontinent nicht über Geld einen: "Im Augenblick wird das ein Europa für erfolgreiche Rüstungs- und Exportkonzerne, für Banken" – kein Europa für kleine und mittelständische Unternehmen, Arbeitnehmer oder Gewerkschaften, so Gysi.
Als Bundeskanzler Dr. Helmut Kohl (CDU/CSU) ans Rednerpult trat, stellten PDS-Abgeordnete Schilder mit der Aufschrift "Euro, so nicht! PDS" auf ihre Plätze, die von Saaldienern entfernt werden mussten. Doch für Kohl stand fest, dass nicht diejenigen die Herausforderung bestehen würden, "die heute bei ihren Zweifeln, so verständlich diese sind, stehenbleiben, sondern diejenigen, die Entscheidungen treffen, mit denen man die Zukunft gewinnen kann". Kaum eine Entscheidung sei so intensiv diskutiert worden. Dem Volk werden dabei nichts übergestülpt.
Zweifel daran hegte der damalige niedersächsische Ministerpräsident und Bundesratspräsident Gerhard Schröder (SPD). Beim Volk bestehe ein "Legitimationsproblem". Viele Menschen wollten die D-Mark nicht abschaffen. Wer sie ersetzen wolle, brauche "verdammt gut Gründe". Die schwarz-gelbe Regierungskoalition vermittle diese schlecht. Joschka Fischer, damals Vorsitzender der Fraktion Bündnis 90/Die Grünen, sprach von einem "Ausdruck der Reife", dass die Bevölkerung reserviert sei "gegenüber einer ökonomischen Souveränitätsübertragung auf die europäische Ebene, ohne dass zuvor eine Demokratisierung stattgefunden hat“.
Was hat die Debatte bewirkt?
Nach sieben Stunden Wortgefecht stimmte der Bundestag namentlich ab. Das Ergebnis: Der Euro wird Deutschlands neue Währung! Trotz der starken Kritik votierten am Ende nur 35 der insgesamt 672 Abgeordneten mit Nein, fünf enthielten sich.
Seit dem 1. Januar 2002 klimpert der Euro deshalb in den deutschen Portemonnaies. Heute kann in 17 der 27 EU-Staaten sowie in den Kleinstaaten Monaco, San Marino und Vatikanstadt mit dem Euro bezahlt werden. Andorra, Montenegro und der Kosovo nutzen den Euro ebenfalls. Deutschland profitiert als Exporteur von der Gemeinschaftswährung: Das Land konnte seit deren Einführung seine Ausfuhr in andere Euro-Länder deutlich steigern. Kein Wunder also, dass die Staats- und Regierungschefs der Euro-Zone – allen voran unsere Kanzlerin – in der aktuellen Schuldenkrise alle Hebel in Bewegung setzen, um die Stabilität des Euro sicherzustellen.
(Beitrag erstmals veröffentlicht 05.05.2011)