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FC Bundestag

Botschafter des Parlaments

Niklas Nachtigall

Der Deutsche Bundestag hat eine eigene Fußballmannschaft. mitmischen-Autor Niklas war bei einem Spiel des FC Bundestag dabei.

Ein Mann ist in einem Fußballtrikot des FC Bundestag von hinten zu sehen. Er steht auf einem Fußballfeld.

Der FC Bundestag ist seit mehr als 50 Jahren eine feste Institution im Parlament. © mitmischen.de/Niklas Nachtigall

„Wir müssen noch in den Koalitionsausschuss und regieren!“, ruft ein Spieler des FC Bundestags, während der Ball fünf Minuten nach eigentlichem Spielende noch immer quer über den Rasen des FV Wannsee rollt. Auf dem Platz tummeln sich in einem recht chaotischen Spiel gut gelaunte Journalistinnen und Journalisten der einen Mannschaft neben ebenso fröhlichen Abgeordneten des Deutschen Bundestages im anderen Team.

Fußball für den guten Zweck

Der FC Bundestag – das ist das Fußballteam aus Parlamentariern des Deutschen Bundestages. Das Team besteht vorrangig aus aktiven und ehemaligen Mitgliedern des Bundestages und tritt regelmäßig gegen Amateurvereine oder zu Benefizspielen an; wie gegen den FV Wannsee Ende September.

Ein Mann in einem Fußballtrikot diskutiert mit dem Schiedsrichter auf einem Fußballfeld.

Auch bei Spielen des FC Bundestag wird mit dem Schiedsrichter diskutiert. © mitmischen.de/Niklas Nachtigall

Das Team vom FV Wannsee, das schon eine halbe Stunde vor Anpfiff da ist, besteht bei diesem besonderen Spiel, dessen Spendenerlös an die Kinderkrebshilfe geht, vor allem aus Journalistinnen und Journalisten. Die spielerisch auffälligsten Gegner des FC Bundestag sind an diesem Tag: Kapitän und Spielmacher Michael Bröcker, Micky Beisenherz und Markus Feldenkirchen.

Für den FC Bundestag hingegen stehen an diesem Tag unter anderem der Kapitän der Mannschaft Fritz Güntzler (CDU/CSU), Johannes Fechner (SPD) und Patrick Kurth (FDP) auf dem Platz.

Spielerisch kann für das Team des Bundestages an diesem Abend besonders Doppeltorschütze Kassem Taher Saleh (Bündnis 90/Die Grünen) einen Unterschied machen. Der FC Bundestag ist auch insgesamt deutlich überlegen. Gefahr ging vor allem gegen Ende des Spiels nur noch von Scherzen des FV Wannsee aus. „Der Schiri ist doch bezahlt!“, heißt es kurz vor Spielende von der Ersatzbank des FV Wannsee. Die Auswechselspieler des FC Bundestag lachen – und stehen mittlerweile halb auf dem Platz. Kurz vor Schluss sind dann zwölf Spieler des FC Bundestag auf dem Feld, der Schiri unterbricht und ruft zur Ordnung. Bei aller Unordnung merkt man, dass die Freude am Spiel mehr zählt als das Ergebnis. So kursieren nach Spielende verschiedene Spielausgänge. Letztendlich können sich nach kurzer Verwirrung alle darauf einigen, dass das Spiel 3:2 für den FC Bundestag ausgeht.

Fußball als Mittel zur Verständigung – damals wie heute

Ganz ähnlich ging es vor 64 Jahren zu: beim ersten Spiel von Parlamentariern des Bundestages im April 1961. Auch damals ging es gegen Vertreterinnen und Vertreter der Presse. Unter Beobachtung des späteren Bundeskanzlers Helmut Schmidt und des damaligen Bundestrainers Sepp Herberger spielten die Abgeordneten des Bundestages gegen ein Team des Westdeutschen Rundfunks (WDR). Auch 1961 gewannen die Abgeordneten – damals mit 5:3.

Sechs Jahre später wurde dann die erste Abgeordnetenmannschaft von Mitgliedern der SPD sowie der CDU gegründet. Fortan wurde – damals noch in Bonn – in den Mittagspausen trainiert, um dann das Können gegen Teams wie die „Münchener Lach-und Schießgesellschaft“ oder das „Cream Team Cologne“ unter Beweis zu stellen.

Seit dem Wechsel von Bonn nach Berlin spielt der FC Bundestag regelmäßig im Friedrich-Ludwig-Jahn-Sportpark gegen verschiedene Amateur-Teams.

Eine Fotocollage aus zwei Bildern: links eine Person in blau-lila Fußballkleidung, rechts daneben ein Fußball in gleichen Farben und ein orangener Schuh, der den Ball schießt.

Vom Plenarsaal aufs Spielfeld: In der Mannschaft des FC Bundestag spielen die Debatten im Parlaments, zumindest für die Dauer eines Spiels oder des Trainings, keine Rolle. © mitmischen.de/Niklas Nachtigall

2016 wurde aus der Abgeordnetenmannschaft schließlich ein eingetragener Verein und er heißt seitdem ganz offiziell „FC Bundestag e.V.“. In seiner Satzung bekennt sich der Verein seither zu Toleranz, Fairness, Verzicht auf Gewalt, Weltoffenheit sowie Völkerverständigung und positioniert sich klar gegen jede Form von Nationalismus, Rassismus, Antisemitismus sowie fremdenfeindlichen Bestrebungen, ganz im Sinne des Sports und des Grundgesetzes.

Über die Begeisterung für den Fußball sowie mit regelmäßigen Benefizspielen will der Verein auch als Botschafter des Parlaments dienen.

Dabei bleibt die Verbindung zum Parlamentsbetrieb immer erkennbar. So stellt immer die stärkste Fraktion des Bundestages den Kapitän der Mannschaft des FC Bundestag. Seit der Bundestagswahl im Februar trägt somit Fritz Güntzler (CDU/CSU) erneut die Kapitänsbinde und löst den vorherigen Kapitän Mahmut Özdemir (SPD) ab.

Eine Fußballmannschaft steht am Spielfeldrand zusammen.

Beim FC Bundestag sind die Abgeordneten ein Team über Fraktionsgrenzen hinweg. © mitmischen.de/Niklas Nachtigall

Auf dem Spielfeld ist dann aber anders als im Bundestag keine Fraktionszugehörigkeit mehr erkennbar. Alle tragen das Trikot in den Farben der Nationalmannschaft. Mit diesem tritt die Mannschaft auch bei der jährlich stattfindenden Parlamentarier-Europameisterschaft an, bei der seit 1971 Parlamentarier aus Finnland, Österreich, der Schweiz und Deutschland gegeneinander spielen. Zuletzt gewann der FC Bundestag hier 2022 – zum elften Mal. Seitdem wartet die Mannschaft auf den nächsten EM-Sieg. Dieses Jahr belegte die Mannschaft den 4. Platz. Wichtiger seien jedoch die Fairness, der Respekt und der Kampfgeist, den sie auf den Platz gebracht haben, betonte Mahmut Özdemir nach der EM im Juni auf dem Instagram-Account des FC Bundestag.

Auch wegen dieser Werte wird die Mannschaft häufig scherzhaft als „erfolgreichste Fraktion des Deutschen Bundestages“ bezeichnet.

Mitmischen-Autor

Niklas Nachtigall

…studiert Deutsch und Politikwissenschaft auf Lehramt. Außerdem verfolgt er leidenschaftlich gerne die politischen Prozesse und das Zeitgeschehen im politischen Berlin. Niklas interessiert sich aber nicht nur für Politik, sondern auch für Fotografie. Er schreibt also nicht nur, sondern fotografiert auch für mitmischen.de.

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