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Wolfgang Kubicki (FDP) „Die Ruhe kommt mit der Erfahrung“

Laura Heyer

Wolfgang Kubicki ist der einzige Mann im Präsidium des Bundestages. Warum für ihn Geschlechter in der Politik keine Rolle spielen und wie er mit Humor Spannungen lösen kann, lest ihr im Interview.

Portrait Wolfgang Kubicki

© Tobias Koch

Als Bundestagsvizepräsident leiten Sie häufig Sitzungen des Bundestages. Die Augen hunderter Abgeordneter und Besucher sind auf Sie gerichtet, dazu tausende Menschen an den Bildschirmen. Wie erleben Sie das? Wie bereiten Sie sich vor?

Zur Vorbereitung treffen sich die Mitglieder des Bundestagspräsidiums, also die Präsidentin und ihre Stellvertreter, in der Regel am Mittwoch der Sitzungswoche. Hier werden schon einmal die wichtigsten Themen besprochen. Für die konkrete Sitzungsleitung bereitet die Bundestagsverwaltung die sogenannten „Sprechzettel“ sehr zuverlässig vor. Wenn ich als Präsident zum Beispiel komplizierte Abstimmungen vornehmen muss, bin ich froh, dass ich mich immer hieran orientieren kann.

Vizepräsidenten müssen auch in heiklen Situationen die Ruhe bewahren. Welche Eigenschaften und Fähigkeiten sind für dieses Amt darüber hinaus notwendig

Die Ruhe kommt mit der Erfahrung. Ich gebe zu, dass ich auch aufgeregt war, als ich das erste Mal auf diesem Stuhl Platz nehmen durfte. Darüber hinaus ist es wichtig, dass man eine Ahnung davon hat, wie man größere Gruppen leiten kann. Denn je nach Situation sind die Reaktionen des sitzungsleitenden Präsidenten anzupassen. Manchmal kann man nur mit Härte durchgreifen, manchmal es aber viel zielführender, wenn man mit einer humorvollen Bemerkung die Spannung im Saal löst.

Sie sind im Präsidium als einziger Mann der sogenannte „Hahn im Korb“ – wie fühlt sich das an? Welchen Einfluss wird das „Mehr an Frauen“ im Präsidium und im Parlament Ihrer Meinung nach auf die parlamentarische Arbeit haben?

Ich halte die Unterscheidung nach Geschlecht im politischen Bereich für mittlerweile überholt. Es geht doch nicht darum, ob ein Mensch ein Mann oder eine Frau ist, sondern, ob er oder sie in der Lage ist, das Amt auszufüllen. Und da ist das Präsidium des Deutschen Bundestages wirklich sehr gut aufgestellt, wie ich meine. Neben mir sind dort fünf gestandene Frauen, die entweder schon längere Erfahrung mit dieser Rolle haben oder die sich mit Sicherheit schnell dort einfinden werden.

Welche Debattenkultur wünschen Sie sich für die kommenden vier Jahre?

Ein lebendige und respektvolle. Ich habe überhaupt nichts dagegen, wenn es einmal hart zur Sache geht. Eine Diskussion mit offenem Visier ist für unsere Demokratie das Beste, was man sich wünschen kann. Wichtig ist, dass die Menschen den Eindruck haben, dass es in erster Linie um die Sache geht, um die bessere Lösung – und nicht um die Diffamierung des Anderen.

Sie haben als Abgeordneter auch eine Verantwortung für Ihren Wahlkreis. Wie vereinbaren Sie dies mit den Aufgaben als Vizepräsident?

Das ist eine Frage der Unterscheidung. Als Bundestagsvizepräsident bin ich kein politisches Neutrum, sondern bleibe weiterhin auch Parteipolitiker der Freien Demokraten und meinem Wahlkreis in besonderer Weise verpflichtet. Organisatorisch ist diese Unterscheidung nicht so schwierig: Wenn ich als Bundestagsvizepräsident auftrete, bin ich qua Amt einer der höchsten Vertreter des Parlamentes als Ganzem – und muss mich entsprechend verhalten.

Dürfen Sie als Vizepräsident gewisse Themen voranbringen? Welche sind Ihnen wichtig und wie gehen Sie sie an?

Ja, selbstverständlich darf ich das. Ich habe mich vor allem in den letzten Jahren für die Achtung der Meinungsfreiheit und für den Rechtstaat eingesetzt. Und ich habe mich in meiner Rolle als Bundestagsvizepräsident gemeinsam mit meinem leider verstorbenen Kollegen Thomas Oppermann für bessere Kontakte zu Russland eingesetzt. Ich halte es für wichtig und notwendig, dass man dieses Amt auch nutzt, um auf besondere politische Probleme aufmerksam zu machen.

Mehr über Wolfgang Kubicki

Wolfgang Kubicki ist 69 Jahre alt und kommt aus Schleswig-Holstein. Er war 1990 bis 1992 und 2002 bereits für die FDP im Bundestag und ist seit 2017 wieder Mitglied des Bundestages und Bundestagsvizepräsident. Er hat VWL studiert.

(loh)

Mitmischen-Autorin

Laura Heyer

hat in Heidelberg Geschichte studiert, in Berlin eine Ausbildung zur Journalistin gemacht und ist dann für ihre erste Stelle als Redakteurin nach Hamburg gegangen. Dort knüpft sie nun Netzwerke für Frauen. Aber egal wo sie wohnt – sie kennt immer die besten Plätze zum Frühstücken.

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