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Ausbildung bei der Polizei „Wir schützen Politiker“

Bodyguards sind sie zwar nicht, aber sie schützen das Parlament: die Polizisten beim Deutschen Bundestag. Polizeihauptkommissarin Bettina Jahn über Work-Life-Balance, Graffiti-Sprüher und freie Ausbildungsplätze.

Foto von Bettina Jahn

Bettina Jahn am Tag der Ein- und Ausblicke 2018 im Deutschen Bundestag. © DBT

Es gibt das Bundeskriminalamt, die Bundespolizei, 16 Länderpolizeien und die Polizei beim Deutschen Bundestag. Warum sollte man gerade bei Ihnen eine Ausbildung beginnen?

Weil wir mit ungefähr 200 Beamtinnen und Beamten die kleinstes Polizeibehörde Deutschlands sind, dennoch einen so umfangreichen Aufgabebereich wie andere größere Polizeibehörden haben. Wir haben es beruflich in den meisten Fällen mit einem anderen Personenkreis zu tun als beispielsweise die Landespolizei, bieten eine Standortsicherheit und haben einen Schichtplan, der für das komplette Jahr vorgeplanten ist. Unsere Dienstzeiten entsprechen meistens diesem Dienstplan. Überstunden fallen selten und überschaubar an. Somit besteht eine gute Vereinbarkeit zwischen Beruf und Freunden, Familie und Hobbys. Zudem ist das Gehalt aufgrund der Zulagen höher als bei anderen Behörden.

Gleichzeitig arbeiten wir aufgrund der Lage des Reichstagsgebäudes eng mit der Polizei Berlin und dem Bundeskriminalamt zusammen.

Was machen die Polizisten genau?

Unsere Hauptaufgabe ist die Aufrechterhaltung des Parlaments und seiner Gremien. Wir sichern die Plenar- und Ausschusssitzungen, Staatsbesuche und sonstige Veranstaltungen, zu denen die Präsidentin des Deutschen Bundestages einlädt. Hinzu kommt der Schutz der zahlreichen Besucher und Besucherinnen, die täglich die Bundestagsgebäude besichtigen.

Wie sieht bei Ihnen ein spannender Tag im Hohen Haus aus?

Ein spannender Tag war zum Beispiel die Durchführung der Bundesversammlung am 13. Februar 2022 unter Pandemiebedingungen. Schon ohne Corona war der reibungslose Ablauf einer Bundesversammlung immer eine Herausforderung, da sich zu keinem anderen Zeitpunkt eine so große Anzahl an Politikern und prominenten Personen in den Gebäuden des Deutschen Bundestages aufhalten.

Aber in diesem Jahr kam auch noch die Einhaltung der aktuellen Infektionsschutzverordnung hinzu. Die Planung eines solchen Einsatzes beginnt viele Monate vorher. Durch die sich ständig verändernde Pandemielage mussten wir mehrmals umplanen. Auch zum gesundheitlichen Schutz unserer Kolleginnen und Kollegen.

Und ein ganz langweiliger Tag?

Wenn wir keine Besucher haben, keine Parlamentarier im Haus sind, wir alle Türen schließen und es keine Veranstaltungen im Außenbereich haben, hätten wir nichts zu tun. Das wäre ein ganz langweiliger Tag.

Aber den gibt es nicht?

Eigentlich nicht. Wenn das Reichstagsgebäude um Mitternacht geschlossen wird, sich also keine Besucher mehr auf der Dachterrasse aufhalten, wird es insgesamt ruhiger. Da sich eine polizeiliche Lage in den seltensten Fällen aber vorher ankündigt, müssen wir dennoch aufmerksam sein. Beispielsweise kann jemand versuchen, unsere Absperrung am Reichstagsgebäude zu überwinden oder wir ertappen einen Graffiti-Sprüher auf frischer Tat. Abhängig von der allgemeinen politischen Lage kann es auch im Außenbereich jederzeit zu einer spontanen Aktion, zum Beispiel von Umweltaktivisten, kommen.

Welche Voraussetzungen sollte jemand mitbringen, der bei Ihnen eine Ausbildung machen möchte?

Um sich bei uns bewerben zu können, muss man zwischen 16 und 27 Jahren alt sein, über einen mittleren oder entsprechenden Schulabschluss verfügen oder einen Hauptschulabschluss und eine zweijährige Berufsausbildung gemacht haben. Zusätzlich muss auf dem Abschlusszeugnis das Fach Deutsch mit der Note drei (befriedigend), das Fach Englisch mit der Note vier (ausreichend) und das Fach Sport mit der Note drei (befriedigend) bewertet sein. Die Bewerbungsfrist beginnt meistens im Oktober und endet im Januar des Folgejahres. Danach beginnt das mehrstufige Auswahlverfahren. Ausbildungsbeginn ist immer am 1. September eines Jahres. Alle Infos dazu gibt es auf der Ausbildungsseite des Bundestages.

Wie genau sieht die Ausbildung aus?

Die Ausbildung umfasst insgesamt 30 Monate. Das erste Ausbildungsjahr wird in Neustrelitz in Mecklenburg-Vorpommern durchgeführt. Hier werden die theoretischen rechtlichen Inhalte vermittelt und an der Waffe und in der Selbstverteidigung ausgebildet. Am Ende des ersten Ausbildungsjahres muss eine Zwischenprüfung abgelegt und bestanden werden.

Das zweite Ausbildungsjahr wird in Blumberg bei Berlin durchgeführt und beinhaltet praktische Unterrichtseinheiten. Auch kleinere Einsätze werden durchgeführt. Zudem finden in dieser Zeit die drei Praktika statt.

Abschließend muss der halbjährige Abschlusslehrgang in Neustrelitz absolviert und bestanden werden. Mehr dazu hat auch unser ehemaliger Auszubildender Chrstiopher Stock im Interview erzählt.

Gibt es bei Ihnen eine Aufteilung in mittleren, gehobenen und höheren Dienst wie zum Beispiel bei der Bundespolizei?

Den gibt es, analog zur Bundespolizei. Die Kollegen des Einsatzdienstes arbeiten im mittleren Dienst und haben die Möglichkeit des internen Aufstiegs in den gehobenen Dienst. Zum gehobenen Dienst gehören Führungskräfte, beispielsweise die Dienstgruppenleiter oder Sachgebietsleiter. Die Referenten und der Polizeiführer sind Beamte des gehobenen Dienstes. Zusätzlich werden wir von 30 Kollegen der Bundespolizei unterstützt, die in der Regel für die Dauer von drei Jahren zu unserer Dienststelle abgeordnet werden.

Warum kann der Bundestag nicht einfach von der Bundespolizei geschützt werden?

Die Gewaltenteilung muss strikt eingehalten werden, um die Unabhängigkeit des Parlaments aufrechtzuerhalten. Wir wollen verhindern, wie wir es schon in ferner Vergangenheit hatten, dass einzelne Abgeordnete an der Ausübung ihres Mandats gehindert werden. Zum Beispiel könnte das dadurch passieren, dass sie im Vorfeld festgenommen werden oder am Betreten des Plenarsaals gehindert werden. Dass genau das nicht passiert, dafür sind wir da.

Ist es möglich, nach der Ausbildung zu einer anderen Polizeibehörde zu wechseln?

Ein Wechsel zu einer anderen Polizeibehörde ist grundsätzlich möglich, kommt aber immer auf den Einzelfall an. Die Frage ist vielmehr, ob man überhaupt weg möchte.

Warum sind Sie Polizistin geworden?

Ich wollte schon im Alter von zehn oder zwölf Jahren Polizistin werden. Für mich kam nichts anderes in Frage, als zur Polizei oder zur Feuerwehr zu gehen, sehr zum Ärger meiner Eltern. Zu diesem Zeitpunkt gab es in beiden Bereichen nämlich noch keine Frauen. Die Polizei hat dann noch vor der Feuerwehr Frauen eingestellt und ich habe am 1. September 1990 meine Ausbildung angefangen.

(DBT/ste)

Über Bettina Jahn

Bettina Jahn (48) betreut als Leiterin der Führungsstelle 1 Täglicher Dienst/Lage die Anwärter bei der Polizei beim Deutschen Bundestag. Sie ist Erste Polizeihauptkommissarin im Referat ZR 3 Polizei, Sicherungsaufgaben.

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