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30 Jahre Deutsche Einheit Sind wir wirklich ganz und gar eins?

Am 3. Oktober feiern wir die Wiedervereinigung Deutschlands. Über den Stand der Einheit in der Lebenswirklichkeit der Menschen gibt ein Bericht Aufschluss. Das Fazit lautet: „zuversichtlich“.

Brandenburger Tor am Tag der Deutschen Einheit 2018

Eine große Feier – so wie hier 2018 in Berlin – wird es in diesem Jahr wegen Corona leider nicht geben. © picture alliance/Jens Büttner/dpa-Zentralbild/ZB

Feiernde Menschen auf der Berliner Mauer, Fremde, die sich weinend in den Armen liegen – diese Bilder vom 9. November 1989 kennen wir alle. Letztes Jahr jährte sich der Mauerfall zum 30. Mal. Und dieses Jahr feiern wir, was danach passierte, auch wenn es davon nicht ganz so spektakuläre Fotos gibt: die Wiedervereinigung Deutschlands.

Was feiern wir noch mal ganz genau?

Heute kaum noch vorstellbar, aber wahr: Bis 1990 war Deutschland rund 40 Jahre lang geteilt – in die Bundesrepublik Deutschland auf der einen und die Deutsche Demokratische Republik (DDR) auf der anderen Seite.

Doch bei den DDR-Bürgern, die politisch unterdrückt wurden, wuchs die Unzufriedenheit. In den achtziger Jahren kam es immer öfter zu Protesten. 1989 wurden Massenproteste daraus, die im Rückblick den Namen „Friedliche Revolution“ bekamen und die schließlich zu jener symbolischen Öffnung der Mauer führten, die das Land so lange getrennt hatte.

Auf den symbolischen Akt folgten politische Verhandlungen. Wie sollte die Wiedervereinigung gestaltet werden? Bevor es zu einem Vertrag zwischen den beiden Teilen Deutschlands kommen konnte, musste zunächst der sogenannte „Zwei-plus-Vier-Vertrag“ unterschrieben werden. Der heißt so, weil nicht nur die Bundesrepublik und und die DDR betroffen waren. Auch die Siegermächte des Zweiten Weltkrieges (1939-1945), also Frankreich, Großbritannien, die USA und die Sowjetunion, musste sich einigen. Sie verzichteten vertraglich auf ihre Rechte gegenüber Deutschland. Damit war Deutschland wieder ein vollwertiger, ein „souveräner“ Staat.

Am 3. Oktober 1990 schließlich wurde der Einigungsvertrag unterschrieben: Die DDR trat damit offiziell der Bundesrepublik Deutschland bei. Beide deutschen Parlamente, der Deutsche Bundestag und die Volkskammer der DDR, hatten dem Vertrag am 20. September zugestimmt. Seitdem feiern wir in Deutschland den 3. Oktober als Nationalfeiertag.

Wer das alles noch viel genauer wissen will, der kann im Dossier "Der Weg zur Deutschen Einheit" des Bundestages nachlesen.

Und wie wird gefeiert?

Eigentlich gibt es jedes Jahr eine große Einheitsfeier, die immer ein anderes Bundesland ausrichtet. Ausgerechnet zum 30. Jubiläum muss die Feier dieses Jahr Corona-bedingt ausfallen. Stattdessen gibt es in Potsdam unter dem Motto „30 Jahre – 30 Tage – 30 x Deutschland“ eine große Ausstellung, die sich über die ganze Stadt erstreckt. Der Bundestag ist auch dabei und erinnert mit seinem „City-Cube“ an die legendäre Verhüllung des Reichstagsgebäudes durch das Künstlerpaar Christo.

Am 3. Oktober gibt es zumindest eine digitale Feier mit Live-Acts von großen Musikern und Reden von bekannten Politikern. Die wird im ZDF übertragen.

Mehr Infos findet ihr auf der Internetseite zum Tag der Deutschen Einheit.

Und wie steht's tatsächliche um die Einheit?

Ist Deutschland inzwischen wirklich in jeder Beziehung ein Land? Dieser Frage geht der „Bericht zum Stand der Deutschen Einheit“ nach. Am 18. September wurde er im Bundestag vorgestellt und diskutiert.

Der Bericht konstatiert, „dass die Lebensqualität heute bundesweit einen Höchststand erreicht. Die weitaus meisten Menschen blicken zuversichtlich in die Zukunft.“

Der Osten holt auf

Ganz gleich sind die Einkommensverhältnisse in Ost und West noch nicht. Das durchschnittliche Einkommen in ostdeutschen Haushalten liegt bei 88 Prozent des West-Einkommens. In Brandenburg und Sachsen ist es am höchsten.

Die Wirtschaftskraft im Osten liegt bei 73 Prozent des Westniveaus. 1990 lag der Wert bei 37 Prozent. Eine positive Entwicklung sei auch im Vergleich zu anderen europäischen Regionen sichtbar, so der Bericht.

Unterschiedliche Wahrnehmungen

Aber auch Kritisches ist im Bericht zu lesen: „Trotz der eindrucksvollen Erfolge stellt der Stand der Deutschen Einheit jedoch nicht alle Bürgerinnen und Bürger gleichermaßen zufrieden. In den neuen Ländern schmerzen bis heute die Wunden der SED-Diktatur und die tiefen wirtschaftlichen und sozialen Umbrüche nach der Wiedervereinigung.“

Es gebe zudem neue Herausforderungen in Deutschland, die auch zu neuen Sorgen und Verunsicherungen führten. Um dagegen etwas zu tun, hat die Bundesregierung im letzten Jahr die Kommission „30 Jahre Friedliche Revolution und Deutsche Einheit“ ins Leben gerufen. Sie diskutiert seitdem mit Bürgerinnen und Bürgern über die Frage: Wie wollen wir miteinander leben? Ende 2020 wird die Kommission Empfehlungen geben, wie künftig „die innere Einheit gestaltet und gestärkt werden kann“.

Antrag der Linken

Besprochen wurde im Bundestag auch ein Antrag der Linken mit dem Titel „30 Jahre Deutsche Wiedervereinigung – Einheit vollenden, Fehler korrigieren und ostdeutsche Interessen anerkennen“. Die Fraktion fordert darin unter anderem eine "gerechte Vertretung Ostdeutscher in Führungspositionen" und Gesetzentwürfe, die für gleiche Gehälter in Ost und West sorgen sollen.

Hier könnt ihr euch die Bundestagsdebatte im Video anschauen:

(jk)

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