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Kriminalität Drei Strikes und raus?

Werden in Deutschland zu niedrige Strafen verhängt? Das findet die AfD und fordert begrenzte Verwarnungen für Verbrecher und insgesamt höhere Strafen. Die übrigen Fraktionen sind dagegen.

Reduzieren höhere Strafen Verbrechen? © picture alliance/Bildagentur-online

In der Hand des Verbrechens?

Deutschland sei ein "Freibeuterstaat", meint Tobias Matthias Peterka von der AfD. In seinem Debattenbeitrag zu einem Gesetzentwurf seiner Fraktion malte er am 14. Dezember 2018 ein schauriges Bild und kritisierte, Polizei und Justiz seien gegenüber Dieben, Räubern und Gewalttätern machtlos und ließen diese viel zu schnell wieder frei. Bei Rückfalltätern sollen die Richter höhere Strafen verhängen. Die anderen Fraktionen fanden den Vorschlag fragwürdig.

Wie ist die Gesetzeslage?

Auf dem "Markt" von Schuld und Sühne läuft es im Grunde nicht so viel anders als im Kaufhaus: Jede Sache hat ihren Preis, salopp gesprochen. Ein T-Shirt kostet 15 Euro, ein Tötungsdelikt zum Beispiel 15 Jahre Gefängnis. Der Strafrahmen für die verschiedenen Taten ist gesetzlich festgelegt. Unter Umständen gewährt der Verkäufer des T-Shirts einen Rabatt, dann wird es billiger. Auch Richter können im Rahmen eines Strafprozesses einen "Rabatt" geben und die Strafe geringer ansetzen. Dabei berücksichtigen sie die Umstände der Tat und das Vorleben des Täters.

Die AfD ist der Meinung, dass die Richter zu viele "Rabatte" geben und verlangt in ihrem Gesetzentwurf, dass sie häufiger die Höchststrafe verhängen sollen und dass diese bei Wiederholungstätern noch höher liegen soll, als es aktuell der Fall ist.

AfD: "Drei Strikes und du bist raus"

Der AfD-Abgeordnete Peterka argumentierte: "Drei Strikes und du bist raus, das ist ein Merksatz, den jeder Straftäter im Hinterkopf behalten kann und auch im Hinterkopf behalten wird, wenn der neue Paragraf kommt". Mit Strikes meint er Taten, denn er orientiert sich hier am amerikanischen Strafrecht. Auf Deutschland übertragen soll das ähnlich funktionieren und ab der "dritten Tat eine erhebliche Strafschärfung" auslösen. Das Ermessen des Richters bei der Vergabe von "Rabatten" will der Abgeordnete dabei einschränken.

Union: Angriff auf die Gewaltenteilung

Besonders an dem letztgenannten Umstand stört sich Ingmar Jung (CDU/CSU): "Die AfD will das Ermessen des Gerichtes einschränken. Das ist nicht meine Vorstellung von Gewaltenteilung, das sage ich Ihnen ganz ehrlich." Gewaltenteilung bedeutet, dass Parlament, Regierung und Gerichte im Rahmen der Verfassung jeweils unabhängig sind. Auch Jung will Rückfalltäter härter bestrafen, aber das passiere ja jetzt auch schon, denn im Strafgesetzbuch steht, "dass das Vorleben des Täters zu berücksichtigen ist".

FDP: "Völlig wirkungslos"

Dr. Jürgen Martens (FDP) erklärte, dass es eine "Strafverschärfung für Rückfalltaten" schon mal gab, dass die aber 1986 vom Bundestag abgeschafft wurde, denn "diese Regelung hatte sich schlicht nicht bewährt. Die von ihr erhofften Wirkungen sind ausgeblieben". Martens verweist auf Statistiken, die die Rückfallquoten vor und nach der Abschaffung der Verschärfungsregel untersuchten und die belegen: Im Hinterkopf des Übeltäters tut sich angesichts einer drohenden höheren Strafe recht wenig. Martens: "Sie erklären uns hier, dass das, was Sie vorhaben, völlig wirkungslos, ja, sogar kontraproduktiv ist."

SPD: Erinnert an finstere Zeiten

Auch Dr. Johannes Fechner (SPD) sieht das so und wies noch mal auf einen Umstand hin, der bei der allgemeinen Angst vor Verbrechern, machtloser Polizei und versagender Justiz immer mehr in Vergessenheit gerät: "Deutschland ist eines der sichersten Länder." Er kritisierte, dass die AfD in ihrer Gesetzesvorlage mit Nazi-Begriffen um sich werfe: "Das sind Begriffe, die an die finstersten Zeiten in Deutschland erinnern". Ein Beispiel ist der Begriff "Gewohnheitsverbrecher". Das zur NS-Herrschafft erlassene "Gewohnheitsverbrechergesetz" sah für "gefährliche Gewohnheitsverbrecher" eine Strafverschärfung sowie eine Sicherungsverwahrung vor. "Gewohnheitsverbrechern" wurden angeborene schädliche Neigungen unterstellt.

Linke: "Sinnlos"

Niema Movassat (Die Linke) bezeichnete die Pläne der AfD als sinnlos. Auch er erwähnte, dass der 1986 abgeschaffte Strafverschärfungsparagraf nichts gebracht hatte und wies darauf hin, wozu Strafen überhaupt gedacht sind, nämlich dazu "Straftäter wieder in die Gesellschaft einzugliedern". Er glaubt an die Statistik, also daran, dass längere Gefängnisaufenthalte das Gegenteil bewirken.

Grüne: "Komplett anderes Verständnis"

Canan Bayram (Bündnis 90/ Die Grünen), wies darauf hin, dass eigentlich von seinen Vorrednern schon alles gesagt sei und hatte dem auch nicht mehr viel hinzuzufügen. Außer, dass die AfD anscheinend ein "komplett anderes Verständnis von Justizvollzug" habe als der Rest des Parlaments und dass man den Gesetzentwurf nur ablehnen könne.

Jetzt wird der Gesetzentwurf im Rechtsausschuss weiter beraten. Die komplette Debatte könnt ihr euch hier in der Mediathek anschauen.

(DBT/ah)

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