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Betreuung und Vormundschaft Experten: Mehr Lohn ist richtig

Vormünder und Betreuer sind Menschen, die für andere Entscheidungen treffen, weil diese krank sind oder eine Behinderung haben. Bald sollen sie besser bezahlt werden. Experten diskutierten einen entsprechenden Gesetzentwurf – und brachten eigene Vorschläge ein.

Es ist eine verantwortungsvolle Aufgabe, die Vormundschaft oder rechtliche Betreuung für einen Menschen zu übernehmen. © shutterstock.com/Halfpoint

Ein Mensch an der Seite

Eltern haben die Verantwortung für ihre Kinder, klar. Sie treffen jeden Tag Entscheidungen für sie. Das ist ihr Job. Es gibt aber auch Erwachsene, die nicht mehr selber für sich entscheiden können, weil sie zu krank dafür sind. Sie bekommen vom Betreuungsgericht jemanden an die Seite gestellt, der sie unterstützt. Diese Helfer werden Betreuer beziehungsweise Vormund genannt. Die kümmern sich zum Beispiel um die rechtlichen Angelegenheiten der Kranken und treffen Entscheidungen zur medizinischen Behandlung.

Knapp bei Kasse

Seit 14 Jahren ist die Vergütung für Berufsbetreuer und -vormünder unverändert. Ein Großteil der selbstständigen Betreuer hat daher vergleichsweise wenig Geld. Viele Betreuungsvereine stehen vor dem Aus, nicht wenige mussten bereits schließen – dabei werden sie dringend gebraucht. Die Bundesregierung hat nun einen Gesetzentwurf zur Anpassung der Vergütung eingebracht.

Plus 17 Prozent

Dem Gesetz nach soll es eine Erhöhung um durchschnittlich 17 Prozent geben. Diese betrifft laut Christian Lange, Staatssekretär für Justiz und Verbraucherschutz, 2.800 Vereinsbetreuer und 13.100 selbstständige Berufsbetreuer.

Die erste Zeit der Betreuung soll außerdem höher vergütet werden, um Weichen für eine bessere Lebenssituation der betreuten Menschen zu stellen. So sei einfach und schnell möglich, die Existenz von Betreuungsvereinen und Betreuern zu sichert, argumentiert die Bundesregierung.

Was die Experten dazu sagen

In einer öffentlichen Anhörung des Ausschusses für Recht und Verbraucherschutz kamen Anfang Mai Experten zu Wort. Eingeladen waren Verbändevertreter sowie eine Betreuerin und ein Familienrechtler. Einig sind sich alle offensichtlich darin, dass die höhere Vergütung dringend erforderlich, das Plus jedoch viel zu gering sei.

Hilfe für 106-Jährige

Hülya Özkan, eine Betreuerin aus Bielefeld, die aktuell 43 Klienten zwischen 19 und 106 Jahren betreut, verwies auf die Studie „Qualität in der rechtlichen Betreuung“ des Instituts für Sozialforschung und Gesellschaftspolitik (ISG).

Dieser Studie nach leisten Berufsbetreuer aktuell schon 20 Prozent unbezahlte Mehrarbeit. Ihrer Meinung nach müssten Betreuer 24 Prozent mehr Zeit und 25 Prozent mehr Vergütung bekommen.

Gut, aber...

Thorsten Becker vertritt als Vorsitzender des Bundesverbandes für Berufsbetreuer/innen (BdB) die Interessen von über 7.000 Berufsbetreuern und begrüßt die geplante Erhöhung der Vergütung nach 14 Jahren Stillstand. Jedoch findet auch er sie als zu geringe. Die verantwortungsvolle Aufgabe der Betreuer und Vormünder werde nicht ausreichend wertgeschätzt.

Nur eine "Übergangslösung"?

Auch Barbara Dannhäuser vom Katholischen Verband für soziale Dienste in Deutschland (SKM) und Karina Schulze vom Paritätischen Gesamtverband beklagen, dass die Regelungen nicht weitreichend genug seien, stimmten der „Übergangslösung“ jedoch zu, um einer ersten Anpassung nicht im Weg zu stehen.

Aufwand sinke nicht immer

Lydia Hajasch von der Bundesvereinigung Lebenshilfe merkte weiter an, dass der Betreuungsaufwand nicht bei allen Klienten mit fortlaufender Dauer abnehme. Ein Beispiel sei die Betreuung von Menschen mit geistiger Behinderung.

Korruption eindämmen

Adelheid von Stösser von Transparency International Deutschland fordert bundesweite Sicherheitsstandards zum Schutz vor Korruption bei rechtlicher Betreuung sowie eine Begrenzung der Anzahl von Klienten pro Betreuer. Erst wenn diese Forderungen erfüllt seien, dürften die Vergütungen steigen.

Vorschläge des Bundesrates: Abgelehnt!

Weitere Meinungen galten den Vorschlägen des Bundesrates. Dieser hatte unter anderem angebracht, den Beginn der Erhöhung auf 2020 zu verschieben sowie den Zeitraum für eine Überprüfung von vier auf fünf Jahre zu verlängern. Daran gab es Kritik: Eine Verschiebung würde möglicherweise dazu führen, dass weitere Betreuervereine schließen müssten und eine längere Überprüfung könnte eine neue Dabatte über die Vergütung hinauszögern, hieß es.

(DBT/js)

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