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Schülerproteste Schwänzen fürs Klima

Ist es okay, wenn Schüler die Schule schwänzen, um für den Klimaschutz zu demonstrieren? Im Bundestag schieden sich an dieser Frage die Geister.

Diese Schüler haben der Bundesrepublik ein Zeugnis ausgestellt: In allen Fächern durchgefallen. © picture alliance/Britta Pedersen/dpa-Zentralbild/dpa

Für die Zukunft des Planeten

Auch diesen Freitag werden wieder Schüler streiken und für den Klimaschutz demonstrieren. Kurz nachdem am 15. März tausende Demonstranten der "Fridays for Future"-Bewegung durch Berlin und viele andere Städte der Welt gezogen sind, war die Bewegung auch Thema im Bundestag.

Worum es geht

Der Klimawandel ist in vollem Gange und dieser sei von uns Menschen gemacht, darüber herrscht in der Wissenschaft fast Konsens. Professionelle Klimatologen, Ozeanologen und Atmosphärenphysiker sagen, dass die beobachtete Erwärmung zum Großteil auf den steigenden Gehalt an dem Treibhausgas CO2 in der Atmosphäre zurückzuführen ist. Und dieses Gas kommt hauptsächlich aus Schornsteinen und Auspuffrohren.

Fünf Fraktionen im Bundestag sehen das ebenfalls so, einzig die AfD-Fraktion bezweifelt, dass der Klimawandel menschengemacht sei. Die Bundesregierung bemüht sich seit Jahren darum, etwas gegen die Erderwärmung zu tun, trotzdem wird Deutschland voraussichtlich die selbst gesetzten Klimaschutzziele 2020 verfehlen. In anderen Ländern sieht es nicht besser aus.

Greta aus Schweden

Einem Aufruf der 16-jährigen Schwedin Greta Thunberg folgend, haben sich mittlerweile Jugendliche auf der ganzen Welt den freitäglichen Schulstreiks unter dem Motto "Fridays for Future" angeschlossen. Auch Eltern und Wissenschaftler unterstützen die Bewegung. Die Politik in Deutschland reagierte zunächst zwiespältig. Einerseits lobte man – wie auch die Bundeskanzlerin – das Anliegen der Schüler. Andererseits gab es Stimmen, die meinten, die Kids sollten besser außerhalb der Schulzeit streiken.

Die Sprecher der Bewegung "Fridays for Future" glauben hingegen, dass die Proteste dann weniger Gewicht hätten – schließlich macht es auch wenig Sinn, wenn Arbeiter außerhalb ihrer Arbeitszeit zum Beispiel für mehr Lohn streiken.

Ministerin: Gut, aber...

Anja Karliczek (CDU), die Bundesministerin für Bildung und Forschung, sieht das anders. In der Aktuellen Stunde im Bundestag lobte sie zwar, dass die jungen Leute sich "für" etwas engagierten, erklärte aber: "Trotzdem gilt die Schulpflicht". In der Schule lerne man schließlich Mathematik, Physik und Informatik. Ohne "Wissen und Zusammenhänge" sei der Klimawandel nicht zu bekämpfen.

Karliczek verwies auf das kürzlich gegründete sogenannte "Klimakabinett", eine Ministerrunde, die dafür sorgen soll, dass Deutschland die Klimaziele bis 2030 erreicht.

Grüne spotten über Klimakabinett

Anton Hofreiter (Bündnis 90/Die Grünen), hatte für das Klimakabinett nur Spott übrig: "Wenn ich nicht mehr weiter weiß, gründe ich einen Arbeitskreis." Wenn die Bundesregierung endlich handeln, die Windkraft ausbauen, mehr Elektrofahrzeuge auf die Straße bringen und die Bahn ausbauen würde, sei mehr für den Klimaschutz getan. "Fangen Sie damit an", appellierte Hofreiter an die Bundesregierung. "Dann können Schüler freitags auch wieder zur Schule gehen."

Er verwies auf die über 14.000 Wissenschaftler, die die Freitags-Demonstrationen unterstützten: "Das sind Profis, auf die Sie hören sollten." Ein Seitenhieb auf FDP-Chef Christian Lindner, der kürzlich gemeint hatte, die Schüler sollten doch das Klima den "Profis" überlassen. Dafür hatte er einen ordentlichen Shitstorm kassiert.

Union: Bitte nach der Schule protestieren

Die Frage, ob man für das Klima die Schule schwänzen müsse, trieb auch Anja Weißgerber (CDU/CSU) um. Sie fand es richtig und wichtig, dass die jungen Menschen demonstrieren. Doch wenn sie dies nach Schulschluss täten, "hätte das noch mehr Gewicht und würde noch mehr wirken".

Weißgerber verwies ebenfalls auf das Klimakabinett und darauf, was alles schon getan werde. Es gebe kein anderes Industrieland auf der Welt, das gleichzeitig aus Atom- und Kohleenergie aussteige.

FDP: Schüler ernst nehmen

Ganz andere Töne schlug Dr. Lukas Köhler (FDP) an. Er forderte, die Schüler ernst zu nehmen und nicht durch eine Schulschwänz-Debatte vom Thema abzulenken. Die jungen Leute zeigten ein großes Engagement. Ernstnehmen bedeute auch, sich die Forderungen genau anzuschauen. Mit dem ständigen "Toll macht ihr das" nehme man die Schüler nicht ernst, so der Abgeordnete.

SPD: Es ist komplex

Dr. Matthias Miersch (SPD) fühlte sich wohl davon angegriffen und erwiderte Köhler, er nehme "diese jungen Menschen" durchaus ernst. Er findet die Schüler-Proteste "nicht nur beeindruckend, sondern auch richtig und wichtig". Und es müsse sich jeder engagieren. Miersch wies aber auch auf einen interessanten Widerspruch hin: Wir können nicht gegen alle möglichen Arten klimaschädlicher Dinge sein und gleichzeitig so weiterleben wollen wie bisher.

AfD: Schulpflicht durchsetzen

AfD-Abgeordneter Götz Frömming sagte: "Wir fordern die Regierung und alle nachgeordneten Behörden auf, die Schulpflicht konsequent durchzusetzen und sich ansonsten aus den Demonstrationen herauszuhalten." Frömming meinte eine Bundesregierung solle sich nicht von jeder "kollektiven Hysterie anstecken lassen".

Linke: Endlich handeln

Das sah Lorenz Gösta Beutin (Die Linke) ganz anders. Die Proteste seien keine Frage der Schulpflicht, sondern gelebte und lebendige Demokratie. Schon 1987 hätten Meteorologen und Physiker die Klimaänderung als eine der größten Gefahren für die Menschen eingestuft. Passiert sei aber lange nichts und danach viel zu wenig. Dass endlich gehandelt werden müsse, zeige der Protest Millionen junger Menschen weltweit.

(DBT/ah)

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