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Gesundheit Streit um Liste mit Alltags-Chemikalien

Paula Meister

Die Grünen fordern einen Aktionsplan gegen aus ihrer Sicht schädliche Chemikalien. Ihr Antrag wurde in einer Anhörung mit Experten sehr unterschiedlich bewertet.

Junge Frau schminkt sich

Ob in diesen Kosmetik-Produkten schädliche Stoffe stecken? © shutterstock.com/minDof

Was sind hormonstörende Chemikalien?

Sie sind in Alltagsgegenständen wie Kosmetika, Regenjacken oder Verpackungen enthalten, aber auch etwa in Pflanzenschutzmitteln: Im Antrag der Grünen geht es um sogenannte hormonstörende Chemikalien. Das sind Chemikalien, die das Hormonsystem von Menschen und Tieren beeinflussen.

Hormonstörende Chemikalien können schädlich sein, wenn sie die Wirkung von Hormonen im Körper blockieren. Dadurch kann zum Beispiel die Entwicklung des Menschen gestört werden. Außerdem gibt es Hinweise auf Krebserkrankungen und geringere Fruchtbarkeit.

Bisher müssen Produkte, in denen solche Chemikalien enthalten sind, nicht gekennzeichnet werden.

Das wollen die Grünen

Die Fraktion Bündnis 90/Die Grünen fordert in ihrem Antrag, die Bevölkerung besser vor den aus ihrer Sicht gefährlichen Chemikalien zu schützen. Sie will mit einer Kampagne über die Wirkungen aufklären. Auf einer öffentlichen Liste sollen alle potenziell gefährlichen Chemikalien vermerkt werden.

Europaweit regeln!

Der Bundestag hatte kürzlich einige Experten geladen, um deren Meinung dem Vorschlag der Grünen zu hören. In der Anhörung wurde deutlich, dass die Fachleute das Risiko der hormonstörenden Chemikalien sehr unterschiedlich einschätzen. Bisher existieren noch keine einheitlichen Regulierungen und Risiko- oder Gefahreneinstufungen auf europäischer Ebene.

Das Bundesamt für Risikobewertung sprach sich für eine einheitliche Bewertung der Chemikalien in Europa aus. Dr. Gerd Romanowski vom Verband der Chemischen Industrie meinte, dass es in Europa bereits umfassende Vorschriften für chemische Stoffe gebe. Nationale Alleingänge würden nur zu Verunsicherung führen. Er sprach sich dafür aus, dass bestimmte Grenzwerte für die Risikobewertung festgelegt werden sollten, unter denen bei der Verwendung der Chemikalien kein Risiko bestehe.

Alleine vorangehen!

Im Gegensatz dazu sprach sich Manfred Santen von Greenpeace für einen nationalen Aktionsplan und gegen das Warten auf die EU aus. Auch Professor Andreas Kortenkamp von der Brunel University London sagte, dass Deutschland „erheblichen Nachholbedarf“ habe. Eine Störung der Hormone könne irreversible Effekte etwa auf die Entwicklung des Gehirns haben.

Prof. Werner Kloas vom Leibniz-Institut für Gewässerökologie und Binnenfischerei wies darauf hin, dass hormonelle Chemikalien nicht nur die menschliche Gesundheit, sondern auch die Umwelt bedrohten. Das fände im Antrag der Grünen nicht genug Beachtung.

Wie kann man die Gefahren bewerten?

Besonders umstritten ist die Einordnung der hormonstörenden Chemikalien nach ihrer möglichen Gefährlichkeit. Prof. Daniel Dietrich von der Universität Konstanz bemängelte, der Antrag der Grünen stehe auf „wissenschaftlich schwachen Füßen“. Denn es gebe keine Beweise dafür, dass menschliche Erkrankungen wirklich durch die Chemikalien ausgelöst würden.

Um das Risiko besser beurteilen zu können, sprach sich Prof. Dr. Gerrit Schürmann vom Helmholtz-Zentrum für Umweltforschung Leipzig für ein neues Bewertungssystem aus. Er erklärte, dass hormonstörende Chemikalien das Hormonsystem direkt oder indirekt beeinflussen können und hier Gemeinsamkeiten gefunden werden müssen.

Nach der Sommerpause werden die Abgeordneten über den Antrag der Grünen abstimmen. Hier seht ihr die Anhörung im Video:

Zur Person

Mitmischen-Autorin

Paula Meister

studiert Politik, Wirtschaft, Geschichte und Soziologie in Frankreich. Besonders gerne trägt sie bunte Socken und bastelt. Aus diesem Grund sammelt sie das bei Bastlern beliebte Washitape und gemusterte Socken.

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