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KiKo zu Umweltbelastung Was schadet jungen Menschen?

Eric Matt

Süßigkeiten, Spielzeuge, hohe Lärmpegel: Viele Alltagsdinge und Situationen bergen gesundheitliche Risiken für junge Menschen. Welche Konsequenzen das haben kann, wollte die Kinderkommission kürzlich in einer öffentlichen Anhörung erfahren.

Junge Frau in Decke gehüllt greift zu mehreren Medikamenten und Inhalationssprays vor sich auf den Tisch

Allergien gehören zu den häufigsten gesundheitlichen Beeinträchtigungen bei Kindern und Jugendlichen. © shutterstock.com/Alexander_Safonov

Gefährliche Chemikalien, Verkehrslärm oder Allergene – Kinder und Jugendliche sind schon sehr früh Einflüssen ausgesetzt, die die Gesundheit gefährden. Doch was hat das für Folgen und was können wir dagegen tun?

Das wollte die Kinderkommission (KiKo) in einer öffentlichen Anhörung von den geladenen Expertinnen wissen. Dabei ging es um die konkreten Auswirkungen von Umweltverschmutzung, Umweltbelastung und umweltschädigenden Produkten auf die Jüngsten in unserer Gesellschaft.

Was ist die KiKo überhaupt?

Die KiKo macht sich stark für die Interessen von Kindern und Jugendlichen in Deutschland. Sie ist ein Unterausschuss des Ausschusses für Familie, Senioren, Frauen und Jugend und besteht aus je einer oder einem Abgeordneten pro Fraktion im Bundestag. Die Kommission wird aktuell von Charlotte Schneidewind-Hartnagel (Bündnis 90/Die Grünen) geleitet.

Schadstoffe sind ein „Teufelskreis“

„Wenn wir Kinder gesund halten, dann können wir dafür sorgen, dass die erst gar nicht krank werden. Insofern ist das auch eine wirtschaftliche Gewinnsituation“, erklärte Prof. Dr. Claudia Traidl-Hoffmann, die Direktorin der Umweltmedizin am Universitätsklinikum Augsburg ist. Neben älteren Menschen gehörten vor allem Kinder zu den vulnerablen – also besonders verletzlichen – Gruppen der Gesellschaft.

Jedoch könne man sich nicht auf einen einzigen Schadstoff konzentrieren, der die Gesundheit gefährde, sondern müsse verschiedene Faktoren berücksichtigen. Zur Erklärung: Schadstoffe sind chemische Stoffe, die ab einer gewissen Menge für Menschen, Tiere, Pflanzen und die gesamte Umwelt schädlich sein können. Besonders gefährlich hierbei sei, „dass diese Umweltschadstoffe nicht nur uns schädigen, sondern auch den Klimawandel antreiben“, so die Professorin weiter. Der Klimawandel gefährde dann wiederum unsere Gesundheit, weshalb eine Art „Teufelskreis“ entstehe.

„Soziale Herkunft berücksichtigen“

Traidl-Hoffmann erklärte außerdem, dass auch die soziale Herkunft eine Rolle spiele, ob Kinder und Jugendliche mehr oder weniger Schadstoffen ausgesetzt seien. „Wo sind die Belastungen stark? In der Nähe von befahrenen Straßen. Und wer wohnt in der Nähe von befahrenen Straßen? Kinder von sozial schwachen Haushalten“, kommentierte die Expertin.

Daher seien auch ausreichende Grünflächen in den Städten wichtig. „Wenn Grün fehlt in der Umgebung, dann ist das etwas, das krank macht. Grüne Natur hält gesund – mental, körperlich“, so Traidl-Hoffmann.

Lärm beeinträchtigt die Entwicklung

Geladen war auch Prof. Dr. Maria Klatte, die kognitive und Entwicklungspsychologie an der Technischen Universität Kaiserslautern lehrt. Die Expertin äußerte sich vor allem zu den Folgen von Lärmbelästigung. Diese nämlich würden viele unterschätzen. „Die Ohren sind immer auf Empfang. Ständig, 24 Stunden am Tag, registriert unser Gehör Geräusche und das Gehirn verarbeitet die auch. Selbst in der Nacht“, so Klatte.

Hierbei würden junge Menschen auf Lärm und Geräusche – beispielsweise eine zugeschlagene Tür oder ein vorbeifliegendes Flugzeug – besonders stark reagieren. Dies könne negative Folgen für Sprachverstehen, Erholung, Schlaf und Leistungsfähigkeit haben. Je jünger ein Kind sei, „desto stärker ist die Beeinträchtigung des Hörverstehens durch Hintergrundlärm“. Lärm in Kindertagesstätten oder Schulen beeinträchtige die Entwicklung der Kinder, da sie unkonzentrierter seien, lauter reden müssten oder öfters kreischen und schreien würden.

Die hohen Lärmpegel „in diesen Einrichtungen sind zum Teil auch durch bauliche Mängel bedingt“, so Klatte. Das bedeutet, dass die Wände beispielsweise schlecht schallisoliert sind und Geräusche weniger effektiv dämpfen. Die Professorin erklärte: „Langfristig beeinträchtigt so ein Zustand die Lernleistung der Kinder und auch das Wohlbefinden und Lernklima in der Klasse.“ Klatte erwähnte in diesem Zusammenhang eine Studie, nach der Erstklässler, die in den hinteren Reihen eines Klassenzimmers saßen, jedes dritte Wort des Lehrers falsch verstanden hätten.

Ebenso wichtig sei es, etwas gegen Verkehrslärm zu tun. Denn „21 Prozent der Bevölkerung in Deutschland fühlt sich durch Straßenlärm belästigt, acht Prozent durch Fluglärm und fünf Prozent durch Schienenlärm“. Klatte erklärte, dass besonders Kinder aus sozial benachteiligten Familien unter Lärmbelästigung leiden würden.

Welchen Einfluss haben Allergene?

„Allergische Erkrankungen gehören zu den häufigsten gesundheitlichen Beeinträchtigungen bei Kindern und Jugendlichen“, sagte Dr. Marike Kolossa-Gehring vom Umweltbundesamt. Allergien sind körperliche Abwehrreaktionen auf bestimmte Einflüsse unserer Umgebung – beispielsweise geschwollene Augen oder Juckreiz durch Blütenpollen und Tierhaare. Dies sind natürliche Einflüsse, die in unserem Körper eine Reaktion auslösen.

Die Expertin Kolossa-Gehring aber erklärte, dass Allergien „auch durch eine ganze Reihe von Chemikalien und synthetischen Stoffen ausgelöst werden“ könnten. Dazu zählten beispielsweise Duftstoffe wie Deodorant oder Parfum. Allergene – also die Stoffe, die eine Allergie hervorrufen – würden aber ebenso in Lebensmitteln, Spielzeugen, Klebstoffen oder Textilien vorkommen. In den Körper könnten sie über den Mund, die Haut oder die Atmung gelangen.

25 Prozent der Kinder mit zehn Allergenen

Kolossa-Gehring stellte die Ergebnisse einer Studie des Umweltbundesamtes in Zusammenarbeit mit dem Robert-Koch-Institut (RKI) vor. Das RKI ist euch womöglich auch aus der Corona-Pandemie bekannt. Es berät die Bundesregierung in Sachen Gesundheitsschutz.

Doch zurück zur Allergen-Studie: „Wir haben gesehen, dass praktisch in allen Innenräumen, in denen Kinder sich viel aufhalten, allergieauslösende Stoffe zu finden sind“, so die Expertin. In Deutschland gebe es „kein Kind und keinen Jugendlichen, der oder die nicht mit diesen Allergenen belastet ist“. Heutzutage sei die Belastung mit Allergenen unausweichlich. So habe die Studie bei 25 Prozent der untersuchten Kinder und Jugendlichen mehr als zehn Allergene gefunden.

Babys kommen mit schädlichen Chemikalien zur Welt

„Kinder sind besonders vulnerabel gegenüber schädlichen Chemikalien. Ihre Körper befinden sich noch in der Entwicklung“, erklärte Alexandra Caterbow von der Nichtregierungsorganisation „Hej! Support“. Besonders als Ungeborenes im Bauch der Mutter oder in der frühen Kindheit könnten Chemikalien Krankheiten auslösen, die im späteren Leben auftreten würden. Dazu zählten beispielsweise verschiedene Krebsarten, Diabetes, Übergewicht oder Herz-Kreislauf-Erkrankungen.

„Besonders besorgniserregend sind auch neue Erkenntnisse zum Thema Fruchtbarkeit. Die weltweite Fruchtbarkeit ist in den letzten 50 Jahren um mehr als 50 Prozent gesunken“, so Caterbow. Chemikalien seien hierfür zwar nicht der einzige Grund, jedoch müsse man diesen Faktor nach Meinung der Expertin stärker beachten.

In Europa nämlich würde jedes neugeborene Kind bereits mit schädlichen Chemikalien zur Welt kommen. Im Jahre 2012 seien außerdem weltweit mehr als 1,7 Millionen Kinder unter fünf Jahren „durch vermeidbare Umweltfaktoren“ gestorben. Dies würde 26 Prozent aller Tode in dieser Altersgruppe ausmachen. Caterbow warnte vor der Zunahme von Allergien, den Schäden für die Gehirnentwicklung und einem verschlechterten Lernverhalten. Sie merkte an: „Die beste Prävention für all das sind weniger Schadstoffe auf dem Markt, in der Umwelt und in unseren Produkten und Lebensmitteln.“

Die komplette Anhörung findet ihr wie immer auf bundestag.de. Ihr könnt sie euch auch hier im Video anschauen.

Portraitfoto von mitmischen-Autor Eric Matt
mitmischen-Autor

Eric Matt

... ist 22 Jahre alt und studiert an der Universität Konstanz Politik- und Verwaltungswissenschaften. Zurzeit macht er ein Auslandssemester in Israel.

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