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Weltfrauentag Debatte um Gleichberechtigung

Eric Matt

Heute ist Internationaler Frauentag. Schon im Vorfeld debattierten die Bundestagsabgeordneten über die Lohnlücke, Gewalt an Frauen und die negativen Auswirkungen der Corona-Pandemie auf die Gleichberechtigung.

Junge Frauen vor dem Brandenburger Tor in Berlin. Eine hält ein Schild mit dem Bild einer Faust darauf und dem Text: 'Frauenkampftag ist jeden Tag'

Am 8. März protestieren Menschen weltweit für mehr Frauenrechte. © picture alliance/dpa/Jörg Carstensen

„Das Motto am 8. März lautet: Each for equal. Jeder und jede für Gleichberechtigung“, so die Bundesministerin für Familie, Senioren, Frauen und Jugend Anne Spiegel (Bündnis 90/Die Grünen) im Bundestag.

Im Zusammenschnitt oben seht ihr einige Zitate aus der Debatte anlässlich des Internationalen Frauentages, der jedes Jahr am 8. März begangen wird. Einig waren sich die Rednerinnen in einem Punkt: Frauenrechte müssten gestärkt werden. Gespalten aber waren sie in der Frage, was man konkret ändern müsse.

Was ist der Internationale Frauentag?

Der Internationale Frauentag, auch Weltfrauentag genannt, feiert am 8. März seinen 111. Geburtstag. Zum ersten Mal wurde er im Jahre 1911 in Dänemark, Deutschland, Österreich und der Schweiz ausgetragen. Im Laufe der Zeit kamen immer mehr Staaten hinzu und in einigen Ländern ist der Tag sogar ein gesetzlicher Feiertag – so auch im Bundesland Berlin.

Seit 1975 feiern die Vereinten Nationen den Weltfrauentag. Die Vereinten Nationen sind eine internationale Organisation mit 193 Mitgliedsstaaten. Während die ersten Feministinnen vor 100 Jahren vor allem das Wahlrecht für Frauen forderten, geht es heute um viele verschiedene Themen. So ging es in den vergangenen Jahren beispielsweise um Chancengleichheit im Erwerbsleben, um gleichen Lohn für gleiche Arbeit, um die Verbesserung der Situation von Migrantinnen, um den Kampf gegen Gewalt an Frauen und gegen Zwangsprostitution oder Frauenhandel. Dieses Jahr ist das weltweite Thema „#BreakTheBias“. Das bedeutet so viel wie „hört auf mit Vorurteilen und ungleicher Behandlung“.

Bundesfrauenministerin: „Es ist allerhöchste Zeit für Gleichstellung“

„Meines Erachtens sollte jede Frau das Recht haben auf gleiche Bezahlung mit Männern. Für gleiche Arbeit muss es gleiche Bezahlung geben. Dies ist nach wie vor nicht verwirklicht“, erklärte Anne Spiegel (Bündni 90/Die Grünen), die Bundesministerin für Familie, Senioren, Frauen und Jugend ist.

Zur Erklärung: Selbst bei gleicher Qualifikation und gleichem Job verdienen Frauen im Durchschnitt sechs Prozent weniger als Männer, ist auf der Website des Ministeriums nachzulesen.

Betrachtet man die Lohnlücke ganz allgemein, verdienten Frauen in Deutschland im Durchschnitt 18 Prozent weniger als Männer – weltweit seien es sogar 19 Prozent, so die Ministerin.

Erklärungen dazu findet man ebenfalls auf der Website des Ministeriums: „Frauen wählen andere Berufe als Männer. Sie arbeiten häufiger in sozialen oder personennahen Dienstleistungen, die schlechter bezahlt werden als beispielsweise technische Berufe. Insbesondere die (längere) familienbedingte Erwerbsunterbrechung und der anschließende Wiedereinstieg in Teilzeit und Minijobs sind ein Grund: 47 Prozent der sozialversicherungspflichtig beschäftigten Frauen arbeiten in Teilzeit. Knapp 62 Prozent aller sogenannten Minijobs werden von Frauen ausgeübt." Zudem hätten Frauen noch immer schlechtere Karrierechancen.

Was das bedeutet? „Dass Frauen statistisch 65 Tage umsonst arbeiten müssen. Das Weltwirtschaftsforum hat vorgerechnet, dass wir Gleichstellung erst in 135 Jahren erreichen, wenn wir in diesem Tempo weitermachen“, sagte Spiegel. Dies sei gerade deshalb besorgniserregend, da es noch nie eine „besser ausgebildete Frauengeneration als heute“ gegeben habe. Ein weiteres großes Problem sei Gewalt an Frauen. „Es macht fassungslos, dass in Deutschland an jedem dritten Tag eine Frau von ihrem Partner oder Ex-Partner getötet wird“, sagte Spiegel. Sie beendete ihre Rede: „Es ist allerhöchste Zeit für Gleichstellung und ich werde dafür kämpfen.“

CDU/CSU: „Krise der Frauen“

Die CDU/CSU-Abgeordnete Mareike Lotte Wulf kritisierte die Rede der Frauenministerin, da sie sich „bei vielen Themen ein bisschen mehr als wohlwollende Appelle, ein bisschen mehr Konkretes“ gewünscht habe. Dass es Lösungen brauche, zeige insbesondere die Pandemie, die eine „Krise der Frauen“ sei. So arbeiteten im Gesundheitswesen vor allem Frauen, die sich gleichzeitig auch um ihre Kinder kümmern müssten. „Unhaltbare Zustände“ herrschten vor allem für Erzieherinnen, da es dort zu wenig Personal und eine schlechte Bezahlung gebe. Weitere Bereiche, in denen die Pandemie besonders Frauen treffe, seien beispielsweise Tourismus, Gastronomie oder Friseure.

Wulf zeigte sich besorgt über Gewalt an Frauen und Kindern. Im Jahr 2020 sei die Verbreitung von Abbildungen sexualisierter Folter gegen Kinder im Vergleich zum Vorjahr um mehr als 50 Prozent gestiegen. Was daran besonders schlimm sei? „Wo Abbildungen sind, da sind auch Taten.“

SPD: „Frauenrechte sind Menschenrechte“

„Wir fordern die Hälfte des Geldes. Wir fordern die Hälfte der Macht. Noch immer sitzen in deutschen Vorständen mehr Männer als Frauen“, bemängelte die SPD-Abgeordnete Ariane Fäscher. Dabei gehe es nicht darum, Männern Rechte wegzunehmen, sondern darum, „dass Männlichsein nicht automatisch privilegiert ist“. Laut Fäscher führe Macht zu Überlegenheit. Ein Verlust von Macht aber führe zu Ohnmacht und Gewalt. „Daher durchzieht Gewalt die allermeisten Frauenleben von Kindheit an: sexueller Missbrauch, Genitalverstümmelung, Stalking, sexuelle Gewalt bis hin zum Mord.“ Dies habe sich besonders währen der Pandemie gezeigt, in der jede zehnte Frau von ihrem Partner „bedroht, geschlagen und vergewaltigt“ worden sei. Die Ampel-Regierung versuche daher, das Angebot an Frauenhäusern auszubauen, wobei der „beste Opferschutz Prävention“ sei. Fäscher resümierte: „Frauenrechte sind Menschenrechte.“

AfD: „Wollen Sie Tampons über Teheran abwerfen?“

„Als vor 111 Jahren der Weltfrauentag eingeführt wurde, ging es noch um echte Frauenrechte, nämlich den Kampf für Gleichberechtigung und für die Freiheit der Frau“, sagte die AfD-Abgeordnete Mariana Iris Harder-Kühnel. Heutzutage aber würden hauptsächlich „Phantomdebatten“ über gendergerechte Sprache oder Frauenquoten geführt. Sie kritisierte, dass die neue Außenministerin Annalena Baerbock (Bündnis 90/Die Grünen) von einer sogenannten feministischen Außenpolitik „schwadroniert“. Das sei eine Politik, die Frauen in Verhandlungen miteinbeziehe und eher auf Diplomatie als auf Militär setze. Harder-Kühnel fragte: „Wollen Sie Tampons über Teheran abwerfen?“ Wichtiger für sie sei, dass Frauen beispielsweise „angstfrei und ohne Begleitung nachts auf die Straße gehen“ könnten. Sie forderte: „Beenden Sie die Massenmigration. Beenden Sie Ihren konstruierten Kampf der Geschlechter. Lassen Sie Qualifikation entscheiden, keine Quote.“

FDP: Weg mit Paragraph 219a

Nach 16 Jahren unionsgeführter Regierungszeit habe die neue Ampel-Koalition „eine klare Ausrichtung auf eine moderne Gesellschaftspolitik“, erklärte die FDP-Abgeordnete Nicole Bauer. Ziel dabei sei, dass alle Menschen unabhängig von ihrem Geschlecht faire Lebenschancen haben. „Wir werden insbesondere Frauen stärker schützen; denn nur ein gewaltfreies Leben ist die Grundlage für eine freie Entfaltung“, so Bauer. Aktuell aber müsse die Polizei hierzulande noch alle 45 Minuten wegen häuslicher Gewalt ausrücken.

Wichtig für ein selbstbestimmtes Leben sei auch das Recht auf Abtreibung. Daher wolle die Regierung Paragraph 219a des Strafgesetzbuches (StGB) streichen. Zur Erklärung: Der Paragraph 219a ist seit Jahren ein vieldiskutiertes Thema, da er Informationen zu Schwangerschaftsabbrüchen etwa auf Websites von Ärztinnen und Ärzten verbietet. Oftmals wird es Betroffenen dadurch erschwert, sich sachlich zu informieren. „Schaffen wir faire Chancen für gelebte Gleichberechtigung“, forderte Bauer.

Linke: „Strukturelle Ungleichheit“

Heidi Reichinnek von der Fraktion Die Linke zog nach über 100 Jahren Weltfrauentag ein Zwischenfazit. „Fakt ist, dass nur 35 Prozent der Mitglieder dieses Hauses Frauen sind. Fakt ist, dass 40 Prozent aller Frauen über 16 Jahre körperliche oder sexualisierte Gewalt erlebt haben. Fakt ist, dass Frauen immer noch 18 Prozent weniger als Männer verdienen“, kritisierte die Abgeordnete. Über Frauenrechte werde zwar viel gesprochen, an der tatsächlichen Situation aber ändere sich wenig, sodass die „strukturelle Ungleichheit“ bestehen bleibe. Es sei wichtig, nicht „irgendwelche Genderdebatten“ zu führen, sondern eine faire Bezahlung sowie „Anerkennung und Wertschätzung von Sorge, Pflege und Erziehungsarbeit“ zu gewährleisten. Reichinnek kommentierte: „Wir führen feministische Kämpfe seit Jahrzehnten. Ich bin es leid und hätte hier lieber eine Festrede gehalten, aber dafür gibt es noch viel zu viel zu tun.“

Grüne: „Frauen jetzt entlasten“

„Mit einer Feministin als Frauenministerin und einer Außenministerin, die ein Zeichen mit feministischer Außenpolitik setzt, wird klar: Auch das Empowerment von Frauen und Menschenrechte stehen im Mittelpunkt“, sagte Ulle Schauws von der Fraktion Bündnis 90/Die Grünen. Die Corona-Pandemie aber wirke sich negativ auf die Geschlechtergerechtigkeit aus, da vor allem Frauen zu Hause blieben, um Homeschooling und Kinderbetreuung zu übernehmen. „Wir müssen Frauen jetzt entlasten“, so Schauws. Dafür forderte sie beispielsweise flexiblere Arbeitszeiten, eine Steuerreform oder mehr Elterngeld. Es sei selbstverständlich, „dass wir für die Rechte aller Frauen nicht nur am Frauentag, sondern immer und uneingeschränkt“ einstehen. Auch die Grünen-Abgeordnete forderte die Abschaffung des Paragraphen 219a, da dies ein „frauenpolitisch wichtiges Signal“ sei.

Die komplette Bundestagsdebatte seht ihr hier im Video, das Protokoll findet ihr wie immer auf bundestag.de.

Portraitfoto von mitmischen-Autor Eric Matt
Mitmischen-Autor

Eric Matt

... ist 22 Jahre alt und studiert an der Universität Konstanz Politik- und Verwaltungswissenschaften. Zurzeit macht er ein Auslandssemester in Israel.

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