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Renten-Experte „Von nichts kommt leider nichts“

Julia Funk

Das Renten-System stehe vor einer Stresssituation, sagt Peter Weiß (CDU/CSU) – aber es sei Land in Sicht. Trotzdem müsse sich jeder Mensch, egal wie alt oder jung, Gedanken über seine Rente machen.

Porträt Peter Weiß.

„Mein Rat an jeden jungen Menschen ist, rechtzeitig mit der Altersvorsorge zu beginnen“, sagt Peter Weiß. © Claudia Thoma

Meine Rente liegt noch in jahrzehnteweiter Ferne. Warum sollte ich mich jetzt mit dem Thema beschäftigen?

Eigentlich orientiert die Rente sich ja ausschließlich an der Frage: Wie lange habe ich wie viel eingezahlt? Und je früher ein junger Mensch anfängt, in die gesetzliche Rente, aber auch in Zusatzrentensysteme, einzuzahlen, umso sicherer kann er sein, dass er im Alter genügend Einkommen zum Leben hat. Deswegen ist mein Rat an jeden jungen Menschen, rechtzeitig mit der Altersvorsorge zu beginnen. Der ignorante Spruch „Ich weiß ja eh nicht, was ich am Schluss rauskriege“, das ist eigentlich bloß eine Ausrede. Wer nicht rechtzeitig mit der Altersvorsorge anfängt, der wird am Schluss wirklich nicht genug haben.

Wer selbstständig, muss sich selber kümmern, oder?

Genau – und leider tappen auch viele in diese Falle und zahlen dann keine Beiträge oder kümmern sich nicht um eine private Altersvorsorge. Deswegen arbeiten wir gerade auch an einem weiteren Gesetzesentwurf. Die Selbstständigen sollen nämlich verpflichtet werden, in die Altersvorsorge einzuzahlen. Entweder in die gesetzliche Rente oder in ein Alternativprodukt. Aber den Zustand, dass Selbstständige nichts für die Altersvorsorge tun müssen, den werden wir uns in Zukunft nicht mehr leisten können. Selbstständig zu arbeiten heißt ja leider nicht automatisch, dass man reich wird und man im Alter viel Geld hat.

Union und SPD haben beschlossen, eine sogenannte Grundrente einzuführen. Was ändert sich konkret im Vergleich zum bisherigen System?

Also, die gesetzliche Rente funktioniert ja so: Ich bekomme, wenn ich in Rente gehe, eine bestimmte Summe monatlich als Rente ausgezahlt. Die orientiert sich daran, wie lange ich wie viel Geld eingezahlt habe. Wenn jemand sehr wenig Geld verdient hat, dann ist natürlich auch die Rente sehr gering. Und deshalb wollen wir jetzt Folgendes machen: Wenn jemand 35 Jahre in die Rentenversicherung eingezahlt hat und nur eine geringe Rente bekommt, soll dieser Betrag aufgestockt werden. Und zwar auf 80 Prozent der durchschnittlichen Rente. So soll der Betreffende monatlich mehr Einkommen zur Verfügung haben als mit der Grundsicherung, die Rentner bekommen, wenn die Rente nicht ausreicht.

Von der Grundrente werden viele Rentner profitieren. Dafür zahlen müssen junge Leute, und zwar mit ihren Rentenversicherungsbeiträgen und auch mit Steuern. Wer garantiert uns aber, dass auch wir eine faire Rente bekommen, wenn wir alt sind?

Wenn man frech wäre, könnte man sagen: Ihre Kinder und Enkelkinder. So wie Sie mit Ihren Beiträgen mal meine Rente finanzieren. Aber ja, die deutsche Gesellschaft insgesamt und insbesondere das Rentensystem steht vor einer großen Herausforderung. Weil in den kommenden zehn, 20 oder 30 Jahren die geburtenstarken Jahrgänge in Rente gehen werden. Das werden sehr viele Menschen sein und sie werden alle die große Erwartung haben, eine gute Rente ausgezahlt zu bekommen. Finanzieren müssen das die Jungen. Und die Jungen sind deutlich weniger Leute. Das wird natürlich eine Stresssituation für das deutsche Rentensystem werden. Und wenn dann so ab dem Jahr 2070 die geburtenstarken Jahrgänge durch sind, dann wird sich das wieder normalisieren. Es ist also auch irgendwo wieder Land in Sicht.

Aber wie überstehen wir in der Zwischenzeit die Stresssituation?

Das herauszufinden, ist jetzt die Aufgabe der Rentenkommission der Bundesregierung. Dafür werden wir Szenarien durchspielen und dann Vorschläge machen. Es wird wahrscheinlich eine Mischung geben: Für die Jungen wird der Beitragssatz ansteigen, aber es wird eine Grenze geben müssen für den maximalen Beitragssatz. Die Rente für die Alten wird etwas langsamer ansteigen, damit die Kosten für die Jungen nicht zu groß werden. Man wird zusätzlich den Zuschuss des Bundes zur Rentenversicherung weiter erhöhen müssen, dieses Geld kommt aus Steuern. Und dann wird natürlich ganz entscheidend sein, ob die Leute neben der gesetzlichen Rente auch noch eine Zusatzrente haben.

Wer 35 Jahre lang gearbeitet hat, soll die Grundrente bekommen. Was passiert mit denen, die kürzer berufstätig waren? Droht ihnen die Altersarmut?

Bisher gab es den sogenannten Modellrentner, der 45 Jahre in die Rentenversicherung eingezahlt hat. Die 35 Jahre sind jetzt ein Kompromiss. Wer keine 35 Jahre eingezahlt hat und auch nicht zusätzlich etwas getan hat, der wird im Alter wahrscheinlich schon ein Problem haben. Aber das galt auch bisher. Von nichts kommt leider nichts. Und so kann eben auch keine auskömmliche Rente erreicht werden. Wir möchten auch, dass sich die Menschen einfach mehr Gedanken darüber machen, ob das, was sie tun, für ihre Rente reichen wird. Dafür wollen wir nächstes Jahr die sogenannte übergreifendeRenteninformation einführen. Die soll alle Formen der Altersvorsorge umgreifen. Dort kann man dann im Internet und mit seiner Sozialversicherungsnummer nachschauen, welche verschiedene Posten man bereits hat (etwa Betriebsrente, Riesterrente und so weiter) und wie viel Geld am Ende dabei rumkommt. Das soll einfach eine Übersicht für alle Bürger sein. Sie können sich damit einen Überblick verschaffen und dann dementsprechend handeln.

Haben Sie noch einen Tipp für Berufseinsteiger oder Studenten mit Blick auf die Rente?

Ich denke, wenn man zum ersten Mal einen Job hat, auch wenn es nur einen Minijob ist, dann sollte man auf jeden Fall den Arbeitgeber fragen, ob es Möglichkeiten zur betrieblichen Altersvorsorge gibt. Und das sollte man natürlich auch mitnehmen und nicht auf das Geld verzichten. Und wenn es auch noch so kleine Beträge sind, eines Tages wird es einen freuen, wenn man damit rechtzeitig angefangen hat.

Außerdem sollte man sich nicht gleich vom nächstbesten Berater etwas aufschwatzen lassen, wenn es um die Altersvorsorge geht. Es ist immer gut, sich erstmal ein paar Angebote anzuhören. Übrigens kann man sich auch bei den Verbraucherzentralen sehr gut über verschiedene Möglichkeiten informieren.

Über Peter Weiß

Peter Weiß, 63, sitzt seit 1998 für die CDU/CSU im Bundestag. Er ist Mitglied im Ausschuss für Arbeit und Soziales und im Vermittlungsausschuss, stellvertretend auch im Gesundheitsausschuss. Mehr erfahrt ihr auf seinem Profil auf bundestag.de.

mitmischen-Autorin

Julia Funk

Julia hat Crossmedia und Public Relations studiert, Erfahrung im Film und Fernehen gesammelt und schreibt hin und wieder Artikel für verschiedene Online-Magazine. Auf Straßenschildern liest sie Sätze und Wörter gerne rückwärts.

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