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Islam Wer bezahlt den Imam?

Lena Corneliessen

In der Bundesrepublik leben rund 4,5 Millionen Muslime. Zwei Anträge von AfD und Bündnis 90/Die Grünen werfen jetzt ein Schlaglicht auf Moscheen und Imame. Lena erklärt, wo die Faktionen etwas verändern wollen.

Imame sitzen im Kreis

Die Iman-Ausbildung in Deutschland wird von privaten Geldgebern finanziert, wie hier am Institut Buhara in Berlin. © dpa

Imame und Finanzen

Der Islam gehöre "inzwischen unzweifelhaft zu Deutschland". Diese Einschätzung von Bundeskanzlerin Dr. Angela Merkel (CDU) teilen nicht alle Menschen in Deutschland. Kontroverse Diskussionen über die Rolle des Islam sind an der Tagesordnung – auch im Bundestag.

Die Abgeordneten befassen sich derzeit mit zwei Themen: Um die Ausbildung von Imamen (Vorbeter) geht es in einem Antrag der Fraktion Bündnis 90/Die Grünen. Mit den Geldflüssen aus dem Ausland für muslimische Religionsgemeinsschaften beschäftigt sich ein Antrag der AfD-Fraktion.

Die Zahlen

Doch zunächst zu den Zahlen: In der Bundesrepublik leben zwischen 4,4 und 4,7 Millionen Menschen, die sich zum muslimischen Glauben bekennen. Das sind etwa 5,5 Prozent der Bevölkerung. Nach dem Christentum ist der Islam die Religion mit der zweitgrößten Zahl an Anhängern in Deutschland.

Immer wenn die Rede von "den Muslimen" ist, vernachlässigt man deren komplexe Zusammensetzung. "Die Muslime" in Deutschland kommen nicht nur aus unterschiedlichen Ländern, sondern gehören auch verschiedenen Glaubensrichtungen des Islam an. Die meisten von ihnen zählen zu den Sunniten (etwa 75 Prozent), es folgen Aleviten (ungefähr 13 Prozent) und Schiiten (etwa sieben Prozent).

Unübersichtlich

Und so gibt es auch eine große Anzahl an islamischen Verbänden in Deutschland, die unterschiedliche Interessen vertreten. Die meisten größeren Islamverbände sind türkisch-sunnitisch geprägt, so zum Beispiel die umstrittene Türkisch-Islamische Union der Anstalt für Religion (Ditib). Sie zählt mit dem Islamrat (IR), dem Zentralrat der Muslime (ZMD) und dem Verband der Islamischen Kulturzentren (VIKZ) zu den vier großen Verbänden.

Die Moscheenlandschaft ist von unten gewachsen. Gemeinden bemühen sich seit jeher darum, Zusammenschlüsse zu bilden, gleichzeitig konkurrieren sie aber untereinander um Mitgliedsvereine. Das führte zu einem recht unübersichtlichen Aufbau des organisierten Islams.

Die Moscheegemeinden

Das religiöse Leben der Muslime spielt sich in erster Linie in den Moscheegemeinden ab. Aber wie sieht eigentlich das Gemeindeleben in einer Moschee aus? Sehr unterschiedlich, immerhin befinden sich auf dem Gebiet der Bundesrepublik etwa 2.700 Moscheen. Zum Vergleich: In Deutschland gibt es etwa 24.500 katholische und 21.100 evangelische Kirchen.

Moscheen bieten religiöse Aktivitäten (Gottesdienste, Koranunterricht, Pilgerfahrten, Feste etc.) an, die durch nicht-religiöse Angebote ergänzt werden, zu denen beispielsweise auch Deutschkurse oder Hilfsprojekte zählen. "Chef" dieser Moscheegemeinden ist häufig ein Imam, er fungiert als religiöses Oberhaupt und soziale Autorität.

Die Imame

Die meisten Imame sind nicht in Deutschland aufgewachsen. Während viele dieser überwiegend sunnitischen Religionsbediensteten für einen unbefristeten Zeitraum in Deutschland tätig sind, stellt beispielsweise der Verband Ditib ausländische Imame für eine befristete Dauer an. Dieser Islamverbund arbeitet eng mit der türkischen Religionsbehörde "Diyanet" zusammen. 2016 finanzierte die türkische Regierung so indirekt etwa 800 Imame, die in Deutschland predigten, besagen Zahlen des Mediendienstes Integration.

Antrag der Grünen: Imame ausbilden

In dieser ausländischen Ausbildung und Finanzierung von Imamen sehen die Grünen im Bundestag ein Problem und haben deshalb einen Antrag eingebracht, der im November 2018 erstmalig im Bundestag diskutiert wurde. Die Fraktion weist darin darauf hin, dass es in Deutschland bislang keine einheitlichen Standards für eine Imamausbildung gibt.

Die Imame werden nicht nur überwiegend im Ausland ausgebildet, sondern oft auch von dort aus bezahlt. Daraus ergebe sich eine (indirekte) Abhängigkeit des Gemeindelebens von ausländischen Staaten oder Interessengruppen.

Die Grünen fordern deshalb "Möglichkeiten zur qualifizierten Ausbildung für Imame und islamische Religionsbedienstete im Anschluss an eine akademische Grundbildung durch ein Theologiestudium im staatlichen Hochschulsystem".

Antrag der AfD: Geldhahn zudrehen

Ein Antrag der AfD-Fraktion widmet sich speziell dem Thema "Finanzierung von Religionsgemeinschaften". Die Bundesregierung solle die Finanzierung von Religionsgemeinschaften durch ausländische Staaten untersagen, "die ihrerseits die Religionsfreiheit unterdrücken", fordern die Abgeordneten.

Es müsse ausgeschlossen werden, "dass (...) Regime die Freiheit der Religionsausübung in Deutschland missbrauchen, um fundamentalistische Strömungen zu unterstützen, die sich gegen die allgemeinen Menschenrechte einschließlich der Religionsfreiheit richten", heißt es in dem Antrag. Die AfD möchte so verhindern, dass deutsche Muslime radikalisiert werden und dass autoritäre Staaten wie die Türkei oder Saudi-Arabien Einfluss auf Muslime in Deutschland nehmen.

Die Debatte über die beiden Anträge könnt ihr euch hier im Video ansehen.

Beide Anträge wurden zur weiteren Beratung an den Ausschuss für Inneres und Heimat überwiesen. Dort diskutieren die Fachleute nun, wie es mit dem Thema Imam-Ausbildung und Finanzierung von Religionsgemeinschaften weitergehen soll.

Lena Corneliessen

Zur Person

Mitmischen-Autorin

Lena Corneliessen

macht ein Freiwilliges Soziales Jahr an einer Förderschule.

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