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Fraktionsmeinungen Wie stehen Sie zu E-Autos?

Die Bundesregierung will E-Autos weiter fördern. Was sagt der Bundestag dazu? Wir haben Verkehrsexperten aus allen Fraktionen befragt.

CDU/CSU
Porträt Ulrich Lange

Ulrich Lange (CDU/CSU), 50, ist Vorsitzender der Arbeitsgruppe Verkehr und digitale Infrastruktur seiner Fraktion. Er sitzt im gleichnamigen Ausschuss sowie im Ausschuss für Bau, Wohnen, Stadtentwicklung und Kommunen. Bevor er hauptberuflich in die Politik ging, hat er als Rechtsanwalt gearbeitet. Seit 2009 ist er Abgeordneter im Bundestag. © Ulrich Lange

Die Bundesregierung will die Anschaffung von Elektro-Fahrzeugen stärker fördern als bisher – eine gute Idee?

Die Steigerung des Anteils von Elektrofahrzeugen ist eine zentrale Maßnahme des Klimaschutzprogramms 2030, um den Straßenverkehr umweltverträglicher zu machen, und ein wirksamer Beitrag zur Reduktion der CO2-Emissionen. Als Bindeglied zwischen der Stromerzeugung aus erneuerbaren Energiequellen und dem Verkehrssektor ist die Elektromobilität ein wichtiger Baustein der Energiewende. Deshalb wird nun die staatliche Kaufprämie für Elektrofahrzeuge verlängert und kleine Fahrzeuge werden noch stärker gefördert.

Elektroautos werden schon seit Jahren gefördert. Warum fahren trotzdem nur wenige Deutsche ein E-Auto?

Der Ausbau der öffentlich zugänglichen Ladeinfrastruktur ist Grundvoraussetzung für die Akzeptanz und die Zunahme der Elektromobilität. Ein weiterer Baustein wird die Änderung des Wohnungseigentumsgesetzes sein, um Ladesäulen auch in Wohnanlagen aufzustellen. Elektroautos sind teilweise noch zu teuer und viele Modelle verfügen noch über eine zu geringe Reichweite. Hier sehe ich jedoch die Hersteller in der Pflicht.

Bis 2030 sollen sieben bis zehn Millionen Elektro-Fahrzeuge auf deutschen Straßen fahren – so der Plan der Bundesregierung. Ist das ein realistisches Ziel?

Diese Zielmarke für Elektroautos ist ein ganz wichtiges Element der Klimaschutzmaßnahmen im Verkehrssektor. Die öffentlich zugängliche Ladeinfrastruktur muss weiter ausgebaut werden. In Deutschland sollen bis 2030 insgesamt eine Million Ladepunkte zur Verfügung stehen. Deshalb fördert der Bund den Aufbau von öffentlichen Ladensäulen mit entsprechenden Programmen. Mit der steuerlichen Förderung der Elektromobilität werden weitere wirksame Anreize für den Hochlauf der Elektrofahrzeuge gesetzt.

Manche Kritiker behaupten, E-Mobilität sei gar nicht so umweltfreundlich wie angenommen. Was meinen Sie?

Elektrofahrzeuge sind so klimafreundlich wie der Strom, mit dem sie fahren. Je mehr Strom aus erneuerbaren Energiequellen hergestellt wird, desto besser wird die CO2- und Schadstoffbilanz eines Elektroautos. Der Rohstoffaufwand ist bei Elektroautos höher als bei konventionellen Fahrzeugen. Am Ende gilt es insgesamt abzuwägen zwischen den Klima-, Umwelt- und weiteren Effekten der jeweils verfügbaren alternativen Antriebe und Fahrzeugarten.

SPD
Portrait Sören Bartol

Sören Bartol (SPD), 45, ist seit 2002 Mitglied des Deutschen Bundestages. Für seine Fraktion ist er Sprecher der Arbeitsgruppe Verkehr, Bau und Stadtentwicklung. Er hat Politik, Jura und Medienwissenschaften studiert. © photothek

Die Bundesregierung will die Anschaffung von Elektro-Fahrzeugen stärker fördern als bisher – eine gute Idee?

Ja, das ist eine gute Idee. Damit wir unsere Klimaziele erreichen, müssen wir insbesondere im Verkehrsbereich unsere CO2-Emissionen senken. Die Elektromobilität ist ein Schlüssel dazu. Elektromobilität ist übrigens mehr als elektrisch betriebene Autos: E-Tretroller, E-Bikes und Scooter aber auch Straßenbahnen und Züge fahren ebenfalls elektrisch. Darum fördern wir auch den öffentlichen Personenverkehr, indem wir viele Milliarden Euro in den Ausbau von Bahn, Bussen und U-Bahnen stecken.

Elektroautos werden schon seit Jahren gefördert. Warum fahren trotzdem nur wenige Deutsche ein E-Auto?

Der Markt kommt in Fahrt, es werden immer mehr bezahlbare E-Autos angeboten. Das wird der Technologie einen deutlichen Schub geben. Außerdem gibt es immer mehr Ladepunkte für die Autos. Moderne E-Autos lassen sich auch viel schneller laden, sodass auch längere Strecken problemlos überbrückt werden können.

Bis 2030 sollen sieben bis zehn Millionen Elektro-Fahrzeuge auf deutschen Straßen fahren – so der Plan der Bundesregierung. Ist das ein realistisches Ziel?

Durchaus. Und noch einmal: Betrachtet man Elektromobilität ganzheitlich, dann zählt man nicht nur Autos, sondern auch die vielen anderen elektrisch betriebenen Fahrzeuge dazu. Um Brötchen zu holen, muss ich ja nicht mit dem E-Golf zum Bäcker fahren, sondern kann das auch bequem mit einem E-Bike erledigen.

Manche Kritiker behaupten, E-Mobilität sei gar nicht so umweltfreundlich wie angenommen. Was meinen Sie?

Das muss man differenziert betrachten. Die Wissenschaft ist sich einig, dass E-Autos über die gesamte Lebenszeit weniger umwelt- und klimaschädlich sind als Konventionelle. Neue Mobilitätsangebote machen die E-Autos auch noch einmal klimafreundlicher, etwa weil ein einzelnes Auto Mobilität für viele Menschen schafft – Stichwort Carsharing.

AfD
Portrait Dirk Spaniel

Dirk Spaniel (AfD), 47, ist Diplom-Ingenieur. Seit 2017 sitzt er im Bundestag, wo er Obmann im Ausschuss für Verkehr und digitale Infrastruktur sowie Mitglied im Parlamentarischen Beirat für nachhaltige Entwicklung ist. © Dirk Spaniel

Die Bundesregierung will die Anschaffung von Elektro-Fahrzeugen stärker fördern als bisher – eine gute Idee?

Die Förderung ist nach unserer Auffassung nicht gerechtfertigt, da Elektromobilität weder ökologische noch nachhaltige Vorteile bietet. Der Staat sollte hier technologieneutral sein und keine Technologie über die andere stellen.

Aus wirtschaftlicher Sicht präferieren wir hingegen synthetischen Kraftstoffe – so genannte E-Fuels, da mit diesen sauberen Kraftstoffen Verbrennungsmotoren weiter verbaut und über das normale Tankstellennetz verkauft werden können.

Elektroautos werden schon seit Jahren gefördert. Warum fahren trotzdem nur wenige Deutsche ein E-Auto?

Der Markt erkennt ja sehr schnell die Vor- und Nachteile von Produkten. Trotz staatlicher Anreize besteht in der Bevölkerung keine ausreichende Nachfrage. Noch immer sind begrenzte Reichweiten sowie begrenzte Lebensdauer der Akkus ein Problem. Daneben ist auch die Anzahl an Ladepunkten nicht ausreichend, um die Alltagstauglichkeit von herkömmlichen Verbrennern zu gewährleisten. Nicht zu vergessen ist auch der Preis: Ein neues Elektrofahrzeug ist deutlich teurer als ein Verbrenner.

Bis 2030 sollen sieben bis zehn Millionen Elektro-Fahrzeuge auf deutschen Straßen fahren – so der Plan der Bundesregierung. Ist das ein realistisches Ziel?

Die Autofahrer sollen hier eindeutig umerzogen werden, trotzdem halten wir die Ziele nicht für realistisch. Jedoch befürchten wir, dass die Bundesregierung massiv versuchen wird, das Fahren mit dem Verbrennungsmotor zu verteuern. Die ersten Vorboten zeigen sich gerade in der CO2-Besteuerung auf Sprit.

Manche Kritiker behaupten, E-Mobilität sei gar nicht so umweltfreundlich wie angenommen. Was meinen Sie?

Die Kritiker haben hier Recht. Es wird immer suggeriert, dass Elektrofahrzeuge emissionslos fahren. Doch das Gegenteil ist richtig: E-Autos werden mit dem deutschen Strommix getankt und dieser ist noch immer kohlestromlastig. Das bedeutet, dass der Co2-Ausstoß vom Abgasrohr der Fahrzeuge an die Stadtgrenzen in die Kraftwerke verlegt wird. Zudem sind moderne Verbrennungsmotoren der Diesel6-Generation Co2-ärmer als weithin behauptet wird. Daneben spielt auch die Herstellung der Fahrzeuge eine Rolle: Ein Stromer startet gegenüber einem Verbrenner mit einer erheblich schlechteren Co2-Bilanz, da die Herstellung Unmengen an Co2 verbraucht. Auch die Entsorgung des Akkus belastet die Umwelt. In der Gesamtbetrachtung ist es daher ein gern erzähltes Märchen, dass Elektromobilität Co2-ärmer und daher besser als der Verbrennungsmotor wäre.

FDP
Portrait Oliver Luksic

Oliver Luksic (FDP), 40, ist Sprecher für Verkehr und digitale Infrastruktur für seine Fraktion. Er war von 2009 bis 2013 und ist seit 2017 wieder Abgerodneter im Deutschen Bundestag. Zuvor war er als Unternehmensberater tätig. © Oliver Luksic

Die Bundesregierung will die Anschaffung von Elektro-Fahrzeugen stärker fördern als bisher – eine gute Idee?

Die bisherige Förderpolitik der Bundesregierung war ein Flop. Trotz Millionen an Steuergeldern waren im ersten Halbjahr 2019 von 1,8 Millionen zugelassener Pkw nur 31.000 elektrisch. Kaufprämien und steuerliche Vorteile sind für Einzelne von Nutzen, die Mehrheit der Bürger erreicht man so aber nicht. Jetzt einfach die Prämien zu erhöhen wird daran wenig ändern und zeugt von der Fantasielosigkeit der Großen Koalition. Die negativen Auswirkungen eines vorschnellen Abschieds vom Verbrennungsmotor sind dagegen nicht im Blick der Bundesregierung und werden den Bürgern und der Industrie noch große Problem bereiten. Mit den bisherigen Subventionen aber wird Deutschland weder Innovationsbeschleuniger noch Weltmarktführer bleiben.

Elektroautos werden schon seit Jahren gefördert. Warum fahren trotzdem nur wenige Deutsche ein E-Auto?

Trotz Kaufprämien und Steuervorteilen sind E-Autos zu teuer für die breite Masse der Bevölkerung. Aufgrund der teuren Batterie kosten sie häufig 8.000 Euro mehr als vergleichbare Autos mit Verbrennungsmotor. Das betrifft besonders den preisempfindlichen Kleinwagenmarkt. Hier werden zudem durch strenge EU-Flottengrenzwerte für Autos besonders viele beliebte Modelle wegfallen. Gleichzeitig wirken sich auch die kürzere Reichweite, die langen Ladezeiten, die fehlende Ladeinfrastruktur und die noch (!) geringe Modellauswahl negativ aus. E-Autos sind daher heute für viele Bürger, insbesondere im ländlichen Raum, noch nicht flächendeckend attraktiv. Die Bundesregierung muss sich daher für eine leistungsstarke Ladeinfrastruktur einsetzen und auch andere Antriebstechnologien stärker vorantreiben.

Bis 2030 sollen sieben bis zehn Millionen Elektro-Fahrzeuge auf deutschen Straßen fahren – so der Plan der Bundesregierung. Ist das ein realistisches Ziel?

Nach aktuellem Stand wird das wohl nicht klappen. Die Bundesregierung musste bereits ihr Ziel von 1 Million E-Autos von 2020 auf 2022 verschieben. In Anbetracht der immer noch sehr niedrigen Zulassungszahlen sind solche Werte daher unrealistisch. Vor dieser Entwicklung hatte ich bereits 2010 gewarnt. Die einseitige Festlegung der Bundesregierung auf batterieelektrische Autos halte ich zudem für einen schweren ökonomischen wie ökologischen Fehler. Die EU-Flottenziele sind das beste Beispiel dieser Politik, die Kaufprämien der Versuch einer politisch geforderten Umsetzung. Statt großer Planziele braucht es beim Thema Verkehr aber sachgerechte Politik. Das bedeutet vor allem neben Bekenntnissen auch die Umsetzung der Technologieoffenheit in Deutschland.

Manche Kritiker behaupten, E-Mobilität sei gar nicht so umweltfreundlich wie angenommen. Was meinen Sie?

E-Autos haben Vorteile, etwa einen niedrigen Lärm- und Schadstoffausstoß. E-Motoren bringen ihre Leistung zudem direkt zum Wirken, ein Vorteil für Effizienz und Fahrspaß. Aber die Umweltbilanz von E-Autos ist weniger nachhaltig als das mancher meint. Die notwendigen Batterien benötigen Lithium und Kobalt. Beide Rohstoffe werden unter großem Energieaufwand und teils menschenunwürdigen Bedingungen abgebaut, was auch die Bundesregierung bestätigt. Dazu kommt noch der deutsche Strommix bei der Nutzung hier vor Ort. Durch innovative Konzepte, etwa das Laden mithilfe einer hauseigenen Solaranlage, sind hier aber Verbesserungen möglich. Selbst VW, wo man primär auf E-Mobilität setzt, gibt an, dass ein E-Golf erst ab 125.000 Km sauberer ist als ein baugleicher Golf TDI.

Die Linke
Portrait Ingrid Remmers

Ingrid Remmers (Die Linke), 54, ist Sozialwissenschaftlerin. Sie war von 2009 bis 2013 Abgeordnete im Deutschen Bundestag und ist es seit 2017 nun wieder. Sie ist Mitglied des Ausschusses für Verkehr und digitale Infrastruktur. © Ingrid Remmers

Die Bundesregierung will die Anschaffung von Elektro-Fahrzeugen stärker fördern als bisher – eine gute Idee?

Der Wechsel zum Elektroauto muss staatlich begleitet werden. Die Linke sieht den Staat hier vor allem in der Verantwortung, die notwendigen Veränderungen an der Infrastruktur vorzunehmen. Es wird eine ausreichende Anzahl von Lademöglichkeiten benötigt und es muss für jeden und jede möglich sein, eine Lademöglichkeit zu Hause einzurichten. Auch an Arbeitsstellen und öffentlichen Verwaltungen sollten diese geschaffen werden.

Wenn Lademöglichkeiten für Elektrofahrzeuge ausreichend vorhanden, einfach zu bedienen und preiswert sind, wird der Antriebswechsel zum Elektroauto erfolgreich verlaufen. Gleichzeitig sollten aber die besonders umweltfreundlichen Verkehrsmittel gefördert werden, um die Menschen zum Umstieg in die Bahn, den ÖPNV, aufs Rad und die eigenen Füße zu bewegen.

Elektroautos werden schon seit Jahren gefördert. Warum fahren trotzdem nur wenige Deutsche ein E-Auto?

Die deutschen Autohersteller haben Elektroautos kaum angeboten und beworben. Sie wollten vor allem überdimensionierte Spritschleudern – besonders SUV - verkaufen. Dies wird sich allerdings jetzt ändern. Da in China, dem größten globalen Automarkt, eine Quotenregelung für Elektroautos gilt und mit dem US-amerikanischen Unternehmen Tesla ein ernsthafter Herausforderer entstanden ist, hat zunächst VW – auch als Reaktion auf die selbstverursachte Dieselkrise – und haben mittlerweile auch alle anderen namhaften Hersteller, die Strategie geändert. Alle Hersteller investieren massiv in die Entwicklung neuer Elektromodelle und die Umstellung der Produktion. Der Umstieg auf das Elektroauto findet jetzt statt. Wenn der Staat eine gut funktionierende Infrastruktur schafft, ist der Umstieg auf dem Weg.

Bis 2030 sollen sieben bis zehn Millionen Elektro-Fahrzeuge auf deutschen Straßen fahren – so der Plan der Bundesregierung. Ist das ein realistisches Ziel?

Ob die Bundesregierung ihr Ziel erreicht, hängt davon ab, ob die Bundesregierung jetzt die notwendige Richtungsentscheidung trifft. Bisher wollen SPD, CDU/CSU alle möglichen Techniken fördern, zum Beispiel auch synthetische Kraftstoffe, die echte Klimakiller sind. Die weitere Förderung klimaschädlicher Technologien zögert den Umstieg heraus. Die Bundesregierung hat in ihrem eigenen Förderdschungel den Überblick verloren. Sie sollte stattdessen jetzt klar sagen, dass spätestens 2030 in Deutschland die Zulassung neuer Autos mit Verbrennungsmotor enden wird.

Manche Kritiker behaupten, E-Mobilität sei gar nicht so umweltfreundlich wie angenommen. Was meinen Sie?

Was verstehen Sie unter Elektromobilität? Schienenfahrzeuge sind elektrisch und sehr umweltfreundlich. Auch die Millionen von Elektrofahrrädern in Deutschland. Insbesondere wenn diese Autofahrten ersetzen, sind sie extrem umweltfreundlich. Der Vorteil des Elektroautos liegt im geringeren CO2-Ausstoß über die Lebensdauer. Je mehr erneuerbare Energien im Strom, desto größer der Vorteil. Der beschleunigte Umstieg der Stromerzeugung auf erneuerbare Energien verbessert die Klimabilanz von Elektroautos. Zur Produktion von Elektroautos werden allerdings Rohstoffe wie Lithium, Kobalt, Nickel, Grafit und Platin für Batterien und den E-Motor verwendet. Deren Förderung und Verarbeitung hat häufig katastrophale Folgen für Umwelt und Menschen in den Abbauregionen. Da besteht dringender Handlungsbedarf.

Bündnis 90/Die Grünen
Portrait Stephan Kühn

Stephan Kühn (Bündnis 90/Die Grünen), 40, hat Soziologie studiert und neben dem Studium direkt angefangen, für die Grünen zu arbeiten. Er ist seit 2009 Abgeordneter im Bundestag und sitzt im Ausschuss für Verkehr und digitale Infrastruktur sowie im Petitionsausschuss. Foto Stefan Kaminski

Die Bundesregierung will die Anschaffung von Elektro-Fahrzeugen stärker fördern als bisher – eine gute Idee?

Nur wenn die Elektromobilität in Fahrt kommt, können wir die Klimaziele im Verkehr noch erreichen. Es ist also richtig, dass die Bundesregierung Elektrofahrzeuge stärker fördern will, aber dann darf sie nicht gleichzeitig klimaschädliche Technologien noch viel stärker subventionieren. Auf Dieselkraftstoff gibt es eine Art Steuerrabatt, der den Staat allein in den letzten zehn Jahren mehr als 76,5 Mrd. Euro gekostet hat. Gleichzeitig hat die Bundesregierung aber nur 5,2 Mrd. Euro in klimafreundliche Antriebe investiert. Das bremst die Elektromobilität. Auch bei der Förderung von Dienstwagen handelt die Bundesregierung inkonsequent: Wenn sie die Steuern auf elektrische Dienstwagen senkt, müsste sie klimaschädliche Dienstwagen im Gegenzug höher besteuern, damit es einen klaren Anreiz gibt, auf saubere E-Autos umzusteigen.

Elektroautos werden schon seit Jahren gefördert. Warum fahren trotzdem nur wenige Deutsche ein E-Auto?

Das Modell-Angebot der Autohersteller war bislang nicht attraktiv genug, um mehr Käufer von E-Autos zu überzeugen. Viele Verbraucher haben hohe Erwartungen an Reichweite, Preis und Lieferzeiten, die die Hersteller nicht immer erfüllen konnten. Auch beim Marketing gibt es Nachholbedarf. Oft werden E-Autos in den Verkaufsräumen hinter Pflanzenkübeln versteckt und SUVs in das Schaufenster gestellt. Die Bundesregierung wiederum ist gefragt, für einen schnelleren Aufbau von Ladestationen zu sorgen und die Fördergelder dafür mindestens zu verdoppeln. Außerdem muss die Kaufprämie für E-Autos im Schnitt verdoppelt werden und durch eine Abgabe auf klimaschädliche Autos bezahlt werden. Vor allem kleinere E-Autos müssen stärker gefördert werden, damit die E-Mobilität für alle bezahlbar ist.

Bis 2030 sollen sieben bis zehn Millionen Elektro-Fahrzeuge auf deutschen Straßen fahren – so der Plan der Bundesregierung. Ist das ein realistisches Ziel?

Das Ziel ist realistisch, aber die Maßnahmen der Bundesregierung reichen dafür bei Weitem nicht aus. Auch das neue Klimapaket der Bundesregierung wird die Elektromobilität nicht auf die Überholspur bringen. Wir Grüne schlagen vor, dass Autohersteller ab dem Jahr 2030 nur noch abgasfreie Neuwagen verkaufen dürfen. Das gibt den Herstellern mehr Planungssicherheit und sorgt für mehr Fahrzeugmodelle.

Klar ist aber auch: Eine Verkehrswende bedeutet nicht, immer mehr Autos auf die Straße zu bringen. Wenn wir Verkehr vermeiden, den Nahverkehr ausbauen oder den Radverkehr stärken, dann hilft auch das dem Klimaschutz. Wenn weniger Autos unterwegs sind, gibt es weniger Lärm und mehr Platz in den Städten, sodass auch die Lebensqualität profitiert.

Manche Kritiker behaupten, E-Mobilität sei gar nicht so umweltfreundlich wie angenommen. Was meinen Sie?

Oft wird behauptet, dass E-Autos klimaschädlicher sind als Autos mit Verbrennungsmotor. Tatsächlich verbraucht die Batterieproduktion viel Energie, aber auf der anderen Seite stoßen Benzin- und Dieselautos beim Fahren viel CO2aus. Über die gesamte Lebensdauer hinweg sind E-Autos klimafreundlicher. Mit mehr Ökostrom in der Batterieproduktion und an den Ladesäulen wird der Umweltvorteil noch deutlich besser.

Ein weiteres Argument ist der Rohstoffbedarf für die Akkus. Sie werden schon seit Jahren in Smartphones oder Notebooks eingebaut, doch erst die Elektromobilität hat eine Debatte über den Rohstoffabbau ausgelöst. Die Diskussion erhöht den Druck auf die Bundesregierung, für ein besseres Recycling zu sorgen sowie ökologische und soziale Standards in internationalen Lieferketten sicherzustellen. Auch bei der Forschung an Akkutechnologien ohne bedenkliche Rohstoffe gibt es erhebliche Fortschritte.

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