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Außenministerin Baerbock „Das ist kein Kriegseintritt“

Handgranaten, Panzerminen, Munition – in der Regierungsbefragung zählte Außenministerin Annalena Baerbock auf, welche Waffen Deutschland in die Ukraine geliefert hat. Die Opposition fragte kritisch nach.

Außenministerin Annalena Baerbock auf der Regierungsbank im Bundestag

„Als größtes Land in der EU haben wir eine besondere Verantwortung“, sagte Außenministerin Annalena Baerbock (Bündnis 90/Die Grünen) im Bundestag. © picture alliance/photothek/Florian Gaertner

Gleich zu Beginn der Regierungsbefragung am Mittwoch machte Annalena Baerbock (Bündnis 90/Die Grünen) klar, dass sie nicht vorhabe, angesichts der hochkomplexen Situation in der Ukraine einfache Antworten zu geben: „Die brutale Realität ist: Wir können nicht mit einfachen Antworten diesen Krieg stoppen.“

Deutschland müsse auch weiterhin gemeinsam mit seinen Bündnispartnern entschlossen und pragmatisch handeln, mit finanzieller Hilfe, mit humanitärer Unterstützung und auch mit der Lieferung von Waffen. „Versprechen sind schnell gemacht, die Waffen müssen vor allem wirklich ankommen, damit die mutigen Menschen in der Ukraine Unterstützung erfahren“, so die Außenministerin.

Baerbock zählte auf, was Deutschland in die Ukraine geliefert habe: tausende Panzerfäuste, Flugabwehrraketen Stinger, Fliegerfäuste Strela, Munition im zweistelligen Millionenbereich, Bunkerfäuste, Maschinengewehre, Panzerabwehrrichtminen, Handgranaten im sechsstelligen Bereich und Sprengladungen.

Sie erklärte, dass die Außenminister der Nato sich geeinigt hätten, einen sogenannten Ringtausch zu organisieren. Da „keiner alles hat“, hätten die Länder sofort geliefert, denen das möglich war, die anderen Ländern füllten nun diese Lücken bei den Partnern wieder auf. Dadurch hätten sofort einsatzfähige Panzer sowjetischer Bauart in die Ukraine gebracht werden können. Mehrfach betonte Baerbock, dass keins der westlichen Länder auf einen solchen Krieg vorbereitet gewesen sei. In Zukunft werde man sich militärisch anders aufstellen müssen, um verteidigungsfähig zu sein.

Nachfragen zu den Waffenlieferungen in die Ukraine

Johann Wadephul (CDU/CSU) fragte zu den Waffenlieferungen, ob man „das nicht früher hätte machen können“. Zudem zitierte er Bundeskanzler Olaf Scholz (SPD), der gesagt habe, die Lieferung schwerer Waffen in die Ukraine berge möglicherweise die Gefahr eines Atomkrieges.

Baerbock antwortete: „Niemand kann zu 100 Prozent sagen: Wenn wir das machen, passiert dieses.“ Dafür sei Russland zu unberechenbar. Es sei Deutschlands Verantwortung, alle Eventualitäten zu bedenken, ohne Panik zu schüren. Die Außenministerin stellte klar: „Das ist kein Kriegseintritt.“ Deutschland unterstütze lediglich die Ukraine, die ihr Recht wahrnehme, sich selbst zu verteidigen. Ob der russische Präsident Wladimir Putin das anders bewerte, könne aber niemand sicher wissen.

Der fraktionslose Abgeordnete Johannes Huber merkte an, die Bundeswehr habe selbst Bedarf an schweren Waffen. Darauf antwortete Baerbock, die Gepard-Panzer etwa würden nicht aus den Beständen der Bundeswehr entnommen, sondern von der Waffenindustrie in die Ukraine geliefert.

Mögliche Ausweitung des Krieges

Anikó Merten (FDP) sprach eine mögliche Ausweitung des Konflikts auf das Nachbarland Moldau an. In den letzten Tagen gab es auch Kriegshandlungen in Transnistrien. Das ist ein Landstreifen, der völkerrechtlich zu Moldau gehört, sich aber für unabhängig erklärt hat. Die Lage dort sei „wirklich besorgniserregend“, bestätigte Baerbock. Deshalb habe sie eine Unterstützungskonferenz für Moldau initiiert.

Jürgen Trittin (Bündnis 90/Die Grünen) fragte: „Was ist eigentlich Ziel dessen, was wir mit diesen Waffenlieferungen dort in der Ukraine betreiben?“ Er fragte die Außenministerin, ob sie mit ihrem US-Kollegen Antony Blinken übereinstimme, dass das Ziel sei, sicherzustellen, dass die Ukraine den Angriff Russlands abwehren könne, um anschließend eine politische Lösung zu finden. Baerbock bejahte das.

Gas-Lieferungen aus Russland

Stefan Keuter (AfD) fragte, ob die Außenministerin es „dem deutschen Volk gegenüber für verantwortungsvoll“ halte, die Gas-Lieferungen aus Russland auslaufen zu lassen. Die deutschen Bürger müssten schließlich als Konsequenz höhere Energie-Preise in Kauf nehmen. Baerbock antwortete: „Ihre Logik wäre: Dann tun wir jetzt gar nichts.“ Man müsse Russland deutlich zeigen, dass man den Angriffskrieg gegen die Ukraine nicht hinnehme. „Unsere Konsequenzen waren absolut richtig, auch wenn sie uns wirtschaftlich was kosten“, schloss Baerbock.

Konflikte in anderen Ländern nicht aus den Augen verlieren

Mehrere Abgeordnete verwiesen darauf, dass man angesichts des Krieges in der Ukraine andere Konfliktgebiete auf der Welt nicht vergessen dürfe.

So fragte Karamba Diaby (SPD) nach der Afrika-Strategie der Bundesregierung. Die Außenministerin sagte, in Zeiten des Krieges verschlimmere sich die Ernährungskrise, vor allem auch in Afrika, wo sie wegen der Klimafolgen ohnehin schon verheerend sei. Deshalb sei ein wichtiger Bestandteil der Afrika-Strategie, mehr Mittel für das World Food Program einzuplanen.

Für Die Linke sprach Clara Bünger die Situation in Afghanistan an. Im letzten Jahr zog sich die Nato und damit auch die Bundeswehr aus dem Krisengebiet Afghanistan zurück, woraufhin die islamistische Terrorgruppe Taliban die Macht übernahm. Laut Bünger sind dort „nach wie vor viele Menschen in extremer Gefahr“. Ihrer Meinung nach tue Deutschland nicht genug, um ihnen zu helfen. Annalena Baerbock antwortete, man hole jede Woche viele Menschen aus Afghanistan, es liege aber ein „riesengroßer Berg von Anfragen“ beim Auswärtigen Amt. Sie sicherte zu, dass die Bundesregierung sich bemühe, „schneller und besser zu werden“.

Die komplette Regierungsbefragung seht ihr hier im Video:

(jk)

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