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Corona-Krise „Für Schüler und Studenten darf kein Nachteil entstehen“

Jugend-Politiker Matthias Seestern-Pauly (FDP) über aktuelle Abi-Prüfungen, Abgeordnete im Homeoffice und Corona-Partys.

Porträt Matthias Seestern-Pauly im Bundestag.

Auf dem Foto sitzt er im Bundestag, aber aktuell arbeitet Matthias Seestern-Pauly (FDP) von Zuhause aus. Der persönliche Austausch fehlt ihm, gerade im Wahlkreis. © privat

Die Schulen sind zu, die Unis auch. Wir alle sollen soziale Kontakte vermeiden. Freunde treffen, Sport treiben – müssen wir wirklich komplett verzichten?

In vielen Bereichen müssen wir jetzt tatsächlich erst mal verzichten. Das ist nicht schön, aber es ist im Moment das einzig Richtige. Es ist aber auch wichtig, dass wir nicht komplett von der Welt abgeschnitten sind. Wer joggen will, kann das zum Beispiel tun – nur eben nicht in einer Gruppe, sondern alleine. Freunde können wir natürlich online treffen, da gibt es ja genug Möglichkeiten, zum Beispiel Gruppen-Chats oder Video-Anrufe. Persönliche Treffen gehen leider im Moment nicht. Und die sogenannten Corona-Partys, die viele immer noch feiern, gehen überhaupt nicht!

Werden wir den Lernstoff und die verpassten Prüfungen wieder aufholen können?

Es ist erst mal ganz wichtig, dass für die Schüler und Studenten aus der aktuellen Situation kein Nachteil entstehen darf. Ich bin Lehrer und ich sehe, dass viele Kolleginnen und Kollegen gerade sehr engagiert sind und versuchen, das Beste aus der Situation zu machen. Wir werden Regelungen finden, was die Abschlussprüfungen angeht. Einige Bundesländer haben ja schon die Termine für die Abitur-Prüfungen nach hinten verschoben. Auch die Unis nehmen im Moment keine Prüfungen ab und arbeiten an Lösungen, damit den Studenten keine großen Nachteile erwachsen.

Für die Phase nach der Krise finde ich es wichtig, dass wir diese Erfahrungen zum Anlass nehmen, die Digitalisierung in der Bildung deutlich besser aufzustellen.

Was kann der Bundestag jetzt akut in der Krise tun?

Wir haben ja schon einiges auf den Weg gebracht, zum Beispiel die Kurzarbeiter-Regelung, die Menschen unterstützt, die derzeit in ihren eigentlichen Betrieben nicht arbeiten können.

Außerdem wird etwas für ganz kleine und große Unternehmen getan. Dafür werden große Summen bereitgestellt. An genau dieser Stelle war der Bundestag gefragt, weil er für die Ausgaben des Bundes zuständig ist. Aus meiner Sicht müssen wir aber auch die klassischen mittelständischen Betriebe unterstützen. Da passiert aktuell noch zu wenig.

Konzentriert sich das Parlament jetzt ganz auf das Corona-Virus und die Folgen? Oder werden auch andere Themen behandelt?

In unserer letzten Sitzungswoche vor der Osterpause ging es tatsächlich hauptsächlich um Vorhaben, die Bezug zur Corona-Krise haben: Wie unterstützen wir Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer? Wie unterstützen wir Familien? Wie statten wir Krankenhäuser besser aus? Das ist auch richtig, dass wir uns gerade ganz akut darum kümmern.

Wie es in der nächsten Sitzungswoche im April dann weitergeht, ist noch nicht ganz klar. Wir werden schauen müssen, wo wir dann in Deutschland stehen. Aber andere Themen werden sicher nicht auf Dauer unter den Tisch fallen.

Viele Menschen arbeiten im Moment von zuhause aus. Kann man als Abgeordneter seine Arbeit im Home-Office erledigen?

Wir als FDP-Fraktion haben unser Arbeiten ohnehin schon auf papierlos umgestellt. Das macht es uns jetzt natürlich einfacher, von zuhause zu arbeiten – uns Abgeordneten ebenso wie unseren Büro-Mitarbeitern. Wir haben eine digitale Plattform und können zum Beispiel gemeinsame Besprechungen problemlos durchführen.

Was aber natürlich auch wichtig ist und was derzeit nicht geht, ist der persönliche Austausch. Mir als Abgeordnetem ist es zum Beispiel sehr wichtig, mich mit den Menschen in meinem Wahlkreis zu treffen. Das fehlt und das kann man auch bei der besten digitalen Struktur einfach nicht ersetzen.

Gibt es für den Wahlkreis Ideen, wie man mit den Menschen dennoch in Kontakt bleibt?

Wir haben bereits einen Newsletter für Interessierte aufgelegt, der die Menschen über wichtige Hilfen zur Corona-Krise informiert. Natürlich sind wir auch telefonisch und per Mail erreichbar.

Sie haben gesagt, dass man die Digitalisierung in der Bildung im Nachgang der Krise vorantreiben sollte. Gibt es auch für den Bundestag Überlegungen, in Zukunft einiges digitaler zu gestalten?

Da gibt es zwei verschiedene Aspekte. Zum einen wird darüber nachgedacht, wie das Parlament in solchen Notfällen handlungsfähig bleiben kann. Ich denke, das sollte man aber wirklich im Nachgang in Ruhe tun und nicht jetzt aus der akuten Krise heraus.

Zum anderen wird diskutiert, wie wir den Bundestag insgesamt digitaler aufstellen können. Das fordern wir als FDP schon lange. Wir wären zum Beispiel für ein elektronisches Verfahren bei namentlichen Abstimmungen. Das ist in anderen Parlamenten ja durchaus möglich. Im Europäischen Parlament kann man zum Beispiel von seinem Platz aus abstimmen. Das würde im Übrigen auch viel Zeit sparen, unabhängig vom Krisenfall.

Haben Sie jemals etwas Derartiges erlebt wie im Moment – oder damit gerechnet?

Überhaupt nicht. Ich habe mich mit Freunden über Skype dazu ausgetauscht. Für uns alle ist es eine absolute Ausnahmesituation. Und ich denke, es sollte für uns alle auch eine Mahnung sein, dass wir uns in einigen Bereichen besser aufstellen müssen, um zukünftig auf so etwas besser vorbereitet zu sein.

Was, denken Sie, können wir darüber hinaus schon jetzt aus der Krise lernen?

Zusammenhalt zum Beispiel: uns selbst auch mal zurückzunehmen und für andere Verantwortung zu übernehmen. Ich finde es toll, dass die allermeisten Menschen in Deutschland das gerade tun.

Über Matthias Seestern-Pauly

Matthias Seestern-Pauly, 36, hat in Niedersachsen als Lehrer gearbeitet, bevor er für die FDP in den Bundestag einzog. Er ist Obmann im Ausschuss für Familie, Senioren, Frauen und Jugend und aktuell Vorsitzender der Kinderkommission.

(jk)

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