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Wahlrecht Bundestag soll schrumpfen

Alle Fraktionen möchten den Bundestag verkleinern. Doch auf das Wie konnten sie sich bisher nicht einigen. Einige Vorschläge liegen aktuell auf dem Tisch.

Bild an einer Hauswand mit angedeuteter Mona Lisa und einem Klebezettel: 'Ich bin dann mal wählen'

Hier ruft ein Wandbild in Berlin-Kreuzberg zum Wählen auf. Welche Regeln uns bei der nächsten Bundestagswahl erwarten, ist indes noch offen. © picture alliance/Paul Zinken/dpa

Was ist das Problem?

Ist es wirklich so wichtig, ob der Bundestag nun 600 oder 700 Abgeordente hat, mag der ein oder die andere sich fragen. Vielleicht nicht, aber ab einer gewissen Größe kommt es zumehmend zu Problemen. Doch der Reihe nach: Eigentlich soll der Bundestag laut Gesetz 598 Abgeordnete haben. Aktuell sind es aber 709 – so viele wie noch nie. Nach aktuellen Umfragen könnten es bei einer Wahl um die 750 Sitze werden, und je nachdem auch mehr als 800. Um das zu vermeiden, wollen alle Fraktionen das Wahlrecht reformieren, doch auf das "Wie" konnten sie sich noch nicht einigen. Der Grund: Bei jedem Vorschlag hat irgendwer Vorteile oder Nachteile.

Warum wächst das Parlament?

Das liegt vor allem an den Überhangsmandaten und den Ausgleichsmandaten.

Zur Erinnerung: Bei der Bundestagswahl hat jeder Wähler zwei Stimmen: Mit der Erststimme wählt er einen konkreten Kandidaten, mit der Zweitstimme eine Partei. Der Kandidat mit den meisten Erststimmen in einem Wahlkreis bekommt über ein sogenanntes Direktmandat auf jeden Fall einen Sitz im Bundestag. Macht bei 299 Wahlkreisen schon einmal 299 Abgeordnete. So weit so gut.

Kommen wir zur Zweitstimme. Sie bestimmt, wieviel Prozent der Sitze einer Partei im Bundestag zustehen. 15 Prozent der Zweitstimmen heißt zum Beispiel also, 15 Prozent der Sitze im Palament. Und jetzt wird es kompliziert.

Wenn eine Partei mehr Direktmandate gewinnt, als ihr eigentlich laut den Zweitstimmen Plätze im Bundestag zustehen würden, spricht man von Überhangsmandaten, die diese Partei erhält. Das ist für die anderen Parteien ungerecht. Deshalb bekommen sie dann wiederum Ausgleichsmandate. Am Ende muss ja das Verhältnis ensprechend der Zweitstimmen korrekt sein. Die Folge: Es ziehen mehr als die ursprünglich vorgesehenen 598 Abgeordneten in den Bundestag ein.

Hier könnt ihr euch noch mal anschauen, wie das mit den Sitzen genau funktioniert:

Was spricht gegen ein großes Parlament?

Erstens: Ein größeres Parlament kostet mehr Geld als ein kleineres. Zweitens: Mehr Abgeordnete brauchen mehr Platz. Das hat den Bundestag nach der letzten Wahl schon vor ziemliche Herausforderungen gestellt. Ganze Abteilungen mussten umziehen, um Platz für die Büros der Abgeordneten und ihrer Mitarbeiter zu schaffen. Drittens: Wenn im Plenum immer mehr Abgeordnete sitzen, wird es nicht gerade einfacher, konstruktiv zu diskutieren und gemeinsame Lösungen zu finden.

Was schlagen FDP, Linke und Grüne vor?

Nun liegt ein Vorschlag im Parlament auf dem Tisch, und zwar von FDP, Linken und Grünen. In ihrem Antrag schlagen sie vor: Es soll weiterhin Erst- und Zweitstimmen geben. Und auch die Überhang- und Ausgleichsmandate sollen bleiben. Allerdings sollen sie deutlich reduziert werden. Wie? Die Zahl der Wahlkreise soll verringert werden: von derzeit 299 auf zukünftig nur noch 250. Dadurch gäbe es automatisch weniger mögliche Direktmandate. Und die Direktmandate sollen im Vergleich zu den Listenmandaten, die über die Zweitstimme ermittelt werden, weniger Gewicht bekommen.

Was möchte die AfD?

In einem Antrag, der bereits abgelehnt wurde, hatte die AfD eigene Vorschläge unterbreitet. Sie will die Wahlkreise so belassen, wie sie sind. Zudem sollen "dem Wähler mehrere Zweitstimmen gegeben werden und damit die Möglichkeit, einzelne Bewerber zu kennzeichnen, mit der Folge, dass die Reihenfolge der Bewerber auf der Landesliste verändert wird“. Die AfD hatte die Bundesregierung in dem Antrag dazu aufgefordert, verbindlich sicherzustellen, dass es in Zukunft maximal 598 Abgeordnete, besser aber noch weniger, geben würde.

Die AfD hatte zusätzlich noch einen Gesetzentwurf zum Thema Wahlrecht vorgelegt. Darin fordert sie, den Parteien mehr Zeit für die Auswahl ihrer Kandidaten zu geben. Der Gesetzentwurf der AfD und der Antrag von FDP, Linken und Grünen wird nun im Innenausschuss weiter besprochen.

Ganz allgemein lässt sich sagen: Die Verhandlungen über eine Wahlrechtsreform sind derzeit festgefahren. Bundestagspräsident Wolfgang Schäuble (CDU) hatte im Frühjahr für einen Vorstoß keine Mehrheit gefunden. Ihm ging es so wie seinem Vorgänger Norbert Lammert (CDU) in der vergangenen Wahlperiode.

Die Debatte vom 14. November könnt ihr euch hier anschauen:

(DBT/jk)

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