Zum Inhalt springen

Ukraine-Krieg Bundestag beschließt Waffenlieferungen

Panzer und komplexe Waffensysteme: Am Ende stimmte eine große Mehrheit für einen gemeinsamen Antrag der Ampel-Fraktionen und der Union, weiteres Kriegsmaterial an die Ukraine zu liefern. Davor aber gab es einen heftigen Schlagabtausch mit Kritik in alle Richtungen.

Ukrainische Soldaten vor einer zerstörten Glasscheibe

Ukrainische Soldaten bei der Lagebesprechung in Mykolajiw. © picture alliance/NurPhoto/Celestino Arce

Zuerst hatte die Union einen Antrag vorgelegt, danach brachten auch die Ampel-Fraktionen einen ein – schließlich einigten sich alle vier Fraktionen auf einen gemeinsamen Antrag. Für diesen stimmte im Plenum Ende vergangener Woche dann auch eine breite Mehrheit der Bundestagsabgeordneten. Obwohl die Antragsteller einander dankten, kritisierten sie sich gegenseitig auch scharf.

Was steht im Antrag?

Die Fraktionen fordern die Lieferung auch schwerer Waffen an die Ukraine. Außerdem soll die Bundesregierung die Bemühungen der Ukraine, einen Waffenstillstand mit Russland zu vereinbaren, unterstützen. Dabei dürfe aber nicht über die Köpfe der Ukrainer hinweg verhandelt werden. Eine weitere Forderung ist eine stärkere Präsenz des Verteidigungsbündnisses Nato, bei dem auch Deutschland Mitglied ist, im Osten. An russische Soldaten soll appelliert werden, ihre Waffen niederzulegen; wenn sie das tun, soll ihnen in Europa Asyl gewährt werden.

Grüne: „Uneingeschränktes Recht auf Selbstverteidigung“

Die Fraktionsvorsitzende der Grünen Britta Haßelmann begann ihre Rede sehr emotional. Seit Kriegsbeginn beginne für sie jeder Morgen „mit Trauer, mit Schmerz, mit Fassungslosigkeit“. Sie betonte, Deutschlands Ziel sei es, die Ukraine dabei zu unterstützen, ihr „uneingeschränktes Recht auf Selbstverteidigung“ wahrzunehmen. Man könne das Land „nicht schutzlos diesem Aggressor Putin ausliefern“. Niemand wisse genau, wie es weitergehe. Deshalb sei jede Entscheidung eine Gratwanderung. „Wir wägen ab, wir zweifeln, ja, wir hadern, aber wir entscheiden.“ Die Entscheidung für die Lieferung schwerer Waffen sei die richtige.

Union wirft Bundeskanzler „Schwäche, Zaudern und Ängstlichkeit“ vor

Unionsfraktionschef Friedrich Merz kritisierte Bundeskanzler Olaf Scholz (SPD) scharf und warf ihm „Schwäche“, „Zaudern und Ängstlichkeit“ vor, weil er die Diskussion über Waffenlieferungen in die Ukraine „über Wochen offen gehalten“ habe. „Unverantwortlich, falsch und irreführend“ nannte Merz es außerdem, dass Scholz von einem möglichen dritten Weltkrieg gesprochen habe.

Die Union wolle deshalb dem Antrag nicht „kritiklos zustimmen“. Trotzdem sei es gut, dass es eine gemeinsame Entscheidung für Waffenlieferungen gebe. „Niemand von uns befürwortet leichtfertig den Einsatz von militärischer Gewalt“, sagte Merz. Waffengewalt dürfe immer nur „das letzte Mittel“ sein. Deshalb sei es gut, dass im Antrag auch Friedensverhandlungen eine Rolle spielten.

SPD: „Eindeutiges, unmissverständliches Signal“

Der SPD-Vorsitzende Lars Klingbeil betonte, der gemeinsame Antrag sei ein „eindeutiges, unmissverständliches Signal aus der Mitte des Deutschen Bundestages“ gegen den Krieg. In Richtung Merz sagte er: „Hier ist kein Platz für parteipolitische Profilierung.“ Als „Kleingeist und Kleinkariertheit“ bezeichnete er die Kritik aus der Union. Klingbeil dankte Bundeskanzler Scholz und den zuständigen Ministerinnen und Ministern für die „gute Führung“ der letzten Wochen. „Diese Regierung handelt, sie liefert, sie führt“, endete Klingbeil.

AfD: „Ganz entschieden gegen die Waffenlieferung“

Auch AfD-Chef Tino Chrupalla kritisierte den Bundeskanzler. Es sei „unentschuldbar“, dass Scholz selbst nicht anwesend, sondern nach Japan gereist sei. Den Antrag lehnte Chrupalla ab, es lese sich „wie die Beitrittsbekundung zu einem Krieg“. „Die große Mehrheit der Deutschen möchte nicht an diesem Krieg beteiligt werden“, meinte Chrupalla. Es liege im Interesse Deutschlands, auch in Zukunft „ein gutes Verhältnis“ sowohl zur Ukraine als auch zu Russland zu haben. Deshalb sei die AfD „ganz entschieden gegen die Waffenlieferung in die Ukraine“.

FDP: „Putin führt Krieg gegen die liberale Demokratie“

Der FDP-Fraktionsvorsitzende Christian Dürr sagte: „Wir dürfen uns an die Bilder aus der Ukraine nicht gewöhnen.“ Putin führe Krieg nicht nur gegen die Ukraine, sondern auch gegen „die liberale Demokratie“. Deshalb sei es „im sicherheitspolitischen Interesse Deutschlands, dass die Ukraine diesen Krieg nicht verliert“. In Richtung Chrupalla betonte Dürr, Putin habe „die alte Weltordnung zerrissen“. Deshalb würden auch die diplomatischen Beziehungen nach dem Krieg nicht mehr so werden wie vorher.

Linke: „Jeden Tag eine Kehrtwende“

Dietmar Bartsch, Vorsitzender der Linksfraktion, kritisierte das „Kommunikationsdesaster“ der Bundesregierung, die „jeden Tag eine Kehrtwende“ mache. Der Antrag stehe im eklatanten Widerspruch zu den früheren Aussagen des Bundeskanzlers.

Auch über die Union ärgerte sich Bartsch: Friedrich Merz betreibe ein „Schauspiel“, das „mit Verantwortung nichts zu tun“ habe. Dabei gehe es ihm nicht um die Ukraine, sondern nur um innenpolitische Profilierung.

Seine Fraktion lehne die Waffenlieferung ab, so Bartsch. „Hier wird viel zu wenig über diplomatische Lösungen geredet.“

Wer hat wie abgestimmt?

Am Ende stimmten 586 Abgeordnete für den Antrag, 100 dagegen und sieben enthielten sich.

Übrigens nahm nur die SPD den Antrag einstimmig an. In allen anderen Fraktionen gab es auch vereinzelte Enthaltungen. Andersherum stimmten einzelne AfD-Abgeordnete dafür. Auf der Seite „Namentliche Abstimmungen“ auf bundestag.de könnt ihr euch ganz genau anschauen, wer wie gestimmt hat.

Und hier könnt ihr euch die lebhafte Debatte im Video anschauen:

(jk)

Mehr zum Thema