Zum Inhalt springen

Jugendschutz Neues Gesetz für sicheres Surfen

Eric Matt

Fake News, Cybermobbing, zunehmender Internetkonsum: Die Bundesregierung will die Jugend im Netz mit einem Gesetz besser schützen. Aus der Opposition gab es Lob für einen neuen Beirat und viel Kritik.

Teenager starrt auf Smartphone

Drei bis sechs Stunden pro Tag verbringen Jugendliche im Internet, einige werden süchtig und können nicht mehr ohne. © Shutterstock.com/Syda Productions

Drei Stunden – so viel Zeit verbringen Teenager durchschnittlich an einem Schultag im Internet. Am Wochenende sind es sogar doppelt so viele Stunden. Dies hat negative Folgen. Immer häufiger kommt es zu Suchterkrankungen. Und die Jugendlichen werden zunehmend mit Cybermobbing, Hassreden und Fake News konfrontiert.

Um den Kinder- und Jugendschutz im Internet und in den Sozialen Medien zu verbessern, verabschiedete der Bundestag einen Gesetzentwurf der Bundesregierung – mit den Ja-Stimmen der Koalitionsfraktionen CDU/CSU und SPD. Damit wird das Jugendschutzgesetz (JuSchG) geändert.

Die Opposition war mit dem Gesetzentwurf unzufrieden: Die FDP-Fraktion und die Linksfraktion stimmten dagegen, die Fraktionen der AfD und von Bündnis 90/Die Grünen enthielten sich.

Warum braucht es mehr Schutz im Internet?

Laut einer aktuellen Studie sind rund 17 Prozent aller Kinder und Jugendlichen von Cybermobbing betroffen. Dies ist ein Anstieg von mehr als 30 Prozent im Vergleich zum Jahr 2017. Cybermobbing bedeutet, dass die Täter andere Nutzer über das Internet beleidigen, beschimpfen oder gar bedrohen.

Folgen von Cybermobbing können Konzentrationsprobleme, Angstzustände oder auch körperliche Beschwerden sein. Fast jede vierte betroffene Person berichtet sogar von Selbstmordgedanken.

Außerdem kann Internetkonsum auch abhängig machen. „Medien- und Internetabhängigkeit ist quasi die Droge der Zukunft“, sagte Daniela Ludwig (CDU/CSU), die Drogenbeauftragte der Bundesregierung, in einer Pressemitteilung.

Was steht im Gesetz?

Die Bundesregierung erklärt in ihrem Gesetzentwurf, dass digitale Medien eine „massive neuartige Risikodimension für Kinder und Jugendliche“ darstellten. Da sich die „Medienrealität“ verändert habe, bedürfe es auch eines „zeitgemäßen Kinder- und Jugendmedienschutzes“.

Das aktuelle Jugendschutzgesetz für Medien stammt aber noch aus dem Jahr 2002. Daher „müssen wir den Jugendmedienschutz fit machen für das 21. Jahrhundert“, so die zuständige Bundesfamilienministerin Franziska Giffey (SPD) bei der Aussprache vergangene Woche. Das neue Gesetz lasse sich laut Giffey „mit den Wörtern Schutz, Orientierung und Durchsetzung überschreiben“.

Dazu zählt, dass die Anbieter sozialer Medien zukünftig „angemessene Vorsorgemaßnahmen“ treffen müssen, um Kinder und Jugendliche besser zu schützen. Das könnten beispielsweise Altersgrenzen sein. Erst wenn Jugendliche diese erreicht hätten, dürften sie Plattformen wie Facebook oder TikTok verwenden. Gleiches gilt auch für Videospiele und Filme. Hier sei es wichtig, „dass die Alterseinstufung vom konkreten Film oder Spiel abhängt, aber nicht davon, wo sie gekauft werden. Es muss das Gleiche gelten, online wie im Geschäft“, so Giffey.

Zwei Jugendliche in den Medienschutz-Beirat

Die Bundesregierung möchte außerdem unabhängige Ratgeber und Meldesysteme entwickeln, die unangemessene Inhalte löschen. Mit dem Gesetz möchte man den Jugendschutz auch vereinfachen: So sollen Kinder künftig nicht nur mit ihren Eltern ins Kino dürfen, sondern auch mit sogenannten „Erziehungsbeauftragten“. Das sind Erwachsene, die von den Eltern das Recht bekommen haben, auf ihr Kind aufzupassen.

Um all die Vorhaben besser umsetzen und kontrollieren zu können, möchte die Bundesregierung eine „Bundeszentrale für Kinder- und Jugendmedienschutz“ einrichten. Bisher gab es nämlich lediglich eine „Bundesprüfstelle für jugendgefährdende Medien“. Die neue Zentrale gründet dann unter anderem einen Beirat, der sich „in besonderer Weise für die Verwirklichung der Rechte und den Schutz von Kindern und Jugendlichen“ einsetzt. Der Beirat soll aus zwölf Personen bestehen.

Das Besondere dabei ist, dass zwei Mitglieder davon nicht älter als 17 Jahre alt sein dürfen, um so den konkreten Anliegen und Bedürfnissen junger Menschen eine Stimme zu geben.

AfD: Kontrolle statt Jugendschutz

Der AfD-Abgeordnete Johannes Huber kritisierte das Vorhaben der Bundesregierung. Er behauptete, dass es der Regierung „primär nicht unbedingt um den Jugendschutz an sich geht, sondern letztlich auch um die Kontrolle über die Informationen für zukünftige Wählergruppen“. Dies zeige beispielsweise die neue Bundeszentrale für Kinder- und Jugendmedienschutz oder, dass „die öffentlich-rechtlichen Rundfunkanstalten privilegiert“ werden würden.

Huber erklärte, dass noch immer „ein allzu leichter Zugang zu pornografischen sowie sexualisierten Inhalten im Internet“ bestehe. Er sagte: „Da fehlen uns im Gesetzentwurf die entsprechenden Maßnahmen, Frau Giffey.“

CDU/CSU: Individuelle Lösungen und internationaler Blick

„Wir als Gesetzgeber können nicht jedes Risiko beseitigen. Was wir aber tun können und auch müssen, ist, Kindern, Jugendlichen und Eltern Werkzeuge an die Hand zu geben, die ihnen Orientierung verschaffen und die ihnen die Möglichkeit geben, sich selbst bestmöglich zu schützen“, erklärte Nadine Schön von der Fraktion CDU/CSU. Das neue Gesetz erreiche dieses Ziel.

Besonders wichtig sei aber, „dass wir keine starren Regelungen schaffen, sondern dass wir individuelle Lösungen finden“. Es sei wichtig, sich nicht nur auf nationale Onlineanbieter zu konzentrieren, „sondern immer auch den Blick auf den internationalen Bereich“ zu werfen.

FDP: „Ziel verfehlt“

Matthias Seestern-Pauly von der FDP-Fraktion kritisierte: „Der vorliegende Gesetzentwurf bleibt weit hinter den Erwartungen zurück. Statt Verbesserungen für einen zeitgemäßen Jugendmedienschutz zu erreichen, gibt es mit Ihrem Gesetzentwurf mehr Bürokratie, neue Doppelstrukturen und Unsicherheit für unsere Familien.“

Die Bundesregierung sorge weder für mehr Medienkompetenz und Rechtssicherheit noch für eine größere Transparenz oder Verlässlichkeit. „Was wir brauchen, ist ein moderner Jugendschutz“, so Seestern-Pauly. Er zog das Fazit: „Ihr Gesetzentwurf hat sein Ziel leider verfehlt.“

Linke: „Bärendienst erwiesen“

„Was Sie hier heute vorgelegt haben, greift in vielerlei Hinsicht unseres Erachtens ins Falsche“, erklärte der Linksabgeordnete Norbert Müller. Er kritisierte, dass der Bund Kompetenzen der Länder an sich reiße, was „eine riesengroße Hintertür, regelrecht ein Scheunentor“ schaffe.

Müller lobte jedoch, dass „dieser zivilgesellschaftliche Beirat bei der neuen Bundeszentrale gar keine schlechte Sache“ sei. Er begrüße, „dass jetzt auch junge Menschen in diesen Beirat einbezogen werden sollen“.

Müller beendete seine Rede mit den Worten: „Am Ende haben Sie sich mit dem Jugendschutzgesetz einen Bärendienst erwiesen.“ Die Redewendung meint, dass die Absicht zwar gut war, das Vorhaben am Ende aber schadet statt nützt.

Grüne: Mittelalter beenden

Die Grünen-Abgeordnete Margit Stumpp merkte an, dass ein neues „Jugendschutzgesetz mehr als überfällig“ sei. Denn das bisherige Gesetz aus dem Jahre 2002 entstamme aus „digitaler Perspektive“ noch dem „Mittelalter“. Die Bundesregierung aber habe ihre Ziele „krachend verfehlt“.

Stumpp begrüße zwar, dass es künftig eine Bundeszentrale für Kinder- und Jugendmedienschutz geben solle. Das Problem hierbei sei allerdings, dass die neue Zentrale nicht genügend Kompetenzen besitze und daher der „Wirrwarr an Prüfungs- und Aufsichtsinstitutionen unangetastet“ bleibe. Sie erklärte: „Wir setzen uns weiterhin für wirksamere Verbesserungen zum Wohl von Kindern und Jugendlichen ein.“

SPD: „Kein Allheilmittel“

„Wir nehmen eine Klarstellung im Umgang mit Mobbing, Spielsucht und finanzieller Abzocke im Gesetz auf. Anbieter von Spiele- und Filmplattformen nehmen wir in die Verantwortung, Vorkehrungen zu treffen, die vor solchen Risiken schützen. Das ist wichtig“, erklärte Svenja Stadler von der SPD-Fraktion.

Sie lobte die neue Bundeszentrale, denn die sorge „für eine stärkere Durchschlagskraft“. Gleichzeitig warnte sie aber auch, dass „dieses Jugendschutzgesetz kein Allheilmittel“ sei und es weiteres „gutes Werkzeug“ brauche. Denn „nur im Zusammenspiel dieser Instrumente wird es uns gelingen, dass unsere Kinder gut und sicher aufwachsen“.

Außerdem haben die Bundestagsabgeordneten drei Entschließungsanträge der Oppositionsfraktionen FDP, Linke und Grüne abgelehnt. Die Anträge findet ihr auf bundestag.de. Die komplette Debatte könnt ihr euch hier anschauen:

Zur Person

Portraitfoto von mitmischen-Autor Eric Matt
mitmischen-Autor

Eric Matt

... ist 22 Jahre alt und studiert an der Universität Konstanz Politik- und Verwaltungswissenschaften. Zurzeit macht er ein Auslandssemester in Israel.

Du hast auch Lust, bei uns mitzumischen?

Schreib für uns!

Mehr zum Thema