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Fragen an die Regierung Was darf YouTube löschen?

YouTube entfernte kürzlich Videos des Kanals #allesaufdentisch. Dies nahm die AfD-Fraktion zum Anlass, die Bundesregierung zu fragen, wie sie die Löschpraktiken auf YouTube einschätzt. In ihrer Antwort erklärt die Regierung, wie sie Online-Dienste besser kontrollieren will.

Junger Mann mit Kopfhörern am Tablet

Youtube hat Regeln, was auf der auf der Seite erlaubt ist und was nicht. Wer dagegen verstößt, dessen Videos können gelöscht werden. © shutterstock.com/GaudiLab

Der Hintergrund: #allesaufdentisch

Aufhänger für die Kleine Anfrage der AfD-Fraktion an die Bundesregierung war die Aktion #allesaufdentisch. Künstlerinnen und Künstler veröffentlichten im letzten Jahr Videos unter dem Hashtag #allesaufdentisch auf YouTube (eine Fortsetzung der früheren Aktion #allesdichtmachen, bei der sich Prominente zum Thema Corona-Maßnahmen geäußert hatten). In den #allesaufdentisch-Videos befragten die Künstler etwa Ärzte und Psychologen zum Thema Corona. Nach eigener Aussage wollten die Urheber der Videos damit einen „breitgefächerten, faktenbasierten, offenen und sachlichen Diskurs“ anstoßen.

In manchen Videos wurden strittige Aussagen getätigt. Zum Beispiel wurde in einem Video behauptet, Corona sei nur eine leichte Erkältung, was nicht stimmt. In einem anderen hieß es, eine Impfung sei für Genesene gesundheitsschädlich, wofür es aber keine Beweise gibt.

YouTube löschte einige der Videos, weil sie gegen die Richtlinien der Plattform verstoßen. Andere sind bis heute auf der Seite zu sehen.

Die YouTube-Richtlinie zu Corona-Inhalten

YouTube hat Community-Richtlinien, die festschreiben, welche Inhalte auf der Seite unzulässig sind. Dazu gehören zum Beispiel Spam, gewaltverherrlichende Inhalte oder falsche Informationen. Solche Inhalte können gelöscht werden. Seit 20. Mai 2020 gibt es auch eine eigene Richtlinie zum Thema Corona.

Unzulässig sind demnach zum Beispiel Videos, die „leugnen, dass COVID-19 existiert“ oder „Behauptungen, dass bisher niemand an COVID-19 gestorben ist“. Ebenso aber auch „Behauptungen, dass eine spezielle Behandlung oder ein bestimmtes Medikament ein garantiert wirksames Heilmittel gegen COVID-19 ist“. Im Wesentlichen will YouTube mit dieser Richtlinie also Fehlinformationen zum Thema Corona verhindern.

Die Kleine Anfrage der AfD

Die AfD ist der Meinung, dass YouTube die Inhalte der Aktion #allesaufdentisch zu Unrecht gelöscht hat. Die Fraktion findet, dass „die Freiheit zur Äußerung von Meinungen und wissenschaftlichen Positionen zu COVID-19 durch die Richtlinie eingeschränkt wird“. Sie sieht „hier vor allem eine systematische Eliminierung von Meinungen und wissenschaftlichen Positionen, die vom Mainstream abweichen.“ Dies erscheint den Fragestellern als eine unzulässige Beschneidung der Meinungs- und Wissenschaftsfreiheit.

Deshalb hat die AfD der Bundesregierung eine Reihe von Fragen gestellt, die sich teils um den Fall #allesaufdentisch drehen, teils aber auch darüber hinausgehen. Unter anderem fragt sie nach einer Einschätzung der Löschpraktiken auf YouTube und danach, ob es in den vergangenen Jahren Gespräche zwischen der Bundesregierung und YouTube oder dem Mutterkonzern Google zu der Thematik gegeben habe.

Gespräche mit Google

In ihrer Antwort nimmt die Bundesregierung zu der Löschung der #allesaufdentisch-Videos nicht konkret Stellung, sondern bestätigt nur, den Fall zur Kenntnis genommen zu haben.

Auf die allgemeinere Frage zu Gesprächen mit Google zählt die Bundesregierung eine Reihe von Treffen zwischen ehemaligen Staatssekretären und Staatssekretärinnen sowie der damaligen Bundesministerin für Justiz und Verbraucherschutz Katarina Barley (SPD) auf, die im Laufe der vergangenen Legislaturperiode stattgefunden haben. Dabei sei es schwerpunktmäßig um das Netzwerkdurchsetzungsgesetz und das Gesetz zur Bekämpfung des Rechtsextremismus und der Hasskriminalität gegangen.

Aktuell seien keine neuen Gespräche mit Google oder YouTube geplant.

Die Rechtslage

Zwei Gesetze regeln im Wesentlichen die Regeln für das Löschen von Inhalten auf Online-Plattformen. Dabei geht es in erster Linie darum, sicherzustellen, dass das, was "offline" illegal ist, auch "online" illegal ist.

Laut Telemediengesetz sind Plattformen zwar nicht verpflichtet, selbst aktiv nach rechtswidrigen Inhalten zu suchen. Wenn sie aber einen Hinweis auf solche Inhalte bekommen, müssen sie dem nachgehen und den Post gegebenenfalls löschen.

Das Netzwerkdurchsetzungsgesetz hat das Ziel, Falschinformationen, Hasskriminalität und andere strafbare Inhalte in sozialen Netzwerken zu bekämpfen. Es verpflichtet deshalb Plattformen, transparente Beschwerde-Verfahren einzurichten und öffentlich darüber zu berichten, welche Beschwerden es gibt und in welchem Umfang.

Das schreibt die Bundesregierung

Löschung ist nicht gleich Löschung für die Bundesregierung. „Nutzende sind vor Löschungen zu schützen, welche von der Meinungsfreiheit gedeckt sind“, so die Einschätzung der Bundesregierung. Um das sicherzustellen, arbeite die Europäische Union derzeit an einem neuen europaweiten Gesetz, dem „Digital Services Act“ (DSA).

Wenn es aber doch zu Löschungen kommt, etwa, weil es sich um illegale Inhalte handelt, dann muss dies nach Meinung der Bundesregierung klaren Regeln folgen und begründet werden. So heißt es weiter in der Antwort: „Die Bundesregierung setzt sich im Rahmen der Verhandlungen zum DSA dafür ein, dass Online-Plattformen im Zusammenhang mit (beabsichtigten) Löschungen geordnete Verfahren bereitstellen und anwenden müssen. Insbesondere setzt sich die Bundesregierung dafür ein, dass Anbieter von Hosting-Diensten den betroffenen Nutzenden des Dienstes eine klare und spezifische Begründung für Beschränkungen liefern müssen.“

Der Digital Services Act

Das EU-Gesetz über digitale Dienste soll für mehr Sicherheit und Verantwortung im Online-Umfeld sorgen. Ziele sind unter anderem ein besserer Schutz der User und ihrer Grundrechte im Internet und eine strengere demokratische Kontrolle von Plattformen.

Ein Entwurf des neuen Gesetzes von der Europäischen Kommission liegt vor und wird im nächsten Schritt vom Europäischen Parlament und den Mitgliedsstaaten diskutiert werden.

(jk)

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