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Hauptstadtdebatte Historische Debatte: Bonn oder Berlin?

Ein politischer Krimi im frisch vereinten Deutschland: Am Abend des 20. Juni 1991 geht es in einer Debatte um den zukünftigen Sitz des Bundestages: Berlin oder Bonn? Über zwölf Stunden hitzige Wortgefechte. Einer der Ritter für den Sieger Berlin: Dr. Wolfgang Schäuble (CDU/CSU).

© DBT

Wie kam es zur Rede?

Fast ein halbes Jahr nach dem Mauerfall, der "friedlichen Revolution" und der Einigung Deutschlands mussten immer noch zahlreiche und vor allem politisch brisante Fragen geklärt werden. Vor allem die der Verlegung des Bundestages. Zwar war Berlin mit der Wiedervereinigung zur Hauptstadt geworden, dennoch war es keine Selbstverständlichkeit, auch das Parlament dorthin zu verlegen.

In Bonn hatte der Bundestag viele wichtige Entscheidungen getroffen, es gab sehr gute Erfahrungen mit dem dortigen Sitz. So lieferten sich am 20. Juni 1991 die damaligen Abgeordneten des Deutschen Bundestages eine zwölfstündige Debatte zur Frage des künftigen Sitzes des Bundestages. Der Rede von Dr. Wolfgang Schäuble (CDU/CSU) wird dabei eine große Bedeutung zugesprochen. Der ehemalige Bundeskanzler und SPD-Vorsitzende Willy Brandt gratulierte Schäuble danach sogar per Handschlag zu seiner Rede.

Warum hat seine Rede für Aufsehen gesorgt?

Aus vielerlei Gründen. Für Schäuble war die Debatte kein "Wettkampf zwischen zwei Städten", sondern es ging ihm vor allem "um die Zukunft Deutschlands". Er unterstrich mit seiner Rhetorik dabei die Wichtigkeit dieser Entscheidung. Er bezeichnete Berlin als eine Stadt, die "das Symbol für Einheit und Freiheit, für Demokratie und Rechtsstaatlichkeit für das ganze Deutschland" verkörpere. Zum anderen stellte er die Zukunft Berlins als Sitz des Bundestages noch in einen internationalen Kontext: "Die Entscheidung für Berlin ist auch eine Entscheidung für die Überwindung der Teilung Europas." Mehrmals erhielt er während seiner Rede tosenden und langanhaltenden Applaus. Ein deutliches Zeichen für seine Überzeugungskraft.

Was hat die Rede bewirkt?

Auch wenn es sich nicht ganz sicher sagen lässt, aber viele Beobachter waren sich einig, dass Schäuble mit dieser Rede wohl einige Berlin-Skeptiker und Bonn-Befürworter für die Verlegung des Bundestages in die heutige Hauptstadt überzeugt hat. Und in der Abstimmung kam es tatsächlich auf jede Stimme an. Am Ende gab es nur eine Mehrheit von gerade mal 18 Stimmen für Berlin.

Foto der Berlin-Bonn-Debatte 1991

Die neue Hauptstadt heißt Berlin. Wolfgang Schäuble erntet nach der Entscheidung viel Beifall und Glückwünsche der Abgeordneten. © dbt/Presse-Service Steponaitis

Was haben wir dieser Rede zu verdanken?

Zunächst einmal, dass der Bundestag heute in Berlin sitzt und nicht in Bonn. Das mag den einen freuen, andere wiederum nicht. Aber wir jungen Menschen kennen es kaum anders. Da der größte Teil von uns U20 ist, können wir uns an eine Zeit vor Berlin schlichtweg nicht erinnern. Dennoch können wir die Früchte dieser Rede heute ernten: Denn Berlin ist neben einer kulturellen Metropole auch zum politischen Zentrum gereift und stellt dadurch vor allem für viele Jugendliche eine große Anziehungskraft dar.

Was können wir von dieser Rede lernen?

Dass die Rede nicht nur historisch von Bedeutung ist. Und dass Politik nicht so trocken und unnahbar ist, wie sie manchmal zu sein scheint. Vielmehr hat Wolfgang Schäuble gezeigt, dass es dabei "um unser aller Zukunft" geht, und schuf damit eine Verbindung zwischen Bundestag und uns, den Jahrgängen nach 1991.

(Erstmals veröffentlicht 19.04.2011)

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