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RAUCHEN Strengere Regeln für E-Zigaretten

Diana Podoynitsyn

Jugendschutz oder Freiheitsbeschränkung? Der Bundestag hat das Tabakgesetz geändert und E-Zigaretten den ‚normalen‘ gleichgestellt. Damit waren nicht alle Fraktionen einverstanden.

Untere Kopfhälfte eines jungen Mannes mit Bart, der eine dampfende E-Zigarette raucht

Viele Menschen denken, E-Zigaretten seien gesundheitsschonender als Tabak-Zigaretten. Erwiesen ist das nicht. © shutterstock.com/Kurylo Sofiya

Wie gefährlich sind E-Zigaretten?

Der Konsum von E-Zigaretten unter Jugendlichen steigt. Manche versuchen, mit Hilfe von E-Zigaretten vom Tabak-Rauchen loszukommen. Andere finden die Dampfvariante einfach angenehmer. Statt Tabak enthalten die elektronischen Geräte ein Liquid, also eine Flüssigkeit, die verdampft wird. Nikotin enthalten die elektronischen Zigaretten aber meistens ebenso wie Tabak-Zigaretten.

E-Zigaretten werden häufig für weniger gesundheitsschädlich gehalten. Da es sie noch nicht so lange gibt, fehlen bis jetzt Langzeitstudien über die gesundheitlichen Risiken. Allerdings sind schon Kurzzeitfolgen bekannt. Die Bundeszentrale für gesundheitliche Aufklärung (BZgA) warnt ausdrücklich vor E-Zigaretten.

Vor diesem Hintergrund hat der Bundestag Anfang Juli 2020 den Entwurf der Koalitionsfraktionen zu einem „Zweiten Gesetz zur Änderung des Tabakerzeugnisgesetzes“ angenommen, der unter anderem zum Ziel hat, dass E-Zigaretten nicht länger verharmlost werden.

Laut Gitta Connemann (CDU/CSU) ging es dabei um eine Frage: „Weiß ein Jugendlicher, dass eine E-Zigarette krank machen kann?“ Ihre Antwort: nein. Connemann warnte vor dem hohen Suchtpotenzial von Nikotin und verwies dabei auf das "Tabakrahmenübereinkommen" der Weltgesundheitsorganisation WHO. Das gelte für E-Zigaretten genauso wie für Tabak-Zigaretten. „Die E-Zigarette ist kein Wellness-Produkt“, mahnte die Abgeordnete.

Neue Regeln für E-Zigaretten

Elektronische Zigaretten und die dazugehörigen Nachfüllbehälter werden mit der Gesetzesänderung den Tabak-Zigaretten gleichgestellt. Die strengeren Regeln für Werbung, die das Gesetz festlegt, gelten somit auch für E-Zigaretten. Zum Beispiel ist Plakatwerbung künftig verboten. Kinowerbung ist nur noch in Filmen ab 18 Jahren erlaubt. E-Zigaretten dürften außerdem nicht mehr kostenlos verteilt werden, zum Beispiel bei Gewinnspielen.

In der Debatte kritisierte Nezahat Baradari (SPD) „Slogans, die einem Freiheit, Selbstbestimmung und Coolness vermitteln“ und die insbesondere bei Jugendlichen gut ankämen. Das Risiko, E-Zigaretten zu konsumieren, steige laut einer Studie des Kieler Instituts für Therapie- und Gesundheitsforschung auf 142 Prozent an, wenn Jugendliche regelmäßig mit Werbung konfrontiert werden.

Kritikpunkt: Freiheitsbeschränkung

Wilhelm von Gottberg (AfD) bemängelte das „rigide Totalverbot von Außenwerbung“. Das Gesetz unterstelle, dass die Werbung schuld daran sei, dass Jugendliche zu Rauchern würden. Das sei aus Sicht seiner Fraktion nicht der entscheidende Punkt. Jugendliche lernten durch Vorbilder, nicht durch Werbung. Die neuen Regelungen stigmatisierten Raucher nur, und schließlich sei Rauchen „für viele Menschen ein Stück Lebensqualität“. Um nicht vorgeworfen zu bekommen, die AfD verweigere sich dem präventiven Jugendschutz, werde seine Fraktion sich bei der Abstimmung enthalten, kündigte von Gottberg an.

Die FDP stimmte gegen den Gesetzentwurf. Gero Clemens Hocker (FDP) kritisierte, der Entwurf nehme den Menschen „Freiheit und ein Stück weit Lebensqualität“. Es sei unter Parteien anscheinend ein „Überbietungswettbewerb“ entstanden, wer besser in der Lage sei, erwachsene Menschen vor „allgemeinen Lebensrisiken“ zu bewahren, sagte er. So sei man „auf dem besten Weg in einen Nanny-Staat“.

Außerdem führte Hocker ins Feld, 98 Prozent der E-Zigaretten-Raucher seien früher Raucher gewesen und benutzten die E-Zigarette zur Entwöhnung. Auch von Gottberg hatte argumentiert, dass etwa in England Gesundheitsorganisationen die E-Zigarette als Hilfe zur Tabak-Entwöhnung unterstützten.

Kritikpunkt: Inkonsequenz

Sowohl die Linken als auch die Grünen befürworteten die strengeren Werbeverbote für Zigaretten. Sie kritisierten allerdings, dass die Union sie lange verhindert habe und sie deshalb viel zu spät kämen. Auch die SPD warf das übrigens ihrem Koalitionspartner vor.

Linke und Grüne stimmten dem Gesetzentwurf zu, obwohl er ihnen nicht weit genug ging.

Niema Movassat (Die Linke) kritisierte, dass sowohl Werbung in Supermarkten und Tankstellen weiterhin erlaubt seien als auch Sponsoring etwa auf Partys und Festivals. „Ihr Werbeverbot hat mehr Löcher als ein Schweizer Käse“, warf er den Koalitionsfraktionen vor.

Ein Antrag der Linken, der ein umfassenderes Werbeverbot forderte, fand keine Mehrheit im Plenum.

Auch Kirsten Kappert-Gonther (Bündnis 90/Die Grünen) sagte: „Wir hätten uns deutlich schnellere und umfassendere Regeln gewünscht.“ Es sei zudem ein „unnötiges Trostpflaster für die Industrie“, dass die Werbung für E-Zigaretten so lange Übergangszeiten haben. Während die Werbeverbote für Tabak-Zigaretten ab 2022 gelten, ist die Außenwerbung für E-Zigaretten erst ab 2024 verboten.

Hier seht ihr die Debatte im Video:

Zur Person

Portraitfoto von mitmischen-Autorin Diana Podoynitsyn
mitmischen-Autorin

Diana Podoynitsyn

lebt in Trier. In ihrer Freizeit engagiert sie sich in der Kommunalpolitik, bei "Demokratie leben!" sowie im Altersheim. Sie liest und philosophiert gern. Manchmal gestikuliert sie so stark, dass ihre Mitmenschen lieber Abstand zu ihr halten.

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